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Christina Graf im Porträt: Kommentatorin-Shootingstar der ARD
Mit Christina Graf geht es bei der ARD steil bergauf. Die Kommentatorin war bei der Frauen-EM 2022 im Einsatz und wird als erste ARD-Frau Spiele bei der Fußball-WM 2022 der Herren kommentieren. Nicht die erste historische Marke der aufstrebende Fußball-Stimme. Höchste Zeit, Christina Graf genauer vorzustellen. Sport-90 verrät, wie die ehemalige Bundesligaspielerin zur Sportreporterin wurde, was sie am Mikrofon auszeichnet und welchen Kommentator sie bewundert.
Christina Graf darf mit Fug und Recht als absolute Aufsteigerin der Riege der deutschen Fußballkommentatoren betitelt werden. Bereits seit 2008 ist die 36-Jährige als Kommentatorin und Moderatorin im Einsatz, seit 2018 bei der ARD angestellt, wo sie in der Sportredaktion des SWR tätig ist.
Christina Graf: Claudia Neumann-Pendant der ARD & historischer WM-Einsatz
Für die ARD ist Shootingstar Christina Graf das Pendant zur ZDF-Kommentatorin Claudia Neumann. Dass man bei den Öffentlich-Rechtlichen so hohe Stücke auf die Journalistin hält, zeigt sich allein durch ihr jüngsten Einsatzgebiete. Graf kommentierte bei der Frauen-EM 2022 gleich sechs Spiele. Unter anderem war sie beim Eröffnungsspiel zwischen Gastgeber England und Österreich zu hören und wurde spätestens so einem Millionenpublikum bekannt.
Doch der nächste Karriere-Höhepunkt der Fußballkommentatorin steht bereits vor der Tür. Denn Christian Graf gehört dem prominent besetzten Kommentatoren-Team der ARD an, welches bei der Weltmeisterschaft 2022 in Katar die Spiele im Ersten stimmlich live im Fernsehen begleitet. Als weitere WM-Stimmen schickt die ARD noch Größen wie Tom Bartels, Gerd Gottlob und Florian Naß in die Wüste.
Kommentatorin Christina Graf: „Mit Fußball groß geworden!
Das Besondere: Christina Graf wird als erste Frau für die ARD bei einer Männer-WM kommentieren! Doch wie landete die gebürtige Heinsbergerin überhaupt im Sport-TV? Graf kann dabei auf einen äußerst interessanten, aber auch tragischen Karriereweg zurückblicken.
Die Liebe zum runden Leder begann sehr früh. Mit fünf Jahren begann sie mit dem Fußballspielen, stand zu Höchstzeiten täglich auf dem Platz. „Mit dem Fußball bin ich groß geworden, das ist mein Sport“, ließ Graf in einem Interview mit „LokalPlus NRW“ wissen. Zwar schnupperte sie schon als Teenager bei Zeitungen und im Hörfunk rein, doch in erster Linie war sie selbst aktive Spielerin - und das durchaus erfolgreich.
Verletzung lässt Profi-Traum früh platzen - Radio Siegen & RTL als erste Stationen
Schließlich schaffte die ehemalige Verteidigerin den Sprung in die Frauen-Bundesliga. Dort spielte Graf für den SC 07 Bad Neuenahr und den FFC Heike Rheine. Doch wegen einer schweren Sprunggelenksverletzung musste sie 2011 die Schuhe frühzeitig an den Nagel hängen. Karriereende mit gerade einmal 23 Jahren. Ein schwerer Schicksalsschlag für Graf, die „alles auf die Karte Fußball setzen wollte“.
Doch Christina Graf, die Politik- und Medienwissenschaften an der Universität Gießen studierte, rappelte sich schnell auf. Den ursprünglichen Plan, Fuß im Politikjournalismus zu fassen, verwarf sie und Graf schlug die Sportjournalismus-Schiene ein. Bei Radio Siegen arbeitete sie als freie Mitarbeiterin als Sportreporterin und Moderatorin, anschließend war sie in der Sportredaktion von RTL/n-tv tätig.
