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Hertha BSC bläst zur irren Aufholjagd – Besessen von Träumereien & Größenwahn
Eine Nummer kleiner? Geht beim Hauptstadtclub Hertha BSC anscheinend nicht. Das müsste man meinen, wenn man sich das Interview des Magazins „Horizont“ mit Carsten Schmidt zu Gemüte führt. Der neue CEO von Hertha BSC ist seit 100 Tagen im Amt und Würden und spricht über zukünftige Erfolge, obwohl sich sein Klub mitten im Abstiegskampf befindet.
Aber der Reihe nach, denn das Interview mit dem neuen starken Mann bei Hertha BSC hat es hier und da in sich. Um den Größenwahn, der vom Verein ausgeht zu begreifen, muss man etwas tiefergraben.
Lars Windhorst schießt 374 Millionen Euro in den Klub
Rückblick zum Sommer 2019 – Lars Windhorst und sein Unternehmen Peil Investment B.V steigen bei Hertha BSC ein und erwerben 37,5 Prozent der Kommanditanteile der Hertha BSC GmbH & Co. KGaA! Nur wenige Monate später legte man nach und erwarb abermals Anteile für 99 Millionen Euro. Gleichzeitig hat man 49,9 Prozent der Anteile erworben.
Rund ein halbes Jahr später, also im Sommer 2020 gaben beide Parteien an, dass das Engagement erweitert wird. Weitere 150 Millionen Euro werden somit in die Kasse von Hertha BSC gespült. Mittlerweile hat die Tennor Holding B.V, also eine Investmentfirma von Lars Windhorst, insgesamt 374 Millionen Euro an den Berliner Klub überwiesen, wobei Teile der Zahlungen noch ausstehen.
110 Millionen Euro Transferausgaben- Hertha auf Platz 15
Was auf dem ersten Blick so rosig aussieht, spiegelt sich nicht in den Leistungen des Kaders wider. Der Verein, damals noch unter Ex-Manager Michael Preetz gab in der Saison 2019/20 rund 110,7 Millionen Euro für neue Spieler aus. In dieser Spielzeit waren es dann „nur“ noch 33,75 Millionen Euro! Der Erfolg bleibt bis dato weiterhin aus.
Aktuell steht die Mannschaft auf Platz 15 der Bundesliga und hat erstmals nach 9 sieglosen Partien zuletzt mit 2:1 gegen den FC Augsburg gewonnen. Wenn man sich das aktuelle Interview von Carsten Schmidt anschaut, dann kann man selbst als Fan der Berliner nur mit dem Kopf schütteln.
„Die größte Aufholjagd“ – Hertha baut neues Luftschloss
Eine Aussage, die besonders realitätsfremd erscheint, ist folgende: „Wir wollen die größte Aufholjagd, die der deutsche und vielleicht der internationale Fußball je erlebt hat, einleiten und zum Erfolg führen.“ Große Ambitionen, die man mittlerweile aus der Chef-Etage des Klubs nur zu genüge kennen dürfte.
Zwischen Anspruch und Realität klafft eine immense Lücke, denn Hertha BSC droht die 2. Liga, auch wenn man zuletzt gegen den FC Augsburg gewann. Die kommenden Partien werden nicht einfacher, denn am kommenden Wochenende geht es auswärts gegen Borussia Dortmund. Der BVB scheint sich etwas gefangen zu haben und spielt unter Trainer Edin Terzic wieder einen ansehnlicheren Fußball. Auch moralisch und kämpferisch wusste man beispielsweise erst gestern in der Champions League gegen den FC Sevilla zu überzeugen (2:2).
Kampf gegen den Abstieg – BVB, Bayer & Gladbach vor der Brust“
Es droht aus Sicht der Alten Dame die nächste Niederlage und es wäre kein Wunder. Zwar konnte Pal Dardai seit seiner Amtsübernahme eine stetige Entwicklung in der eigenen Spielkultur erleben, aber man ist noch weit davon weg, dass man über viele Zweifel erhaben ist.
