Lex Luger – Dem Himmel so nah

Wrestling-Legende Lex Luger im Porträt

Bildquelle: Super Festivals [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Lex Luger ist möglicherweise der bekannteste Wrestler seiner Ära, den jedoch kaum jemand zu den prägenden Figuren dieser Zeit zählen würde. Und dass, obwohl Lex Luger durchaus ein prominentes Gesicht im Monday Night War zwischen WWF und WCW war und zuvor auf Teufel komm aus als legitimer Nachfolger von Hulk Hogan in der WWF aufgebaut werden sollte.

Sowohl bei seinem ersten Run in der NWA bzw. WCW als auch anschließend in der WWF wurde der mit einem hervorragenden Look gesegnete Lex Luger deutlich gepusht. Dennoch wurde aus ihm selbst zu diesen Zeiten nie mehr als ein temporärer Main-Eventer.

Der erhoffte Mann an der Spitze konnte er niemals werden. Woran dies letztlich gescheitert ist, daran scheiden sich die Geister bis heute. Für die einen war Luger ein glorifizierter Bodybuilder, der allein von seinem Look getragen wurde. Andere wiederum machen schlechtes Timing und dummes Booking für das Ausbleiben des großen Durchbruchs verantwortlich. Die Wahrheit mag wohl irgendwo dazwischen liegen. Und ein entscheidender Aspekt könnte gewesen sein, dass ein Dasein als Wrestler eigentlich niemals die Option ersten Ranges für Lex Luger gewesen ist.

Lex Luger plötzlich Wrestler

Tatsächlich fand Lex Luger (bürgerlicher Name: Lawrence Wendell Pfohl) erst recht spät zum Wrestling. Zuvor war er als Footballprofi unterwegs gewesen, konnte sich aber niemals auf NFL-Niveau durchsetzen (bei den Green Bay Packers war er nur Reservist). Allerdings lief Luger für drei verschiedene Mannschaften der USFL (United States Football League) auf – eine drei Jahre bestehende, durchaus wegweisend produzierte Alternative zur NFL, die aber letztlich an Geldproblemen zu vieler Teams scheiterte.

Mit der USFL endete auch die Football-Karriere von Lawrence Wendell Pfohl. Doch unverhofft tat sich ein neuer Pfad vor ihm auf. Denn gewissermaßen kam das Wrestling eher zu ihm als er zum Wrestling. Der in der Pro Wrestling Szene gut vernetzte Ringer Bob Roop wurde auf den mit dem Körper eines langjährigen Bodybuilders gesegneten Pfohl aufmerksam. Er legte ihm eine Karriere im Pro Wrestling nahe und der angehende Lex Luger kam anschließend beim japanischen Coach Hiro Matsuda unter, der auch Leute wie Hulk Hogan, den Great Muta, Paul Orndorff oder Scott Hall trainierte.

Ambitionierte Pläne

Pfohl nannte sich Lex Luger (in Anlehnung an den Superman Bösewicht Lex Luthor) und kam sogleich bei der NWA in Kalifornien unter, wo er aufgrund seines Looks als große Nummer positioniert wurde. Schon früh konnte er die Southern Heavyweight Championship gewinnen und teilte den Ring mit Könnern wie Barry Windham und Ric Flair. Gegen Letzteren kam Luger 1986 gar zu einem 60-minütigen Time Limit Draw, als Flair amtierender NWA Heavyweight Champion war. 1987 kam Lex Luger bei Jim Crockett Promotions unter – der führenden Flaggschiff Promotion der NWA, aus der rund ein Jahr später die WCW werden sollte.

In dieser Zeit nahm Lex Luger auch seinen Spitznamen „The Total Package“ an, den er bei seinem späteren WCW-Run wieder aufgreifen würde. Ferner wurde er phasenweise Mitglied des legendären Heel Stables der Four Horsemen. In dieser Zeit konnte er sich erstmals die United States Heavyweight Championship umschnallen, die er insgesamt rekordmäßige fünfmal gewinnen sollte. Ein Rekord, den Lex Luger heute mit Ric Flair teilt. Allerdings wird Lex Luger mit 950 kombinierten Tagen als Champion als alleiniger Rekordhalter nach Tagen anerkannt.

