Mr. Perfect - Curt Hennig - Blick zurück auf seine Karriere

Mr. Perfect - Curt Hennig

Bildquelle: Paul Billets [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Die Liste an WWE Wrestlern, die nie einen Haupttitel halten konnten, obwohl sie es redlich verdient hätten, ist in den Gedanken vieler Fans eine besonders lange. Ein Name, der darauf unter Garantie auftaucht, ist jener von Curt Hennig: Mr. Perfect! Sein Timing im Ring und sein Gespür für Storytelling und Match-Psychologie gehörten nach wie vor zum Besten, was es diesbezüglich jemals zwischen den Seilen in der WWE zu sehen gab! Und sein Selling war ebenfalls in einer Klasse für sich.

Bret Hart sagte einmal über Mr. Perfect, dass dieser tatsächlich der perfekte Kollege im Ring war. Schwierige Manöver waren einfach, wenn man sie mit ihm durchführte. Und auch Hulk Hogan sagte über Mr. Perfect: „Jeder checkte sein Ego an der Tür, wenn es in eine Umkleide ging, in der Curt Hennig war.

 

Man konnte ihn im Ring nicht übertreffen, man konnte ihn nicht überstrahlen und man konnte ihn nicht überbieten. Er war der Beste der Besten.“

Anfänge in der AWA und WWF

Curt Hennig war ein Wrestler zweiter Generation. Sein Vater, Larry “The Axe“ Hennig, war selbst ein bekannter Pro-Wrestler, der in dieser Profession große Erfolge und Bekanntheit erzielen konnte. Doch auch außerfamiliär war Hennig von Wrestlern umgeben, wie die Zeit zeigen sollte. So wurde nicht nur sein Jugendfreund “Ravishing“ Rick Rude ebenfalls ein begnadeter Wrestler. Kurioserweise war es gar so, dass zahlreiche Abgänger aus Hennigs Highschool in seiner Heimatstadt Robbinsdale, Minnesota Wrestler wurden. Tom Zenk, Brady Boone, Nikita Koloff, John “The Berzerker“ Nord, Road Warrior Hawk und Barry Darsow (bekannt als Repo Man und Smasher vom Demolition Tag Team) kamen alle aus derselben Highschool wie Hennig und Rude.

Hennig begann 1980 seine Karriere in der American Wrestling Association (AWA). Jene Promotion, in der auch sein Vater bereits zahlreiche Meriten erzielte. Jedoch dauerte es nur zwei Jahre bis die Schockwellen, die damals durch die WWF unter der neuen Führung von Vince McMahon in der Wrestling-Landschaft ausgelöst wurden, auch die AWA erreichten. Hennig sattelte um und wurde Bestandteil des damals mit Stars der regionalen Szene gespickten WWF Rosters. Nichtsdestotrotz konnte der Youngster dort bereits im Ring glänzen und wurde zusammen mit “Hot Stuff“ Eddie Gilbert zu einem Tag Team geformt. Auch Gilbert war ein sehr talentierter Wrestler zweiter Generation, der jedoch von seinen eigenen Dämonen heimgesucht wurde und als problematisch galt. Etwas, was ihn 1995, im Alter von nur 33 Jahren, einholen sollte, als er an einer Herzattacke verstarb, die durch jahrelangen Missbrauch von Schmerzmitteln zustande kam. Ein Laster, das viele Wrestler jener Tage vor ihrer Zeit einholen sollte. So auch später Curt Hennig.

Durchbruch als begnadeter Bösewicht

Hennig kehrte von 1984 bis 1988 noch einmal zur AWA zurück, wo er seinen Durchbruch als Singles Wrestler feierte. Dort wandelte er sich vom Publikumsliebling zum Bösewicht. Eine Rolle, die ihm Zeit seiner Karriere besser lag. Er besiegt die AWA-Ikone Nick Bockwinkel und hielt den Haupttitel der Promotion daraufhin für 53 Wochen, ehe er ihn an Jerry “The King“ Lawler abgab. In dieser Zeit bestätigte Hennig das in ihm gesehene Potenzial und wurde zum gestandenen Main-Eventer. Doch 1988 zog es ihn zur WWF zurück, die zu diesem Zeitpunkt schon weite Teile der damaligen Wrestling-Landschaft wesentlich unter sich vereint hatte. Der Erfolg eines gewissen Hulk Hogan, der seinerseits selber in der AWA angefangen hatte, dürfte Hennig wohl dazu bewogen haben. Es war klar: Wer im US-Wrestling etwas gelten und richtig Schotter verdienen wollte, der musste zu WWF! Andere ehemalige Weggefährten aus der AWA, die selbst ebenfalls zur WWF wechselten, waren Leute wie Rick Martel und die Rockers (Shawn Michaels und Marty Jannetty).

