André the Giant heute

Infos zu André the Giant

Bildquelle: John McKeon [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Es gab mehrere bekannte Wrestler, die dem Spitznamen nach als Giganten in den Ring stiegen. Giant Baba, Giant González oder Giant Haystacks, um einige zu nennen. Und auch Big Show aus der WWE firmierte einst bei der WCW unter dem simplen Ringnamen “The Giant“. Doch bei dem Spitznamen “The Giant“ kann man vorrangig eigentlich nur an einen Wrestler denken. André the Giant!

Fast schon ein Mythos von einem Wrestler, was seiner beeindruckenden Erscheinung und seiner aktiven Zeit geschuldet war, in der es noch so etwas wie Kayfabe im Wrestling gab (Kayfabe = die Omerta, mit der sich Wrestling früher von der Außenwelt abgeschottet hat). André the Giant war wahrhaftig ein Gigant. Alles an ihm wirkte riesig. Seine Größe, seine Statur, seine Hände, sein grobschlächtiges und doch gutmütiges Gesicht gaben ihm die Aura einer Sagengestalt, die plötzlich in den Ring gestiegen war.

Dazu noch der Mythos, dass er über ein Jahrzehnt ungeschlagen blieb und quasi nie durch Pin oder Aufgabe zu besiegen war. André the Giant war und ist der definitive Gigant im Wrestling! Es mag seither einige Wrestler gegeben haben, die tatsächlich ein wenig größer als er waren. Aber die waren einfach nur groß. Ein Gigant, gemessen an Aura und Reputation, war wirklich nur einer. Und das war André!

Zwei Gendefekte erweisen sich als Segen für die Karriere

Dass André the Giant als Gigant des Wrestling-Business so glaubwürdig erschien, war eigentlich zwei genetischen Defekten geschuldet. So litt er an Riesenwuchs sowie an Akromegalie. Während Ersteres relativ selbsterklärend ist, führt Akromegalie dazu, dass die sogenannten Akren (äußere Extremitäten, wie Hände und Füße, aber auch Nase, Ohren etc.) immer weiter wachsen. Daher auch die Erscheinung von André the Giant, die nicht nur massig und groß war, sondern ihm auch fast schon das Aussehen eines Höhlenmenschen gab.

Dies machte ihn zu einer einzigartigen Erscheinung. Selbst in der bunten Welt des Wrestlings. So war er nicht nur riesig, sondern auch seine Hände waren gigantisch. Unvergessen ein Interview, in dem André seine Hand neben den Kopf des legendären Interviewers Gene Okerlund hielt und mit seiner Hand locker dessen halben Kopf bedeckte. Oder ein Foto, in dem eine Bierdose in Andrés Hand aussieht wie ein zu klein geratenes Spielzeug.

Andrés Körperkraft war unter Wrestlern berüchtigt! Sein automatischer Wuchs umfasste auch seine Muskulatur. Unabhängig voneinander berichteten zahlreiche Weggefährten von André the Giant, dass er von unglaublicher Leibeskraft war. Und das, obwohl er niemals Gewichte in die Hand nahm oder gezielt seine Kraft trainierte. Seine einzigartige Konstitution allein machte ihn zu einem Berg von einem Mann! Dies sicherlich auch ein Grund, warum André solange ungeschlagen blieb. Nicht nur war eine ertragreiche Attraktion, mit der sich die territorialen Promoter jener Tage es besser nicht verscherzen wollten. Seine gewaltige Kraft garantierte auch, dass er sich für niemanden hinlegen musste. Es gab schlicht niemanden, der ihn im Ring zum Verlieren zwingen konnte. Er war zu groß und zu stark!

Fluch und Segen zugleich

So segensreich seine Konstitution für seine Karriere war. Mit Blick auf seine Gesundheit sah es leider anders aus. André The Giant wurde schon früh damit konfrontiert, dass ihm kein hohes Alter beschieden sein würde. Überdies bedingte seine aktive Karriere im Ring, dass seine Gelenke und Knochen noch mehr geschunden wurden (insbesondere seine Knie und auch sein Rücken), als es ohnehin schon der Fall gewesen wäre. Hinter den Kulissen galt André daher als Lebemann, der Unmengen an Alkohol vertilgen konnte. Etliche seiner Zeitgenossen berichteten von geradezu unglaublichen Mengen, die André zu sich nahm. Dies war einerseits der Gewissheit geschuldet, dass er ohnehin nicht alt werden würde. Es hatte aber auch noch einen anderen Hintergrund, denn André ertränkte seine Schmerzen im Alkohol. Und die waren nicht nur körperlich.