Christina Graf gewinnt Sky-Casting 2012 & kommentiert fleißig 2. Liga
Der große Durchbruch glückte Christina Graf 2012 dann bei einem Casting von Sky, wo sie sich im Wettbewerb „Wir suchen deine Stimme“ gegen 1.200 Bewerberinnen durchsetzen konnte. Das verbindet sie übrigens mit dem erfolgreichen und gefragten Kommentator-Youngster Florian Schmidt-Sommerfeld, dem ebenfalls ein Casting-Erfolg zum Durchbruch verhalf.
Christina Graf heuerte beim Bezahlsender an und kommentierte am 3. Februar 2013 als erste Frau ein Zweitligaspiel live im Fernsehen - Jahn Regensburg gegen Hertha BSC! Viele weitere sollten folgen. Bei über 200 Partien der 2. Liga fungierte Christina Graf als Sky-Kommentatorin. In der Bundesliga durfte sie zwar allerdings nie als Kommentatorin ran, wurde jedoch in der 1. Liga und Europa League als Fieldreporterin eingesetzt.
Graf profitiert als Kommentatorin von eigener Bundesliga-Erfahrung
2018 kehrte Graf dem Pay-TV-Sender dann den Rücken und wechselte zur ARD. Hier wurde ihr Einsatzgebiet vielfältiger. 2020 war sie beispielsweise für das Erste bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio unterwegs, wo sie u.a. das Finale im Mixed-Badminton übernahm. Auch bei großen Schwimm-Events wie Europa- und Weltmeisterschaften kommt sie am Mikrofon zum Zug.
Der Fußball ist und bleibt aber ihr Steckenpferd. So ist Christina Graf regelmäßig bei Spielen der 3. Liga und Frauen-Bundesliga im Einsatz, berichtet darüber hinaus auch im Nachrichten-Ressort der WDR Lokalzeit. Im Laufe der Jahre konnte sich die Kommentatoren reichlich Routine und Expertise aneignen, wobei sie natürlich als ehemalige Bundesligaspielerin auch in puncto Spielweise und Taktik über einen großen Erfahrungsschatz verfügt. „Natürlich ist das hilfreich. Ich kann mich in die Situation hineinversetzen“, ließ sie wissen.
Christiane Graf: Keine Entertainerin am Mikro
Das merkt man als TV-Zuschauer auch bei den Spielen, die von Christina Graf kommentiert werden. Ansonsten agiert die Reporterin am Mikrofon vornehmlich sachlich-nüchtern. Emotionen, flotte Sprüche oder großes Entertainment - was etwa für Frank Buschmann oder auch Kommentatoren-Legende Werner Hansch charakteristisch ist - gehören nicht unbedingt zu ihren großen Stärken. Gegenüber der Nachrichtenagentur „teleschau“ beschreibt Graf ihren eigenen Stil des Kommentierens wie folgt.
„Ich will den Zuschauerinnen und Zuschauern nicht Fußball erklären, aber natürlich die Spielidee nahebringen. Ich möchte die Fans taktisch mitnehmen und mögliche Szenarien erläutern, die eine Mannschaft zum Erfolg führen könnten. Der Entertainer bin ich nicht, ich bleibe eher taktisch beim Fußballspiel und beschreibe, was gut und was weniger gut gelingt.“
Christiane Graf: Hört gerne Wolff Fuss & bewundert Tom Bartels
Fakt ist, dass sich mit Christina Graf eine weitere Frau in der einstigen Männer-Domäne der Fußballkommentatoren erfolgreich etabliert hat. Ihr Nominierung als WM-Kommentatorin der ARD darf auch als Bestätigung angesehen werden, zeugt auch davon, dass die Fußball-Stimme von Graf bei den Zuschauern gut ankommt.
Gefragt nach möglichen Kommentatoren-Vorbildern bleibt sie indes zurückhaltend. „Ich könnte nicht einen Namen nennen und sagen: Der ist es jetzt.“ Dennoch erklärt sie, dass sie gerne den Worten von Kultkommentator Wolff Fuss und ihrem ARD-Kollegen Tom Bartels lauscht. „Was ich bewundere, ist, dass Tom Bartels mit unheimlich wenigen Worten sehr viel sagen kann.“
Text von Robert Freiberg