 

 

In der WWF wurde Hennig im Bereich der oberen Midcard sogleich prominent eingesetzt. In TV-Matches blieb er für über ein Jahr lang ungeschlagen. In dieser Zeit wurde auch sein Mr. Perfect Spitzname, der später zu seinem eigentlichen Ringnamen werden sollte, etabliert. Es wurden immer wieder Einspieler gezeigt, in denen der hochnäsige Mr. Perfect in sämtlichen Sportarten brillierte. Das Ganze wurde auf solche Höhen getrieben, wie dass er sich beim Football selber den Ball in den Lauf passte. Der Mr. Perfect Charakter war geboren! 1990 war Mr. Perfect dann Teil einer Fehde mit Hulk Hogan, den er gar durch eine umstrittene Disqualifikation besiegen konnte (ohne jedoch den Titel zu gewinnen). Im Royal Rumble 1990 stand Mr. Perfect als letzter Mann mit Hulk Hogan im Ring, der ihn schließlich eliminierte.

Der perfekte Intercontinental Champion

Heute ist die WWE mit Titeln überflutet. Gerade die “B-Titel“, darunter auch der Intercontinental Titel, haben darunter enorm gelitten und ihnen wird kaum noch Bedeutung beigemessen. Doch in den frühen 90ern sah das noch anders aus. Mr. Perfect tat sich mit dem legendären Heel Manager Bobby “The Brain“ Heenan zusammen und konnte in einem Ausscheidungsturnier den vakanten Intercontinental Titel gewinnen, der zuvor von keinem Geringeren als dem Ultimate Warrior gehalten wurde. Mr. Perfect verteidigte den Titel zunächst erfolgreich, fehdete dann mit dem Texas Tornado Kerry von Erich (ebenfalls ein Wrestler zweiter Generation) um den Titel, der dabei zu diesem und später wieder zurück zu Mr. Perfect wechselte.

Dann allerdings kam ein Schicksalsschlag. Hennig trug empfindliche Rückenverletzungen davon, die seine Einsatzfähigkeit im Ring stark begrenzten. Um seinen Status nicht zu sehr zu gefährden, wrestelte er weiter. Jedoch eher reduziert. Er gewann meist durch Auszählung des Gegners, da er seinen Finisher, den Perfect Plex, nicht mit seinem lädierten Rücken performen wollte. Um so beachtlicher ist, dass Mr. Perfect 1991 beim Summer Slam Teil eines legendären Matches wurde. Dort verlor er sein Gold an Bret “The Hitman“ Hart. Ein intensives und exzellent geführtes Match, das Mr. Perfect mit einem gebrochenen Steißbein und mehreren Bandscheibenvorfällen fertigbrachte. Heute gilt dieses Match als Klassiker und als Durchbruch für Bret Hart als Einzelwrestler!

Verletzungsprobleme werden zum begleitenden Thema

In der Folgezeit nahm Perfect eher passive Rollen ein. Da er auch am Mikrofon eine Bank war, betätigte er sich zunächst als Manager. Vor allem von Ric Flair, in dessen Ecke er wiederum stand, als dieser seinen WWF-Schwergewichtskrone an Bret Hart verlor. 1992 kehrte er als Face in den Ring zurück. Er hatte sich von seinem Heel Manager Bobby Heenan publikumswirksam abgewandt und siegte im Tag Team mit "Macho Man" Randy Savage über Ric Flair und Razor Ramon. 1993 besiegte er Ric Flair in einem Singles-Match, woraufhin dieser zur abermals erstarkten WCW zurückkehrte. Anschließend kam Hennig in Fehden gegen Lex Luger und Shawn Michaels zum Einsatz. Beim erstmaligen King of the Ring Turnier (1993) traf Mr. Perfect im Halbfinale abermals auf Bret Hart. Auch dieses Match gilt heute als Klassiker und Paradebeispiel für stringente Ring-Psychologie. Hart setzte sich durch und besiegte später Bam Bam Bigelow, um zum ersten King of the Ring zu werden.

