Killer Kowalski – Einer der prägendsten Heels aller Zeiten

Killer Kowalski Steckbrief

Bildquelle: Paul Billets [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Ein choreographierter Kampf zwischen Gut und Böse, Protagonist gegen Antagonist. Dieses schon allgemein sehr zentrale narrativ ist quasi die Grund-Prämisse schlechthin, soweit es Wrestling betrifft. Da man den Zuschauern auf lange Sicht ein Happy End bescheren will, siegt letztlich so gut wie immer das Gute. Ein „Heel“ (wie die Bösewichte im Wrestling genannt werden) mag zwar über Wrestler aus der Undercard und Midcard regelmäßig triumphieren. Und auch ein Top-Babyface mag einem hinterlistigen Heel hier und da mal unterliegen. Doch zu guter Letzt siegt meist das Gute.

Diese Prämisse sorgt dafür, dass Wrestler, die überwiegend oder gar ausschließlich den bösen Buben verkörpern, langfristig eher seltener Erfolg haben. Es sei denn, sie sind wirklich gut in dem, was sie tun. Eine solche Ausnahmeerscheinung war Killer Kowalski, der in einer Ära, in der fast alle großen Stars Babyfaces waren, als Heel über Jahrzehnte Teil des Main Events war. Und dass fast überall, wo er hin ging. Dabei baute er sich einen Ruf als gefürchteter sowie berüchtigter Heel auf und wurde später zu einem wichtigen Trainer, den man an vielen bekannten Schützlingen messen kann.

Die Angst vor dem Fremden

Geboren als Sohn polnischen Einwanderer in Ontario, Kanada, kam Edward Władysław Spulnik (Namensänderung zu Walter E. Kowalski 1963) eher auf Umwegen zum Wrestling. Im Alter von 14 Jahren war er bereits 193 cm groß und weil er für seine Größe sehr dünn war, begann er beim örtlichen YMCA zu trainieren. Jedoch hatte Kowalski, wie er in späteren Interviews gestand, zu diesem Zeitpunkt noch keine athletischen Ambitionen. Als er aufs College kam, war sein Hauptfach Elektrotechnik. Er arbeitete Teilzeit im Ford-Werk in Detroit, wo er ca. 50 Dollar in der Woche verdiente. Als Kowalski erfuhr, dass er als Wrestler mehr verdienen konnte, entschied er sich für einen unwahrscheinlichen Karrierewandel. Da er bereits einen athletischen Körperbau hatte, beschloss er, Wrestling auszuprobieren und besuchte eine Wrestling-Schule.

Als er zum ersten Mal professionell rang, war er als Tarzan Kowalski bekannt, wurde aber laut Zeitungsberichten von 1950–51 auch Hercules Kowalski, Killer Kowalski (dieser Spitzname wurde bereits ab 1950 verwendet) und sogar The Polish Apollo genannt. Während des Kalten Krieges wurde sein Name phasenweise in Wladek Kowalski geändert, was bedrohlicher klingen sollte. Kowalski rang von 1947 bis 1977 in einer Reihe von Organisationen, darunter der National Wrestling Alliance (NWA), der American Wrestling Association (AWA) sowie der WWWF bzw. WWF (heute bekannt als WWE). Sein Gimmick lehnte sich natürlich an seine polnischen Wurzeln an und bediente das Feindbild des ausländischen Kommunisten aus dem Ostblock.

Gehasst, aber vor allem gefürchtet

Kowalskis Aufstieg im Wrestling kam schnell und sollte lange anhalten. Sein erstes aufgezeichnetes Match fand am 6. Mai 1948 statt und schon am 29. November desselben Jahres traf Kowalski in einem Kampf um die Meisterschaft im Schwergewicht auf den NWA-Champion Orville Brown. Kowalski zeichnete sich in seiner Zeit durch eine überdurchschnittliche Größe und einen überraschend agilen Stil im Ring aus. Umso beachtlicher war es, dass er quasi Zeit seiner Karriere ein Heel bleiben konnte (außer wenn er sich dem noch mehr gehassten Buddy Rogers gegenübersah). Dies war ein scharfer Kontrast zum Menschen hinter dem Gimmick, denn außerhalb des Ringes und hinter den Kulissen galt Kowalski als so freundlich und höflich, dass sich einige Wrestling-Promotor gar darüber beschwerten, wie er das etablierte Image in der Öffentlichkeit gefährden würde.

Das änderte jedoch nichts daran, dass Killer Kowalski sich aus einer Mischung aus Zufall und Improvisation heraus einen gefürchteten Ruf erarbeiten konnte, der ihn quasi als Heel zementierte. Ein besonders berüchtigter Zwischenfall spielte sich am 15. Oktober 1952 ab. Killer Kowalski riss in einem Match in Montreal gegen Yukon Eric diesem versehentlich einen Teil des Ohres ab, als er seinen Knee Drop durchführte. In Wirklichkeit waren Erics Ohren aufgrund jahrelangen Ringens auf der Matte bereits ausgesprochene „Blumenkohl-Ohren“ gewesen (alles andere als selten bei Ringern) und die Verletzung war ein Unfall, bei dem das ohnehin anfällige Ohr einfach einmal zu oft etwas abbekommen hatte. Dennoch stärkte der blutige Vorfall Kowalskis Ruf als gnaden- und rücksichtslosen Bösewicht, der seine Gegner verstümmelte.