Die großen Gegner kommen noch: Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen, das Derby gegen den 1. FC Union Berlin, die zugegeben kriselnden Gladbacher und die TSG 1899 Hoffenheim zum Abschluss der Saison. Gepunktet werden muss gegen Mainz 05, Bielefeld, Köln und Co. Allerdings sah man in der Hinrunde schon nicht sonderlich gut aus gegen die vermeintlich schwächeren Vereine.
Hertha BSC droht heute Relegationsplatz
Jetzt von einer Aufholjagd zu sprechen, wie es CEO Carsten Schmidt öffentlich macht, ist fatal. Der Verein wird sich auch an seinen Worten messen lassen müssen. Fehlen am Ende die Ergebnisse, geht erneut ein Stück Glaubwürdigkeit flöten. Hertha BSC sollte auf gut Deutsch „nicht so auf die Kacke hauen“, wie vielleicht der Berliner sagen würde, sondern sich eher auf die eigenen Hausaufgaben kümmern.
Bisher tat man das nicht – in der Schule hätte man für die bisherig gezeigten Leistungen wohl eine Fünf kassiert! Versetzung gefährdet – sprich Abstiegsangst! Und genau diese hat man im feinen Westend, wo Hertha BSC beheimatet ist. Es könnte heute sogar noch schlimmer kommen, denn sollte Arminia Bielefeld das Nachholspiel gegen den SV Werder Bremen gewinnen, stünde Hertha BSC auf dem Relegationsplatz.
„Big City Club“ will in die Champions League
Erinnerungen werden wach, als man 2012 die Relegation gegen Fortuna Düsseldorf verdaddelte und am Ende in die 2. Liga abstieg. Nun will keiner den Teufel an die Wand malen, jedoch täte den Hertha-Verantwortlichen ein wenig Demut ganz gut. Es dürfte befremdlich wirken, wie ein Klub regelmäßig von ambitionierten Zielen sprechen kann, während man mehr als 100 Millionen Euro für Spieler ausgibt, die nicht wirklich ins Mannschaftsgefüge passen.
Geht es nach Schmidt und Co. sieht sich die Alte Dame aus Charlottenburg in den nächsten Jahren auf der europäischen Bühne. Dabei dürfte die Europa League gar nicht gemeint sein, denn der einstige „Big City Club“ möchte eigentlich in die Champions League.
Schmidt sieht keine Traumtänzer!
Carsten Schmidt erzählt zugleich, dass er in diesem Klub keine Traumtänzer erlebt, sondern Menschen, die hart für die Ziele des Vereins arbeiten. Harte Arbeit möchte man den handelnden Personen nicht absprechen – Kompetenz hingegen schon! Preetz ist weg und dass ist auch gut so. Kaderplanung konnte er in diesen Dimensionen einfach nicht und das hat er auch bewiesen.
Die Quittung hat er bekommen. Nun sind andere Köpfe für die Zusammenstellung des Teams verantwortlich. So viel Geld wie Preetz zur Verfügung stand wird man im kommenden Sommer nicht haben, denn es sind „nur“ noch 85,5 Millionen Euro, die Hertha BSC von seinem Investor Lars Windhorst erhält. Zudem gilt es, finanzielle Löcher zu stopfen, die durch die Corona-Pandemie aufgerissen wurden.
Strategieprozess „Goldelse“
Zuschauereinnahmen fallen fast komplett weg in dieser Spielzeit, die Zahlungen aus dem TV-Vertrag fallen geringer aus und Hertha BSC hat jetzt schon einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag Minus gemacht in dieser Spielzeit. Man wird etwas kleinere Brötchen auf dem Transfermarkt backen müssen als man es aus den letzten Transferperioden noch gewohnt war.
Fast schon wahnwitzig erscheint dabei der Name des „Strategieprozess“ – „Goldelse“ nannte man die Ausrichtung und das Konzept, welches dahinsteht. Bis zum Ende der Saison möchte man den Fahrplan für die nächsten fünf Jahre erarbeiten. Fraglich ist jedoch, wie dieser aussieht, falls der Klub doch absteigen sollte?
