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Bret Hart – The Excellence of Execution
Bret "The Hitman" Hart war in den 90ern einer der größten Stars der WWE (damals noch WWF). Keine WWE Wrestler Liste ist vollständig ohne ihn. Sein Aufstieg und Fortbestand im WWF Main Event stellte dabei gewissermaßen einen Paradigmenwechsel in der WWF dar. Waren bis dahin überwiegend überdrehte Kunstfiguren und Muskelberge wie Hulk Hogan, The Ultimate Warrior und André The Giant die Akteure gewesen, die den Main Event unter sich ausmachten, kam mit Bret Hart ein eher unauffälliger Charakter-Typ daher, der im Ring jedoch arbeiten konnte wie kaum ein Zweiter.
Tatsächlich hat “The Excellence of Execution“ Zeit seiner Laufbahn niemanden so sehr im Ring verletzt, sodass dieser nicht wieder am nächsten Tag in den Ring gekonnt hätte. Ein Nachweis seiner exzellenten Qualitäten im Ring. Und das bei einer Wrestling-Karriere, die über zwei Jahrzehnte umspannte.
Den Großteil davon in der WWF, die über 300 Tage im Jahr unterwegs war. Ironischerweise sollte es eine Verletzung sein, die das Ende von Harts Karriere besiegelte.
Dass Hart als zunächst eher unwahrscheinlicher Kandidat so erfolgreich in der WWF werden konnte, war einer Kombination an seinen Qualitäten und äußeren Umständen geschuldet. Die Fans waren gelangweilt von den ewig gleichen, limitierten Workern im Main Event und fingen an, mit den Shawn Michaels und Bret Harts dieser Welt zu sympathisieren. Hinzu kam der Aufstieg der WCW, die der WWF viele ihrer größten Stars abspenstig machte, wodurch eine Lücke entstand, die es zu füllen galt.
Bret Hart hatte Wrestling im Blut
Wenn es so etwas wie die First Family des Wrestlings gäbe, dann wären es zweifelsohne die Harts aus Calgary, Kanada. Der Patriarch der Familie, Stu Hart, war seines Zeichens selbst ein Ringer der alten Schule gewesen und sattelte später auf Trainer und Promoter um, der seine eigene in Kanada beheimatete Wrestling Promotion, Stampede Wrestling, organisierte. Stu Hart war ein rauer, technisch versierter Wrestler, der in seinen jüngeren Jahren fast als Ringer zur Olympiade gefahren wäre, wenn nicht der Zweite Weltkrieg dazwischen gefunkt hätte. Mit der US-Amerikanerin Helen Hart bekam er insgesamt sieben Söhne und vier Töchter. Ein Sohn starb tragischerweise im Kindesalter. Die anderen wurden allesamt Wrestler und alle Töchter heirateten Wrestler. Schon von Kindesbeinen an sahen sie bekannte Wrestler wie Killer Kowalski und Archie Gouldie bei sich zu Hause ein und ausgehen. Kurzum: Die Harts hätten nicht tiefer im Wrestling Business stecken können.
Wie sein Vater war auch Bret Hart zunächst als junger Ringer auf nationaler Ebene erfolgreich. Bret Hart sollte von allen Harts jedoch der mit Abstand erfolgreichste Wrestler werden. Dabei war er gewissermaßen wider Willen Wrestler geworden. Er debütierte offiziell am 1. September 1978 in der Stampede Wrestling Promotion seines Vaters. Zunächst eigentlich mit dem Hintergedanken, eine andere Laufbahn einzuschlagen und einfach nur etwas Geld zu verdienen. Doch schon alsbald entdeckte er sein Talent fürs Wrestling und fand Gefallen an der Kameradschaft, wie er sie nur unter Wrestlern fand, die quer durch die Lande reisten, um hüben und drüben aufzutreten. Bret Hart reiste unter anderem nach Puerto Rico, Japan, in die USA und machte einen Abstecher zur CWA in Deutschland. 1985, als das Wrestling in Nordamerika quasi von der WWF nahezu komplett konsolidiert wurde und die alten territorialen Promotions zusammenbrachen, heuerte Hart dann bei der WWF an.
Von der Hart Foundation bis zum fünffachen WWF-Champion
Zu Beginn formte Bret Hart zusammen mit seinem Schwager Jim “The Anvil“ Neidhart die Hart Foundation. Ein Tag Team, das es zweimal zu Tag Team Gold in der WWF bringen sollte. Bereits hier konnte Bret Hart durch seine Technik Akzente setzen. Die pinken bzw. später pink-schwarzen Wrestling Klamotten, die Bret Hart auch als Singles-Wrestler noch zieren sollten, entstanden dabei kurioserweise durch einen Betriebsunfall. Als Hart und sein Schwager ohne ein Outfit dastanden, hatte die zuständige Schneiderei leider nur noch Pink da. Das Endresultat dieser Improvisation begeisterte Vince McMahon so sehr, dass er beide Wrestler anwies, von jetzt an nichts anderes mehr zu tragen. The Pink and Black Attack war geboren!
