Bildquelle: Miguel Discart [CC BY-SA 2.0], via Flickr.com (Bild bearbeitet)
Brock Lesnar heute
Brock Lesnar ist zweifelsohne ein Wrestler, der sich in den Geschichtsbüchern der WWE verewigt hat. Da können die Fans seiner anno 2019 noch so überdrüssig sein. Fest steht, dass kaum ein anderer WWE Kämpfer einen derart kometenhaften Aufstieg hingelegt hat. Sowohl mit Blick auf das Pro-Wrestling selbst als auch mit Blick auf sportliche Erfolge außerhalb der WWE.
Dabei war Brock Lesnar nie besonders charismatisch im allgemeinen Sinne. Auch am Mikrofon waren seine Qualitäten überschaubar, weshalb ihm sein Freund Paul Heyman stets als redegewandter Manager zur Seite stand. Die Faszination, die von Lesnar ausgeht, liegt in seiner Intensität als Powerhouse-Wrestler, die durch seine Erfolge in der UFC nur noch umso glaubwürdiger ausfällt.
Auch wenn seine Workrate im Ring dieser Tage bisweilen bedrückend minimalistisch ist, weshalb er bei den Fans letzthin unten durch scheint. Dennoch hält die WWE hartnäckig an ihm als absolute Main Event Attraktion fest.
Brock Lesnar - Ein Junge vom Land
Geboren in Webster, South Dakota wuchs Brock Lesnar als der sprichwörtliche “Farmboy“ vom Lande auf. Schon früh arbeitete er körperlich im Landwirtschaftsbetrieb seiner Eltern mit und begeisterte sich für Sport, wobei er ein großes athletisches Potenzial offenbarte. Nach einer überaus erfolgreichen Amateur-Wrestling-Karriere in der Highschool und später am Bismarck State College sowie an der University of Minnesota unterzeichnete Lesnar im Jahr 2000 einen Vertrag bei der WWE. Er wurde zunächst bei OVW eingesetzt, einer damaligen Development Liga der WWE. Dort wurde er dreifacher Tag Team Champion mit Shelton Benjamin. 2002 debütierte er im Haupt-Roster der WWE und gewann gerade einmal fünf Monate nach seinem Debüt, im Alter von 25 Jahren, die WWE-Championship. Dies machte ihn zum jüngsten Champion in der Geschichte dieses Titels. Ferner gewann er im selben Jahr das King of the Ring Turnier und sicherte sich überdies 2003 den Sieg im Royal Rumble.
Doch woher kamen diese gewaltigen Vorschuss-Lorbeeren, die so wohl nie einem anderen Wrestler in der WWE zuteilwurden? Vor allem war Lesnar ein absoluter Ausnahmeathlet. Anders als viele andere reine Powerhouse-Wrestler war Lesnar, eingedenk seines Hintergrunds als Footballspieler und überragender Amateur-Wrestler, im Ring eine Furcht einflößende Erscheinung, der man die Rolle als alles vernichtendes Kraftpaket mühelos abnahm. Die Promotion-Maschine der WWE fackelte nicht lange, ihn als ebensolche Erscheinung zu pushen und wurde es nicht müde, Lesnars Meriten als Amateur-Wrestler zu erwähnen.
Diese waren in der Tat beeindruckend! Lesnar besuchte die Webster Highschool, wo er Football spielte und im Amateurringen antrat. Anschließend besuchte er das Bismarck State College, wo er in seinem zweiten Jahr die Schwergewichts-Wrestling-Meisterschaft der National Junior College Athletic Association (NJCAA) gewann. Er wechselte an die University of Minnesota im Rahmen eines Wrestling-Stipendiums. Lesnar gewann 2000 die Schwergewichts-Wrestling-Meisterschaft der Division I des National Collegiate Athletic Association (NCAA), nachdem er im Jahr zuvor Vizemeister geworden war. Er beendete seine Amateurkarriere als zweifacher NJCAA All-American, 1998er NJCAA Heavyweight Champion, zweifacher NCAA All-American, zweifacher Big Ten Conference Champion und 2000er NCAA Heavyweight Champion mit einem Rekord von 106-5. Ein bemerkenswerter Hintergrund, den er später auch bei seinem Run als Champion im UFC Schwergewicht in die Waagschale schmeißen konnte.