Besser böse

Lex Luger verließ schließlich die Four Horsemen, womit er zum Babyface gewandelt wurde. Jedoch nicht dauerhaft. So waren diverse Kollegen und Booker hinter den Kulissen – nicht zu Unrecht – der Meinung, dass Lex Luger als Heel besser funktionierte. Jedoch gab es seitens der Sendestationen im Hintergrund wohl einige Interessen, die in Lex Luger mit seinem He-Man Look ein Top-Babyface nach Hulk Hogan Art sahen. Jedoch zeichnete sich im Laufe der Zeit mehr und mehr ab, dass eher Sting das angehende Top-Babyface der WCW wurde.

 

 

Doch als Sting gegen Ric Flair den Titel erobern sollte, verletzte Ersterer sich kurz zuvor, sodass Lex Luger als notgedrungener Ersatz herhalten musste, was in einem übereilten Faceturn resultierte. Flair behielt jedoch den Titel, da Luger im Match dem verletzten Sting in seiner Ecke zur Hilfe kam, als dieser von den Arn und Ole Anderson angegriffen wurde. Danach war Lex Luger weiterhin in der Upper-Midcard aktiv und konnte vor allem im Kampf um die US-Championship immer wieder eine Rolle spielen.

Ein Titelgewinn ohne Wert

Doch gerade als es den großen Durchbruch für Lex Luger geben sollte, wurde dieser von ungünstigen Umständen überschattet. Nach einem Sieg über den Great Muta wurde Lex Luger abermals zum Top-Herausforderer um die World Championship von Ric Flair. Beim Great American Bash 1991 sollte Luger auf Ric Flair treffen. Ric Flair überwarf sich mit dem WCW-Management in Gestalt von Jim Herd und verließ die WCW in Richtung WWF. Den Titel nahm er dabei einfach mit!

So wurde notgedrungen ein Match zwischen Lex Luger und Barry Windham anberaumt, bei dem es um die nunmehr vakante Krone ging. Nach wie vor erkannten die Fans Ric Flair als den wahren Champion an, sodass Lex Luger von Anfang an einen schweren Stand hatte – ohne dass das an ihm selbst gelegen hätte. Im Gegenteil! Eigentlich war Lex Luger Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre im Ring so gut wie später nie wieder. Doch seine Zeit in der WCW endete mit ihm als „geflopptem Champion“, der selbst als amtierender Champ kaum Einsätze bekam.

Auf Umwegen zur WWF

Nachdem Lex Luger den Titel 1992 desillusioniert an Sting abgab, verließ er die WCW, um sich stattdessen Vince McMahon anzuschließen. Jedoch nicht etwa in der WWF. Tatsächlich ließ Lex Luger sich als Co-Host für die WBF (World Bodybuilding Federation) anheuern. Dieses extrem kostspielige Seitenprojekt von Vince McMahon, das jedoch mit Pauken und Trompeten den Bach runtergehen würde, sollte Lex Luger als Kommentator/Moderator für das samstägliche TV-Programm betreuen, was er zunächst auch tat. Ferner sollte er dort ebenfalls als Bodybuilder posieren.

 

 

Doch ein frontaler Motorradunfall mit einem Auto, bei dem Lex Luger nur knapp den Bäumen am Straßenrand und somit dem wahrscheinlichen Tod entging, zwang ihn schwer verletzt auf die Seitenlinie. Für einen kurzen Moment stand gar die Amputation seines zertrümmerten Arms im Raum! Als er wieder einsatzfähig war, war die WBF bereits Geschichte. Und so kam Lex Luger abermals eher ungeplant zu einem Vertrag als Wrestler. In der WWF debütierte er als „Der Narzisst“ Lex Luger. In Anlehnung an seine Bodybuilding-Persona wurde er als sich vor jedem Match im Spiegel selbst bewundernder und posierender Heel präsentiert.

Lex Luger der neue Hulk Hogan?

Dabei wurde auch eine Metallplatte in Lugers Arm aufgegriffen (eine tatsächliche Konsequenz des besagten Unfalls), die seinen Running Forearm Finisher angeblich überhart und entsprechend unfair machen sollte. Ein Thema, das während seines Heel Runs in der WWF immer wieder zum Gegenstand seiner Siege wurde. Höhepunkt bei seinem kurzzeitigen Run als muskelbepackter Narzisst war ein Sieg über Mr. Perfect bei WrestleMania IX. Jedoch schien Vince McMahon im proportionierten Lex Luger alsbald das zu sehen, was man schon zuvor in der NWA bzw. WCW in Luger erkennen wollte: Das neue Top-Babyface!