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Gegen Ende der 80er wurden die Fans den ewig gleichen Gesichtern in Main Event (allen voran Hulk Hogan) und ihren einsilbigen Matches überdrüssig. Wrestler wie Shawn Michaels, Mr. Perfect und Bret Hart erregten, als weit agilere und technisch vielseitigere Athleten, zunehmend das Wohlwollen der Fans. In der Folge wurde Bret Hart zu einem Publikumsliebling aufgebaut, der zunächst mit Ringschlachten um den Intercontinental Titel von sich Reden machte. Darunter ein Match gegen "Rowdy" Roddy Piper bei WrestleMania 8, das als erster signifikanter Durchbruch im Singles-Bereich für Bret Hart gelten konnte. Nachfolgende Entwicklungen, wie der Steroid-Skandal um die WWF und WBF (Vince McMahons Versuch, eine Bodybuilding Organisation zu starten) sowie Konkurrenzdruck der finanziell unterstützten WCW ebneten schließlich den Weg für Harts nachhaltigen Aufstieg an die Spitze. Denkwürdige Matches gegen seinen Schwager “The British Bulldog“ Davey Boy Smith im Wembley Stadion, gegen seinen Bruder Owen Hart, Mr. Perfect, Shawn Michaels, den Undertaker, "Stone Cold" Steve Austin, Diesel und Yokozuna führten Bret Hart zu etlichen Highlights und Titeln in den 90ern. Fünfmal sollte er WWF Champion werden, zweimal Intercontinental Champion.
Bret Hart als Geburtshelfer für die Attitude Ära
Gleichwohl Bret Harts letztes Jahr in der WWF von einem Skandal überschattet sein sollte, war es doch in vielerlei Hinsicht seine interessante Schaffensphase in der WWF. Zwei Dinge prägten seine Wahrnehmung durch die Fans zu jener Zeit. Einerseits seine kaum verhohlene Rivalität mit Shawn Michaels, die durchaus nicht nur gespielt war. Michaels galt damals als zwar sehr talentierter Wrestler, aber eben auch als extrem schwieriger Charakter und Primadonna hinter den Kulissen. Auch er war mittlerweile zum Main Eventer geworden. Andererseits spielte sich eine Entwicklung ab, bei der wie schon bei Harts Aufstieg eine veränderte Wahrnehmung der Fans eine Rolle spielen sollte. So schätzten diese zwar immer noch seine Qualitäten im Ring, hatten aber nichts mehr übrig für aalglatte Helden. Stattdessen galt sämtlicher Hype einem "Stone Cold" Steve Austin, der mal archetypisch so gar nichts mit einem Babyface im herkömmlichen Sinne zu tun hatte. In einer Fehde gegen ihn konnte Bret Hart eigentlich nur als “der Böse“ wahrgenommen werden.
Die WWF und Bret Hart bedienten diese Konstellation in einzigartiger Weise. Nach und nach entwickelte sich Hart zu einem sehr authentisch wirkenden, verbitterten Heel, der aber außerhalb der USA immer noch überall bejubelt wurde! Etwas, was er aktiv nährte, indem er sich nur gegenüber den amerikanischen Fans über einen Mangel an Respekt und Werten beklagte. Damit wurden er und die um ihn als Stable organisierte Hart Foundation (bestehend aus Owen Hart, Davey Boy Smith, Jim Neidhart und Brian Pillman) zum perfekten Gegenpart für jedermanns Lieblings-Redneck: "Stone Cold" Steve Austin.
In einem Klassiker bei WrestleMania 13 stahlen Hart und Austin mit einem sensationellen Match die Show und vollzogen einen Double-Turn. Hart wurde endgültig zum Bösewicht, da er Austin nach dem Match angriff. Der blutende Austin wurde hingegen endgültig zum Gesicht der WWF katapultiert, da er das Submission Only Match zwar formal verlor (er wurde bewusstlos), jedoch ohne jemals abzuklopfen.
