Bildquelle: Harleypaul on Tour (Bild bearbeitet)
Union Berlin kehrt unter Bo Svensson zu den alten Tugenden zurück
Zugegeben, den Fußball, den Union Berlin in aller Regel spielt, ist für manch einen Fußballfan nicht unbedingt schön anzusehen. Doch was hat das schon zu heißen, wenn man sich die vergangenen Jahre genauer anschaut? Unter dem ehemaligen Erfolgs-Trainer Urs Fischer stieg der Klub aus Berlins Südosten in die Bundesliga auf und schwang sich bis in die Champions League hinauf.
Der Erfolg der Eisernen in den letzten Jahren gab ihnen recht, denn man besann sich auf seine Tugenden, die unter dem Schweizer Lehrmeister stark zur Geltung kamen. In der vergangenen Spielzeit trat man nun in der Königsklasse an, wobei man sich dort nicht abschlachten ließ. Die Auftritte waren allerdings nicht mit jenen aus der Bundesliga zu vergleichen.
Tugenden wurden vermisst
Wie die vergangene Saison ablief, muss man nun nicht erneut durchkauen. Man hat am letzten Spieltag den Klassenerhalt perfekt gemacht und konnte sich von nun an auf die neue Spielzeit konzentrieren. Eines war jedoch vielen aufgefallen: die Tugenden, die unter dem Ex-Trainer Urs Fischer lange Zeit auf dem Platz gelebt wurden, sind oftmals in Vergessenheit geraten.
Fehlenden Einsatz konnte man den Spielern nicht bescheinigen, jedoch hatte man zu oft den Eindruck, dass es sich um keine verschworene Einheit mehr handelte, wie man es aus den Jahren zuvor gewohnt war. Ebenso fehlte der unbändige Wille, die letzten paar Meter zu laufen, aggressiv gegen den Ball zu arbeiten und Gras zu fressen.
Svenssons System erinnert an Fischers Handschrift
Der letzte Wille fehlte. Das, was den 1. FC Union Berlin lange Zeit ausmachte, war nach und nach kaum noch zu sehen. Leidenschaft, eiserne Wille und ein aggressives Pressing, dazu der Zusammenhalt im Team. Dinge, die ein wenig abhandenkamen. Jedenfalls für den Außenstehenden.
Die Trainerentlassung von Urs Fischer und von Nenad Bjelica war am Ende die logische Schlussfolgerung, um wenigstens noch das Mindestziel des Klassenerhalts zu schaffen. Die Mission schaffte man noch. Ein neuer Trainer musste her und mit dem Ex-Mainzer Bo Svensson hatten die FCU-Verantwortlichen auch jemanden gefunden, der sich gewachsen fühlen sollte, das Traineramt in Köpenick übernehmen zu wollen.
Unter Svensson stetige Weiterentwicklung beim FC Union
Der Auftritt in der ersten Runde des DFB-Pokals auswärts beim Regionalligisten Greifswalder FC war noch nicht das Gelbe vom Ei. Einzig durch einen gekonnten Fernschuss von Yorbe Vertessen, konnte man sich für die nächste Runde qualifizieren. Auch hier waren noch nicht die berühmten Tugenden vorhanden, die man vom FCU kennt.
Klar war jedoch auch, dass die Handschrift von Svensson noch nicht so zügig erkennbar sein dürfte. Das änderte sich dann nach und nach. Gegen seinen Ex-Klub Mainz 05 gab es nur ein maues 1:1-Unentschieden – der Saisonstart immerhin nicht verpatzt. Gegen den FC St. Pauli würgte man sich am Stadion An der Alten Försterei lediglich zu einem knappen 1:0-Erfolg.
Union Berlin erinnert an Fischer-Zeiten
Dennoch war man nach zwei Spieltagen unter dem Dänen ohne Niederlage in die Spielzeit gestartet. Auch wenn noch nicht alle Rädchen ineinandergriffen, so konnte man nach und nach das Svensson-System erkennen. Spätestens beim starken Remis beim ungeliebten Dosenprodukt, ansässig in Leipzig, sah man wieder die alten Attribute, für die man lange Zeit in Köpenick stand. Kampf, Mut, Leidenschaft, eine Defensive, die hinten nichts zuließ. Gepaart mit Nadelstichen, die am Ende zwar nur 10:15 Torschüsse hervorbrachten, wobei Union Berlin gegen das Konstrukt die qualitativ besseren Chancen aufwies. Am Ende konnten die Leipziger, ähm die Österreicher, mit diesem einen Punkt noch zufrieden sein.
Und auch am vergangenen Wochenende konnte man im Heimspiel gegen ein angeschlagenes TSG Hoffenheim zumindest in der ersten Halbzeit glänzen. Allein der Blitzstart bescherte dem FCU nach nur 6 Minuten eine komfortable 2:0-Führung. Besser noch: Die Defensivarbeit wurde aus dem Leipzig-Spiel bestätigt, denn die Sinsheimer kamen erst in der 43. Minute zum ersten Torabschluss.
Neuer Mittelstürmer im Winter?
Es kristallisiert sich immer stärker heraus, dass Bo Svensson anscheinend endlich wieder die alten Tugenden hervorkramt, mit denen der 1. FC Union Berlin seit Amtsübernahme von Urs Fischer so erfolgreich war. Auch wenn das Spiel nicht immer ansehnlich ist, so zählt am Ende das Ergebnis und hierbei macht man an der Wuhle nach einer Saison zum Vergessen, endlich wieder sehr viel richtig.
Die Defensive wurde gestärkt und nicht wenige hatten bereits die Befürchtung, dass die Offensive darunter zu leiden haben wird. Kein Wunder, denn eigentlich wollte man noch einen echten Neuner verpflichten, der sehr genau weiß, wo das Tor steht. Ragnar Ache vom 1. FC Kaiserslautern sollte laut diversen Union Berlin Transfergerüchten diese Rolle übernehmen. Der Mittelstürmer blieb jedoch den Roten Teufeln treu und man selbst holte Andrej Ilic auf dem letzten Drücker. Nur spielt er unter Svensson noch keine Rolle.
Svenssons Handschrift klar zu erkennen
Hier scheint das Leistungsprinzip eine wesentliche Rolle zu spielen, denn Bo Svensson sagte selbst auf der PK nach dem Sieg über die TSG Hoffenheim, dass Andrej Ilic seine Nicht-Nominierung rein sportliche Gründe beinhaltet. Vergessen darf man auch nicht, dass sein Sturmkollege Jordan nicht der typische Knipser ist. Jordan macht, was Jordan kann: Bälle festmachen, abtropfen lassen und seine Mitspieler in gefährliche Situationen bringen.
Dennoch: ein echter Mittelstürmer täte dem Spiel von Union Berlin gut. Sicher dürfte sein, dass man sich im Winter noch einmal genauer auf dem Transfermarkt umschauen wird. Bis jetzt scheint man jedoch zu den alten Wurzeln zurückgefunden zu haben, nach denen man sich in Köpenick lange gesehnt hatte. Svensson schafft es, aus 29 Spielern ein Team zu formen, welches sich füreinander einsetzt und sich auf dem Platz scheinbar wieder zerreißt.
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