Ein unrühmlicher Abschied bei der WWE
Bei seinem ersten Run in der WWE stieß Lesnar sogleich in die höchsten Sphären vor. Und das mit Ansage. So firmierte er unter dem wenig subtilen Spitznamen "The Next Big Thing". Er besiegte ein Who-is-Who an Gegnern. So feierte er Triumphe über Kontrahenten wie Dwayne "The Rock" Johnson (womit er die Titel von RAW und Smackdown auf sich vereinigte und Undisputed Champion wurde), den Undertaker, John Cena, Eddie Guerrerro, Hulk Hogan und Kurt Angle. Letzteren besiegte er in einem starken Main Event bei WrestleMania 19. Ein Match, das vor allem dadurch in Erinnerung blieb, weil Lesnar einen Shooting Star Press von der Ringecke wagte. Ein Move, der eigentlich nur von High-Flyern gezeigt wird (es handelt sich quasi um einen Rückwärts-Salto, der in einen Body Splash übergeht) und den er in seiner Zeit bei OVW des Öfteren gezeigt hatte. Doch vor großer Kulisse landete er auf seinem Kopf und es glich einem Wunder, dass er sich dabei nicht alle Lichter ausknipste oder gar ernsthaft verletzte. Er konnte das Match noch beenden und sich den Sieg sichern.
So erfolgreich Lesnar in der WWE und so talentiert er grundsätzlich im Pro Wrestling war, sein Herz hing jedoch nie an diesem Sport. Das zeigte sein unrühmlicher Abschied bei der WWE. So traf er 2004 bei WrestleMania 20 auf Bill Goldberg. Ein Wrestler, dessen Aura (ähnlich wie jene von Lesnar) von seiner Physis und Intensität lebte. Was auf dem Papier wie das Zusammentreffen zweier Naturgewalten wirkte, wurde zum absoluten Stinker und gilt bis heute als eines der schlechtesten WrestleMania Matches aller Zeiten. Beide Männer beschlichen sich eine gefühlte Ewigkeit im Ring und zeigten sich generell nur marginal ambitioniert. Bei Goldberg war vorher schon klar gewesen, dass er seinen WWE-Vertrag nicht verlängern würde. Indes kam erst kurz vor der Großveranstaltung heraus, dass auch Lesnar seinen Vertrag nicht verlängern wollte, da er aus heiterem Himmel eine Karriere in der NFL anstrebte. Insbesondere deswegen wurden beide von Anfang von den Fans ausgebuht und reagierten darauf quasi mit Arbeitsverweigerung. Dabei dürfte die größte Missgunst Lesnar gegolten haben. Ihm wurde der rote Teppich in der WWE ausgerollt wie kaum einem vor ihm. Und nun wollte er seine Bekanntheit anderweitig nutzen. Das kam bei den WWE Fans überhaupt nicht gut an! Lesnar verlor das Trauerspiel von einem Match.
Der Traum von der NFL platzt
Seit seinen Highschool-Zeiten hatte Brock Lesnar nicht mehr wettbewerbsmäßig Football gespielt. Er entschied sich, laut eigener Aussage, zu diesem abrupten Wechsel zum Football, da er nicht warten wollte, bis das Alter ihm jegliche Chancen für diese Transition geraubt hätte. Und tatsächlich nahmen ihn die Minnesota Vikings auf, die ihn in einigen Pre-Season Spielen einsetzten. Doch dann schlug das Pech zu. Bei einem Verkehrsunfall zog sich Lesnar mehrere Verletzungen zu, die eine effektive Vorbereitung auf die Saison sabotierten. So platzte sein Traum von der NFL bereits 2004, da ihn die Vikings wieder fallen ließen.
Brock Lesnar besann sich zunächst wieder auf das Pro Wrestling. Zunächst jedoch auf japanischem Boden, wo er für New Japan Wrestling in den Ring stieg und dort IWGP Heavyweight Champion wurde. Das Ganze sogleich in seinem Debüt für die japanische Traditionsliga! Jedoch hinterließ er auch dort verbrannte Erde, da er den Titel nur sporadisch verteidigte und sich alsbald in einen vertraglichen Disput mit NJPW verstrickte. Als die japanische Promotion ihm den Titel formal aberkannte und ein Turnier darum austragen ließ, behielt Lesnar den Titelgürtel einfach. Erst als er sich von seinem guten Freund Kurt Angle besiegen ließ, gab er den Titel aus seinen Händen ab, sodass dieser wieder den Weg zurück zu New Japan fand.
Der erste große Kassenschlager der UFC
In eben jener Zeit machte die UFC immer größere Wellen und die gemischten Kampfkünste (MMA) entwickelten sich zu einer Form des Preiskampfes, die langsam aber sicher im Mainstream ankam. Im Jahr 2006 entschied sich Lesnar für eine Karriere in den MMA, als er bei Hero's unterschrieb und im Juni 2007 seinen ersten Kampf gegen Min-Soo Kim gewann. Anschließend unterschrieb er im folgenden Oktober bei der Ultimate Fighting Championship (UFC). Lesnar verlor bei seinem UFC-Debüt durch Aufgabe gegen Fraunk Mir. Ihm wurde sein Mangel an Erfahrung im Jiu-Jitsu basierenden Bodenkampf zum Verhängnis. Doch dann folgte seine erfolgreichste Phase. Er gewann seinen zweiten UFC-Kampf gegen Heath Herring. Im November 2008 besiegte Lesnar die betagte UFC-Legende Randy Couture und wurde UFC-Schwergewichts-Champion. Kurz nach einer erfolgreichen Titelverteidigung in einem Rückkampf mit Frank Mir musste Lesnar wegen Divertikulitis (eine nicht ungefährliche Entzündung des Dickdarms) pausieren. Er würde bei UFC 116 zurückkehren, um den vakanten UFC-Schwergewichts-Champion Shane Carwin zu besiegen und die Schwergewichts-Meisterschaft somit abermals zu bestätigen.