Prompt wurde Lex Luger als patriotisches Babyface in den Main-Event gehievt. Und zwar so sehr auf Krampf wie nur irgend möglich. So wurde am Unabhängigkeitstag 1993 eine WWF-Veranstaltung auf einem Flugzeugträger abgehalten, bei der eine Reihe von WWF-Wrestlern und anderen Athleten daran scheiterten, Yokozuna hochzuheben und zu slammen. Bis überraschend Lex Luger in Stars and Stripes aufkreuzte und eben genau das zuwege brachte. Natürlich war die Freude darüber bei diesem national-stolzen Anlass groß. Doch der erhoffte Durchbruch in der Fan-Gunst sollte daraus langfristig nicht folgen.

Technik schlägt Pathos

Warum Lex Luger als Hulk Hogans Nachfolger im Geiste nie so richtig zünden wollte, ist bis heute Gegenstand von Diskussionen. Manche deuten die Entscheidung, Lex Luger nicht bereits beim SummerSlam 1993 den Titel von Yokozuna erobern zu lassen, als Fehlentscheidung. Doch aus irgendeinem Grund zögerte Vince McMahon plötzlich, dem mit dem Lex Express Bus durch die USA tourenden Lex Luger das Gold zu gewähren. Er wollte dies bis zur nächsten WrestleMania aufzuschieben. Und mit jedem Schritt dorthin wurde klarer, dass der vormalige WWF-Champion Bret Hart in der Fan-Gunst höher stand.

Einer dieser Schritte war das denkwürdige Ende des Royal Rumble 1994, bei dem Bret Hart und Lex Luger beide zuletzt im WWE-Ring waren und sich gleichzeitig eliminierten. Auch diese Entscheidung ein Spiegelbild des Haderns hinter den Kulissen. Bei WrestleMania X war es dann letztlich Bret Hart, der Yokozuna entthronen durfte, während es für Lex Luger anschließend sukzessive immer tiefer in die belanglose Midcard ging. So endete Lex Lugers WWF-Run ohne einen einzigen Titel! Allem kalkulierten Hype zum Trotz.

Der erste Schuss im Monday Night War

Dennoch sollte Lex Luger für Schlagzeilen in bzw. um die WWF sorgen, denn seine letzten paar Monate verbrachte er dort 1995 quasi vertragslos. Stattdessen wurde er von Auftritt zu Auftritt bezahlt. Als sein guter Freund und WCW-Babyface Sting davon erfuhr, legte dieser ein gutes Wort beim neuen WCW-Vize-Präsidenten Eric Bischoff ein. Da Bischoff selber nicht besonders von Luger angetan war und diesen noch von seinem ersten WCW-Run kannte, machte er ihm bewusst ein niedriges Angebot. Doch zu seiner Überraschung nahm Lex Luger an!

 

 

Und somit fügte es sich, dass Lex Luger, der über die Vertragsvereinbarung absolutes Stillschweigen zusichern musste, in einer Nacht- und Nebelaktion aus der WWF floh, obwohl er teilweise noch für kommende Events beworben war. Und das Ganze pünktlich zur ersten Folge von WCW Monday Nitro, der neuen montäglichen Konkurrenzshow zu WWF RAW. An einem Tag, an dem RAW nicht ausgestrahlt wurde, hatte die WCW alle Augen der Wrestling Welt auf sich. Und die staunten nicht schlecht, als plötzlich Lex Luger am WCW-Ring erschien und Sting sowie Ric Flair in Augenschein nahm. Eine direkte Kampfansage an die WWF!

Im Schatten von Hulk Hogan ist reichlich Platz

In der WCW angekommen, wurde Lex Luger aber dann gleich das Schicksal vieler bekannter Wrestler dort zuteil. Er wurde als einer von unzähligen Hulk Hogan Widersachern marginalisiert, auch wenn er dadurch noch einmal zu einigen Titel-Matches um die WCW-Krone kam. Etwas besser erging es ihm, als die NWO die WCW terrorisierte. Neben dem „Macho Man“ Randy Savage und Sting wurde Lex Luger zu einem der WCW-Babyface Hoffnungsträger, welche der NWO kühn entgegentraten. Tatsächlich wurde Lex Luger 1997 gar zum ersten WCW-Wrestler, der Hollywood Hulk Hogan das Gold entreißen konnte – wenn auch nur für fünf Tage.