Montreal Screwjob und ein verkorkster WCW-Run
Gemessen daran, dass Hart in vielerlei Hinsicht auf seinem Zenit schien, war es ein Jammer, dass seine Karriere von mehreren Ereignissen überschattet wurde, nur um dann zwei Jahre später abrupt und verletzungsbedingt nach einem glanzlosen WCW-Run zu enden. Zum wiederholten Male bekam Hart ein besonders lukratives Angebot, um (wie so viele WWF Stars vor ihm) zur WCW zu wechseln. Zunächst wollte Hart dies ablehnen. Doch als Vince McMahon ihm zu verstehen gab, dass er seinen hoch dotierten WWF-Vertrag (der auch über die aktive Laufbahn als Performer hinausgereicht hätte) nicht länger stemmen konnte, stand es Hart frei, das Angebot der WCW anzunehmen. Nur war er noch amtierender WWF Champion. Da Stone Cold verletzt war, war Shawn Michaels der Wunschkandidat der WWF für einen Titelwechsel.
Doch Hart wollte seinen Titel nicht an Shawn Michaels in Kanada verlieren. Doch genau das wäre nötig gewesen, um sicherzustellen, dass Hart nicht als amtierender WWF-Champion bei der WCW angekündigt werden konnte. Der überaus echte Zwist zwischen Hart und Michaels machte die Situation extrem kompliziert. Vince McMahon löste dies, indem er Hart vorzeitig durch Aufgabe verlieren ließ, ohne dass dieser davon wusste. Die Szenen nach dem Match, in denen ein wutentbrannter Bret Hart McMahon ins Gesicht spuckte, den Ansager-Tisch demolierte und ihm später, hinter den Kulissen, einen Faustschlag verpasste, sind heute noch Legende! Und so schied er reichlich glanzlos aus der WWF aus, die er solange als Main Eventer mitgeprägt hatte. Erst später, bei seiner Rückkehr 2010, begrub er das Kriegsbeil mit Michaels und McMahon.
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Eingedenk dieses Vorfalls war Hart über Nacht der heißeste Free Agent im Wrestling Business und die WCW wusste absolut nichts damit anzufangen! War Hart schon von den Backstage-Allüren von Shawn Michaels und seinen Kumpanen (darunter Triple H) genervt, so sah er sich in der WCW vom Regen in die Traufe gekommen. Aufgrund der inkompetenten Führung sowie der weitreichenden kreativen Freiheiten, die WCW Stars wie Hulk Hogan, Kevin Nash und Co. eingeräumt wurden, war die Backstage-Politik in der WCW noch weit schlimmer. Bret Hart wurde so oft wahlweise als Held oder Bösewicht instrumentalisiert, bis er vollkommen ohne jede Richtung war. Zwar konnte er noch zwei klasse Matches mit Chris Benoit bestreiten und gewann auch durchaus einige Titel in der WCW. Darunter die WCW Heavyweight Championship. Aber der Mangel an Charakterentwicklung und Perspektive war kein Vergleich zu seiner einzigartigen Fan-Interaktion, die er zuletzt in der WWF gehabt hatte.
Ein tragischer Verlust und ein jähes Ende
1999 sollte zu einem tragischen Jahr für Bret Hart werden. Nicht nur starb sein Bruder Owen Hart bei einem missglückten Stunt in der WWF, bei dem er sich von der Hallendecke abseilen sollte. Später im selben Jahr setzt noch ein missglückter Kick von Bill Goldberg Bret Harts Karriere ein jähes Ende. Bret Hart erlitt eine schwere Gehirnerschütterung, die er zunächst unterschätzte. Er wrestelte fatalerweise noch eine Weile weiter, ehe die Folgeerscheinungen immer klarer und noch schlimmer wurden. Dadurch entwickelte sich ein Post-Concussion-Syndrom. Hart, der selber nie jemanden ernsthaft verletzt hatte, musste so letztlich selbst seine Laufbahn verletzungsbedingt beenden. Auch aus der WCW war ihm also kein würdiger Abschied beschieden.
Zeit seiner Karriere erfreute sich Hart einer großen Beliebtheit bei jenen Fans, die eher das Geschehen im Ring schätzten als das theatralische Drumherum. Besonders in Deutschland hatte Hart eine loyale Fanbasis, die sich auch heute noch gerne an den Hitman zurückerinnert. The best there is, the best there was and the best, that there ever will be!
Vom Krebs und Schlaganfall erholt
Außerhalb des Rings hatte er in seinem Privatleben die eine oder andere tragische Schlacht zu schlagen gehabt. So stürzte Bret Hart am 24. Juni 2002 mit dem Fahrrad, wobei er schwere Kopfverletzungen davontrug. Ebenso erlitt der Hitman auch einen Schlaganfall, von der er sich allerdings erholen konnte.
Damit aber nicht genug, denn 14 Jahre später hab Bret Hart im Februar 2016 der breiten Masse bekannt, dass er an Prostatakrebs leidet. Die darauffolgende Operation verlief erfolgreich und mittlerweile ist klar, dass er die tückische Krankheit besiegen konnte. Nach seiner Erkrankung ließ er sich hier und da in der WWE blicken, denn er hat noch immer seine Fans an seiner Seite.