Lesnar verlor daraufhin die Meisterschaft gegen Cain Velasquez bei UFC 121. 2011 musste er erneut wegen Divertikulitis pausieren und wurde operiert. Lesnar kehrte im Dezember zu UFC 141 zurück und verlor gegen Alistair Overeem. Sowohl die Niederlagen gegen Velasquez als auch gegen Overeem fielen dabei denkbar deutlich aus. Das lag daran, dass Lesnar im Faustkampf nie annähernd so stark war wie als Ringer, was ihm stilistisch gegen dies Gegner klar zum Nachteil gereichte. Er kehrte der UFC daraufhin den Rücken, kehrte jedoch anlässlich UFC 200 (2016) zurück, wo er Mark Hunt via TKO besiegte. Ein Sieg, der ihm aufgrund eines positiven Doping-Tests jedoch aberkannt wurde. Lesnar war eine Sensation für die Kassen der UFC, da er an einigen der meistverkauften Pay-per-View-Events in der UFC-Geschichte teilnahm. Darunter UFC 100 und UFC 116. UFC 100 war mit 1,6 Millionen verkauften PPVs gar die meistverkaufte UFC-Veranstaltung überhaupt und wurde erst durch UFC 202 (Diaz gegen McGregor 2) überboten. Eigentlich war angedacht, dass Brock Lesnar zu einem Kampf gegen den amtierenden Champion im UFC-Schwergewicht, Daniel Cormier, noch einmal zur UFC zurückkehren würde. Dies platzte jedoch an Lesnars Gehaltsvorstellungen.
Ungebrochene Dominanz in der WWE
Im April 2012 kehrte Lesnar zum professionellen Wrestling zurück und trat nach einer achtjährigen Pause wieder in die WWE ein. Zwei Jahre später, bei WrestleMania 30, besiegte Lesnar den Undertaker, um dessen ungeschlagene Streak bei WrestleMania zu beenden. Danach erlangte er dreimal den Weltmeisterstatus, nachdem er 2014 die WWE-Heavyweight Championship und 2017 und 2018 die WWE Universal Championship gewinnen konnte. Sein erster Run als zurückgekehrter WWE Titelträger war dabei mit 504 Tagen der längste in der WWE seit 1988. Wenn überhaupt, so ist sein zweites Intermezzo in der WWE bislang noch dominanter als sein unvergleichlicher Aufstieg zuvor!
Bei den Fans jedoch ist Lesnar seither nicht mehr besonders wohlgelitten. Zwar ist er immer noch ein Zuschauermagnet. Allerdings eher einer, bei dem die Fans es lieben, ihn zu hassen. Dabei wurde er bei seiner Rückkehr 2012 durchaus mit offenen Armen empfangen. Doch seither sind die Fans der relativ gleichförmigen Matches von Lesnar überdrüssig geworden. Auch die Tatsache, dass Lesnar für nur wenige Auftritte im Jahr mehr kassiert als irgendwer sonst bei der WWE, stößt einigen sauer auf.
Und der Umstand, dass die Streak des Undertakers ihm geopfert wurde, stieß bei vielen Fans auf Unverständnis. So galt die Streak in den Augen der Fans immer als Prüfstein, der irgendwann mal einem aufsteigenden WWE Kämpfer, quasi als ultimativer Ritterschlag, zum Vorteil gereichen sollte. Und nicht einem etablierten Topstar wie Lesnar, der dies ohnehin nicht nötig hatte. Allerdings muss man fairerweise zugestehen, dass der Undertaker seither noch weit sporadischer aufgetreten ist als Lesnar und 2014 (als die Streak durch Lesnar beendet wurde) bereits keineswegs sicher war, wie lange der Undertaker überhaupt noch zur Verfügung stehen würde.
Letztlich ist Brock Lesnar das sprichwörtliche gute Pferd, das nicht höher springt, als es muss. Ein Superstar, der sich seines Status voll bewusst ist und den selbst die exklusiven Verträge von der WWE und UFC nicht binden konnten. Stattdessen kommt er mal vorbei, wenn ihm gerade danach ist. Und wenn die Kasse stimmt. Privat kam im Juni 2020 einiges auf Brock Lesnar zu, als die ehemalige WWE-Diva Terri Runnels ihn der sexuellen Belästigung bezichtigte. So soll es sich im Jahre 2004 zugetragen haben, dass Lesnar seiner Kollegin unaufgefordert sein Geschlechtsteil zeigte (Stand Juni 2020)!