Schmidt vergleicht Hertha mit Gladbach, Frankfurt & Wolfsburg
Man vergleicht sich laut Schmidt mit Klubs wie Eintracht Frankfurt, dem VfL Wolfsburg oder auch Borussia Mönchengladbach, die ebenfalls schwere Zeiten hinter sich hatten und nun einen recht erfolgreichen Fußball spielen. Hertha BSC ist aber nicht mit diesen Klubs zu vergleichen, auch wenn man die Hoffnung hat, dass Fredi Bobic demnächst im Berliner Olympiastadion auftrumpft.
Klar, er hat bewiesen, welche Fähigkeiten er als Manager hat und man erhofft sich bei Hertha BSC, davon zu profitieren. Frankfurt wird Fredi Bobic nicht ablösefrei gehen lassen. Rund 5 Millionen Euro Ablöse stehen im Raum. Man muss abwarten, wie sich dieser Fall entwickelt.
Oberes Drittel als Saisonziel ausgegeben
Bis zum Ende der Spielzeit möchte man ins obere Drittel der Bundesligatabelle vorstoßen. Ein Unterfangen, welches angesichts der kommenden Aufgaben nicht unbedingt ein Leichtes wird. Demut sieht anders aus. Ein Platz im Mittelfeld der Tabelle wäre sicherlich in dieser Saison ein halbwegs versöhnlicher Abschluss für Spieler, Trainer, Verantwortliche und Fans.
Anstatt also von Spiel zu Spiel zu schauen, wie es weitergeht, baut man in Berlin bereits neue Luftschlösser. Man möchte regelmäßig europäisch vertreten sein. Hertha BSC soll ganz Berlin „glänzend vertreten“ und vor allem auch „deutschlandweit und international repräsentieren“. Wunschdenken und Realität liegen hier weit auseinander.
Schlafender Riese will nicht geweckt werden
Immer wieder ist die Rede von einem „schlafenden Riesen“, der wachgeküsst wird. Nur vergessen so einige Hertha-Verantwortliche, dass der „schlafende Riese“ seit Jahrzehnten Winterschlaf hält und nicht von jedem geweckt werden möchte!
Vergessen darf man auch nicht, dass Carsten Schmidt den Verein auch in finanziellen Fragen ganz noch vorne bringen möchte. Ob das funktioniert, muss man abwarten, allerdings erhielt der Klub in der jüngsten Vergangenheit einen wahren Dämpfer verpasst, als man eben nicht die ganz großen Namen aufs Trikot gezaubert bekam.
Amazon & Tesla – Trikotsponsor verzweifelt gesucht?
Man träumte, was man in Charlottenburg in den letzten Jahrzehnten nicht allzu selten macht, von Amazon oder auch von Tesla als neuer Trikot- und Hauptsponsor. Blöd nur, dass diese beiden Giganten auf Hertha BSC nur wenig bis gar keine Lust hatten. Selbst Freenet konnte man am Ende nicht für sich gewinnen und so wurde es bis zum Saisonende Homeday.
Dass man ohne Trikotsponsor in die neue Saison startet ist eines Bundesligisten kaum würdig. Für Hertha BSC muss diese Erfahrung schmerzvoll gewesen sein, denn schließlich möchte man die internationalen Plätze angreifen und dauert auf der großen Bühne stehen.
Goldene Zukunft nur graue Theorie?
Wer in der kommenden Saison die Hertha-Brust zieren wird, ist noch nicht raus. Zusammen mit Sportfive will man nun weiter nach einem passenden Partner Ausschau halten. Was passiert aber, wenn die „größte Aufholjagd in der Geschichte des deutschen Fußballs misslingt? Wird man dann immer noch der Meinung sein, dass es wahnsinnig charmant ist, auf der Brust von Hertha BSC zu werben?
Wie so oft bauen die Herthaner gerne Luftschlösser, die später vom fehlenden Erfolg in der Liga weggepustet werden. Dieser könnte am Ende im Verlust sämtlicher Invests führen, da man es frühzeitig versäumt hat, eine schlagkräftige Truppe zusammenzustellen, die eben nicht gegen den Abstieg spielt. Hertha BSC träumt offiziell von einer goldenen Zukunft, vergisst aber ein stückweit die Realität, denn die ist eher grau und bieder. Also genau das Gegenteil der „Goldelse“.
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