Ein profitables Missverständnis

Das Ganze steigerte sich noch, als Kowalski Yukon Eric im Krankenhaus besuchte und beide gemeinsam über den Vorfall und die Bandagen an Yukon Erics Kopf lachten. Als der Vorfall am nächsten Tag in der Zeitung berichtet wurde, hieß es, der wohl völlig ehrlose Kowalski sei im Krankenhaus aufgetaucht und habe sein Opfer verhöhnt, was Kowalskis Image nur weiter förderte. Der Vorfall löste eine lange währende Fehde und gut Zahltage für beide Wrestler aus. Die Matches fanden in ganz Nordamerika große Aufmerksamkeit. Als der Fehde einige Jahre später die Puste ausgegangen war, scherzte Yukon Eric Kowalski gegenüber über den geringen Publikumszuspruch: "Gott, das ist ein mieses Haus. Ich muss möglicherweise ein anderes Ohr opfern."

 

 

Kowalski wurde auch in Boston für einen Vorfall Ende Juni 1958 bekannt, als er gegen Pat O'Connor rang. Der Gastringrichter war der ehemalige Boxweltmeister im Boxen Schwergewicht Jack Dempsey, der einen Tritt gegen das Zwerchfell erlitt und ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Dempsey machte Kowalski nicht dafür verantwortlich und beide sagten, es sei ein Unfall gewesen. Aber auch dies festigte natürlich nur den Ruf des Killer Kowalski als brutaler Bösewicht. Folglich blieb Killer Kowalski ein gefragter Name im Pro Wrestling. Und das für Jahrzehnte. Später (1972) wurde er gar der erste Mann, der André the Giant auf nordamerikanischem Boden pinnen konnte. Auch in Japan konnte Killer Kowalski als Heel auftreten, wo er 1963 auf Giant Baba traf und sich gegen diesen auszählen ließ, um dessen Ansehen zu mehren und das japanische Territorium, um einen wichtigen Star reicher zu machen.

Tag Team Champion, Dauerrivale und bekannter Trainer

Killer Kowalski wurde in den 1960er und 1970er Jahren der wichtigste Rivale von Bruno Sammartino in der World Wide Wrestling Federation. Kowalski bildete überdies ein Tag-Team mit einem anderen berüchtigten Heel: Gorilla Monsoon. Gemeinsam konnten sie die Tag Team Championship der WWWF (Vorläufer der WWF bzw. WWE) gewinnen. 1976 tat sich Kowalski mit seinem Schüler Big John Studd zusammen, um die WWF World Tag Team Championship abermals zu gewinnen. Beide Männer trugen schwarze Masken und Strumpfhosen und nannten sich "The Executioners" (die Henker). Nach der Einmischung eines dritten Henkers während einer Titelverteidigung gegen Chief Jay Strongbow und Billy White Wolf wurden sie jedoch disqualifiziert und die Titel wurden für vakant erklärt. Die Executioners verloren am 6. Dezember ein Match um die vakanten Titel gegen Strongbow und White Wolf.

 

 

Ab 1977 trat Killer Kowalski aus der WWF aus und zog sich im Wesentlichen aus dem aktiven Geschehen zurück. Lediglich ab 1982 würde er noch gelegentlich bei einigen kleineren Promotions auftreten. Nun jedoch meistens unter dem Jubel der Fans, die in ihm einen respektablen Veteranen sahen. Doch auch als Coach sollte er sich neue Achtung erarbeiten. Denn er gründete eine Wrestling-Schule in Malden, Massachusetts, die er kurz nach seinem Rücktritt 1977 bis 2003 aktiv betreute. Aus Gesundheitsgründen konnte er ab 2003 nicht aktiv weiter coachen, auch wenn die Schule darüber hinaus in North Andover, Massachusetts erhalten blieb. Unter den Schülern aus Killer Kowalski Ausbildungsstätte sind bekannte Namen wie Triple H, Chyna, Perry Saturn, John Kronus, Big John Studd, Christopher Nowinski, Albert bzw. Tensai, Kazarian, Kenny Dykstra, Damien Sandow und Fandango zu finden.

Harte Schale, weicher Kern

1996 kam Killer Kowalski in die damals noch sehr junge WWE Hall of Fame. Eine Ehre, die ihm noch in mehreren anderen Ruhmeshallen des Sports zuteilwurde. Überdies war der außerhalb des Wrestling-Geschäfts wie gesagte sehr sanfte und freundliche Killer Kowalski einer der ersten Wrestler, der bekennender Veganer war (inspiriert durch die Läufer Roger Bannister und John Landy). Ferner trank und rauchte Kowalski nie und war ein passionierter Hobby-Fotograf, was in einem Bildband seinerseits gipfelte, den er 2001 veröffentlichte.

2008 verstarb Killer Kowalski nach anhaltenden Gesundheitsproblemen. Wie sein guter Freund, die Wrestling-Legende Bruno Sammartino, berichtete, musste Kowalski in ein Rehabilitationszentrum in Massachusetts gehen, wo er sich von einer Knieverletzung erholte. Doch gerade als es schien, dass es ihm besser gehen würde, erlitt er am 8. August 2008 einen Herzinfarkt. Es zeigte sich alsbald, dass er sich nicht erholen würde. Als der bewusstlose Killer Kowalski am 18. August von den lebenserhaltenden Geräten genommen wurde, wurde in einigen Medien fälschlicherweise angegeben, er sei bereits gestorben. Doch tatsächlich dauerte es von da an bis zum 30. August 2008, bis er verstarb. Selbst im Todeskampf erwies sich Killer Kowalski als harter Hund! Er wurde 81 Jahre alt. Was bleibt, ist die Erinnerung an einen der beständigsten und erfolgreichsten Wrestling-Heels aller Zeiten!


Werbung