Doch dies sollte der letzte große Haupttitel werden, den Lex Luger in seiner Karriere halten konnte. Zwar konnte er durchaus noch Tag Team Gold sowie eine weitere US-Championship erobern und Namen wie Bret Hart, den „Macho Man“ oder Scott Steiner bei jeweils mindestens einer Gelegenheit besiegen. Auch als NWO-Widersacher, erst in Gestalt als WCW-„Original“ und später als Teil der Gegenfraktion NWO „Wolfpac“, konnte Lex Luger noch lange eine prominente Rolle spielen. Doch zum Ende der 90er hin schwand seine Bedeutung in der Promotion – auch weil eine Bizeps-Verletzung ihn ausschaltete.

Letzte Jahre von eigenen Dämonen überschattet

Matches gegen Booker T und Bill Goldberg, bei denen Lex Luger jedoch jeweils unterlag, stellten die letzten Höhepunkte seines zweiten WCW-Runs dar. Als die WCW 2001 von der WWF aufgekauft wurde, entschied Lex Luger sich bewusst gegen eine Rückkehr zur WWF. Ab 2003 kam er bei TNA unter und trat ansonsten noch in den Indies auf. 2006 bestritt er sein letztes Match.

 

 

Leider sollten es jedoch ab 2003 sehr negative Schlagzeilen abseits des Rings werden, die Lex Luger eher in den Fokus der Wrestling-Fans rückten. Lex Luger führte zu dieser Zeit eine sehr turbulente Beziehung mit Miss Elizabeth, der ehemaligen Ehefrau und On-Air Managerin des „Macho Mans“. Beide waren jedoch hoffnungslos dem Alkohol- und Tabletten-Konsum verfallen und schaukelten sich diesbezüglich hoch, was in Handgreiflichkeiten und wenig später im Drogentod von Miss Elizabeth gipfelte.

Lex Luger ist heute nicht wiederzuerkennen

Lex Luger fiel auch danach durch anhaltende Drogenprobleme und damit zusammenhängende Verurteilungen auf. Doch richtig bitter wurde es für ihn 2007, als er an einer Infektion erkrankte, die zu einer vorübergehenden Querschnittslähmung führte. Eine medikamentöse Behandlung brachte nicht die erhofften Erfolge, sodass Lex Luger enorm an Masse abbaute und in einem langwierigen Prozess das Gehen wieder erneut erlernen musste. In dieser Zeit verlor Lex Luger fast sämtliche Muskeln und ist heute, wenn auch bei guter Gesundheit und frei von Drogen, nicht mehr wiederzuerkennen! Rund ein Jahr später konnte Lex Luger wieder selbstständig laufen.

Seither ist Lex Luger ein sehr gläubiger Mann geworden und scheint mit sich selbst im Reinen zu sein, wenn er offen über seine Geschichte als Wrestler spricht. Seit 2011 ist er bei der WWE als Berater im Rahmen des Wellness-Programms aktiv, welches aktive Wrestler in Gesundheits- und Trainingsfragen berät und für das interne Drogen-Screening der WWE-Wrestler verantwortlich ist. Bis heute (Stand Dezember 2020) ist Lex Luger noch kein Mitglied der WWE Hall of Fame.

Unvollkommen oder überbewertet?

Fragt man zehn verschiedene Wrestling-Fans dazu, wie sie Lex Luger einordnen, bekommt man wohl zwölf verschiedene Antworten, die zwischen „völlig überbewertet“ und „sinnlos verheizt“ rangieren. Fakt ist, dass Lex Luger gerade in seinem ersten WCW-Run gute Anlagen zeigte. 1989 kürte ihn der Wrestling Observer gar zum am deutlichsten verbesserten Wrestler. Doch eben diese „Wrestling Fachpresse“ sollte es auch sein, die Luger später gnadenlos für seine mechanische Arbeit im WWF-Ring verriss. Tatsächlich schien es, als ob Lex Luger nach seiner rund einjährigen Abstinenz vom Wrestling-Ring (1992/1993) nur noch Dienst nach Vorschrift leistete.

Heute erinnern sich viele an Lex Luger am ehesten für einen himmelhochjauchzenden Push in der WWF, der bei allen Fanfaren letztlich ins Nirgendwo führte. Die Schuld dafür allein bei Lex Luger zu suchen, greift jedoch viel zu kurz. Zu offensichtlich wurde er als Hulk Hogan 2.0 positioniert und appellierte damit an einen Zeitgeist, der anno 1993/94 weitgehend verflogen war. Letztlich entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass Lex Lugers größte Pushs kamen, wenn man ihn auf Biegen und Brechen zum Babyface machen wollte, was seiner natürlichen Ausstrahlung immer zuwiderlief.


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