Im letzten Part seiner Karriere war André von Schmerzen geplagt. Seine Knie und sein Rücken machten ihm massiv zu schaffen. Er konnte in der Spätphase seiner aktiven Laufbahn quasi nur noch entlang der Seile im Ring wrestlen (wo er sich festhalten konnte) und war folglich extrem limitiert. Fast schon ein Jammer, dass er erst in dieser Phase einem Massenpublikum präsentiert wurde (durch den kometenhaften Aufstieg der WWF, bei dem André selbst eine Schlüsselrolle spielte).

 

 

Jedoch litt André auch noch unter einem anderen Schmerz – jenem seiner Prominenz. Während andere Prominente einfach nur eine Sonnenbrille und eine Kapuze aufziehen mussten, um unerkannt zu bleiben, gab es für den Giganten des Wrestlings keine Privatsphäre. Er wurde fast überall erkannt. Und selbst wenn nicht, war sein hünenhaftes Äußeres ein Garant für Aufmerksamkeit (positive sowie negative).

Er litt sehr darunter, dass er ständig anders behandelt wurde und immerzu auffiel. Auch das viele Reisen, was für einen Wrestler wie ihn damals unvermeidbar war, war eine einzige Tortur für ihn. Denn kaum ein Etablissement war für einen Mann von seinen Dimensionen gerüstet. So bewegte er sich zeitlebens in einer Welt von Zwergen, die nicht für ihn gemacht schien. Bei Flugreisen konnte er niemals das Klo benutzen und brauchte selber zwei Plätze. Hotels waren überhaupt nicht für jemandem von seinem körperlichen Format eingerichtet. Von Autos ganz zu schweigen. All dies wirkte sich massiv auf seinen inneren Frieden aus und viele seiner damaligen Weggefährten beteuerten, dass André im Herzen oftmals sehr unglücklich war.

André the Giant schulterte die WWF

Ironischerweise war André The Giant in der WWF nur einmal WWF-Champion und das auch nur extrem kurzzeitig, da er seinen Titel an den Million Dollar Man Ted DiBiase verkaufte. Doch sein legendärer Moment in der WWF war zweifelsohne der historische Main Event von WrestleMania III, in dem Hulk Hogan auf den Giganten traf, der noch nie gepinnt oder zu Aufgabe gezwungen wurde. Zu diesem Zeitpunkt war Hogan bereits seit drei Jahren Champion der WWF gewesen.

Hulkamania war auf dem Zenit! André the Giant wurde zum Bösewicht gemacht, damit er auf Hogan treffen konnte. Dies war und ist wahrscheinlich bis heute das größte Aufeinandertreffen, das es im Wrestling gegeben hat! Eine ungeschlagene Mythenfigur gegen einen der dominantesten Champions mit mehr Mainstream Appeal als irgendwer vor ihm (und die meisten nach ihm). André The Giant gegen Hulk Hogan war der größte WrestleMania Main Event aller Zeiten! Über 90.000 fanden sich im Pontiac Silverdome zusammen, um dem beizuwohnen.

Dass André the Giant zu der Zeit körperlich bereits ein Wrack war, wurde nur durch eine Rücken-OP im Vorfeld und den beispiellosen Hype überzeichnet, den dieses Match erfuhr. Leider sollte es danach mit André steil bergab gehen. Er wusste, dass er nicht mehr viel Zeit hatte, wobei sein exzessiver Lebenswandel in den Jahren zuvor und danach mit Sicherheit nicht weitergeholfen hatte. André starb unter bedauernswerten Umständen – alleine in einem Hotelzimmer in seinem Geburtsland Frankreich. Und somit an einem Ort, der viel von dem Unbehagen verkörperte, das ihn lange Zeit quälte.

1993 wurde André the Giant posthum in die WWF Hall of Fame eingeführt (der Erste, dem diese Ehre je zuteilwurde). Aus heutiger Sicht erscheint es für jüngere Fans wohl schwer fassbar, wie so jemand so berühmt und angesehen im Wrestling werden konnte. Doch in der damals sehr viel mysteriöseren Welt des Wrestlings, in der Siege und Niederlagen noch mehr Gewicht hatten und in die noch längst nicht so durchleuchtet war wie heute, war André the Giant eine Ausnahmeerscheinung, die alles in den Schatten stellte.


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