 

 

Auch wenn Hennigs Klasse im Ring, und als Performer überhaupt über alle Zweifel erhaben war, so trat seine Karriere ab dieser Phase auf der Stelle. Da er als verletzungsanfällig galt und Bret Hart sowie später Shawn Michaels ihrerseits mehr und mehr zu den technisch beschlagenen Topstars wurden, wirkte Hennig ein wenig auf verlorenem Posten. Er trat noch einmal um den Intercontinental Titel an, wurde jedoch von Shawn Michaels (bzw. dessen Bodyguard Diesel) besiegt. Im November 1993 hatte Mr. Perfect sein letztes TV-Match bei der damaligen WWF. Da ihn seine Rückenprobleme wieder einholten, wurde er zu einem passiven Perfomer. Unter anderem als Special Referee, Color Kommentator sowie als Manager.

Hennig wird durch den WCW-Wolf gedreht

1997 wechselte Hennig dann zur WCW, wo er wieder unter seinem eigentlichen Namen antrat. Doch das krude Booking der WCW verhagelte sogleich seinen Einstieg. Gleichwohl die Fans ihm eine warme Rezeption entgegenbrachten, wurde er rasch als Bestandteil der alles dominierenden NWO rekrutiert, womit er in dieser Endlosschleife von einer Storyline um Face und Heel Turns im Wochenwechsel sinnlos verheizt wurde. Des Weiteren war er auch in der WCW vom Verletzungspech verfolgt.

Ironischerweise hatte er seine beste Zeit just, als er eigentlich einer der Bösewichte sein sollte. Als Kopf der “West Texas Rednecks“, einer Bande von “Südstaatlern“, die gegen die damals populäre Hip-Hop Kultur wetterten und entsprechende Rivalitäten pflegten, wurde er von den Fans frenetisch gefeiert. Denn auch wenn Hip-Hop damals angesagt war, so war das Stammpublikum der WCW ein eher Südliches, das sich voller Begeisterung auf die Seite der Country Musiker schlug. Wieder einmal ein tolles Beispiel für die verkehrte Psychologie des WCW-Bookings.

Letztes Glanzlicht beim Royal Rumble 2002

Nach dem Niedergang der WCW und einigen Auftritten in der kurzlebigen XWF kehrte Hennig als Mr. Perfect zur WWE zurück, wo er beim Royal Rumble 2002 unter die letzten drei kam und einen starken Auftritt hinlegte. Trotz der guten Publikumsreaktionen und einer augenscheinlich guten Verfassung wurde Hennig danach von der WWE völlig unter Wert gehandelt. Zwar stand er mit guten Namen im Ring. Er verlor jedoch fast nur noch. 2002 trennte er sich dann abermals von der WWE, nachdem es beim berüchtigten “Plane Ride from Hell“ (eskalierende WWE Wrestler wüteten in einem Flugzeug) zu einer Konfrontation mit Brock Lesnar gekommen war. Hennig wurde eingedenk dessen und einem offenbar werdenden Alkoholproblem gefeuert.

Anschließend mischte Hennig noch etwas im Main Event bei TNA mit, wo er jedoch auch meist die zweite Geige für andere spielen musste. Im Februar 2003 verstarb Hennig an einer Überdosis Kokain. Im Zuge seiner fortwährenden Verletzungsprobleme hatte Hennig eine schwerwiegende Schmerzmittel-Sucht entwickelt. Überdies war er hinter den Kulissen als einer von vielen Party-Hengsten bekannt, der regelmäßig Alkohol und Kokain konsumierte. Wie so viele Wrestler seiner Zeit bezahlte Hennig den Preis dafür, dass die wilde und enorm reiselastige Roadshow, die Pro Wrestling nun mal mit sich bringt, hinter den Kulissen alles andere als athletisch zuging, was von der WWE lange Zeit komplett ignoriert wurde.

Curt Hennig ist bis heute einer der ultimativen Beinahe-Champions des Mainstream Wrestlings. Doch sein Verletzungspech und wie er damit umging, haben ihm einen fast sicher geglaubten Weg in den permanenten Main Event verbaut. Wirklich bedauerlich! Denn das Talent hatte er in jeder Hinsicht. Tatsächlich kann man getrost davon ausgehen, dass er einer der talentiertesten Wrestler überhaupt war. Wenn das selbst ein egomaner Hulk Hogan eindeutig anerkennen kann, wer kann es dann nicht?


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