Bildquelle: C. Martino CC BY-SA 4.0 [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)
Der Stand der Dinge bei der Tour de France 2020
Die zehnte Etappe führte von Île D’Oléron nach Île de Ré und war eine der wohl flachsten Angelegenheiten bei dieser sehr bergigen Tour de France. Überdies war die Etappe (insbesondere für eine Flach-Etappe) mit rund 168 Kilometern nicht besonders lang. Ein Tag, den sich die Sprinter nicht nehmen lassen würden. Trotz der Bemühungen der beiden Ausreißer Stefan Küng und Michael Schär, die bereits 100 km vor dem Ziel wieder eingesackt wurden.
Allerdings sollte ein Crash das Feld 17 Kilometer vor der Ziellinie splitten, wodurch unter anderem Alejandro Valverde und Migel Ángel Lopez noch einmal unverhofft unter Druck kamen, jedoch wieder aufschließen konnten. Im Massensprint setzte sich Sam Bennett durch, der eine exzellente Vorarbeit seines Lead Out Sprinters Michael Morkov nutzte und dadurch wieder ins grüne Trikot schlüpfte.
Peter Sagan verliert an Boden
Etappe Nummer elf war abermals eine der eher dünn gesäten Gelegenheiten für einen Massensprint und verlief von Châtelaillon-Plage nach Poitiers. Wie am Vortag war auch diese Etappe flach und nicht allzu lang. Kämpfer des Tages war wohl der Franzose Mathieu Ladagnous, der als alleiniger Angreifer vorneweg fuhr, obwohl das Feld nicht gewillt war, hier viel zuzulassen. Eine Gruppe von Verfolgern formierte sich ebenfalls, konnte aber zu keinem Zeitpunkt zum Franzosen an der Spitze aufschließen. Nachdem die Verfolger vom Feld geschluckt wurden, war der Vorsprung von Ladagnous auf eine Minute zusammengeschrumpft. Jedoch fand der Franzose zweiten Wind und konnte noch einmal auf drei Minuten erhöhen, wurde aber letztlich 43 Kilometer vor dem Ziel gestellt.
Der end-schnelle Caleb Ewan setzte sich im Massensprint abermals auf den Schlussmetern durch und fuhr seinen zweiten Etappensieg ein. Peter Sagan, der als Zweiter über die Linie fuhr, bekam wegen gefährlichem Sprints Punkte aberkannt. Ein empfindlicher Schlag für dessen Ambitionen um das grüne Trikot, denn Sam Bennett war auch ganz vorne mit dabei und konnte sich einige Punkte sichern, um seinen Vorsprung auszubauen.
Umkämpfte sowie längste Etappe bei dieser Tour de France
Etappe zwölf startete in Chauvigny und es ging nach Sarran. Eine hügelige Affäre über 218 Kilometer, die auch eines Eintagesrennens würdig gewesen wäre. Entsprechend aggressiv ging es hier zu Werke und es fand sich alsbald eine Ausreißergruppe bestehend aus Imanol Erviti, Luis Léon Sánchez sowie den beiden deutschen Radsportlern Nils Politt und Max Walscheid. Später konnten sich noch Mathieu Burgaudeau und Kasper Asgreen anschließen. Das nun sechsköpfige Gespann konnte jedoch zu keinem Zeitpunkt mehr als drei Minuten Führung herausfahren. 50 Kilometer vor dem Ziel waren die Ausreißer an der Spitze auf Asgreen und Erviti zusammengeschmolzen. Eine neu formierte Verfolgergruppe saß ihnen im Nacken.
Aus eben dieser Gruppe war es der starke Schweizer Marc Hirschi, der dort attackierte und alsbald die Führung übernahm. In der finalen Abfahrt des Rennens ging Hirschi großes Risiko, belohnte sich aber mit einem Ausbau seiner Führung, den er über die Ziellinie retten konnte. Ein verdienter Etappensieg für den Schweizer, der schon in einigen vorherigen Etappen beherzt in Erscheinung getreten war. Der deutsche Radrennfahrer Max Schachmann kam als Sechster über die Ziellinie und konnte seinerseits etwas Zeit gut machen.
Die Zeitabstände werden größer
Die 13. Etappe führte in die Berge. Und zwar von Châtel-Guyon nach Puy Mary. Eine lange Bergetappe von über 190 Kilometern und mit sieben Bergwertungen, wobei die erste Bergwertung sowie die abschließende Bergankunft Berge der ersten Kategorie waren. Es gab zahlreiche Attacken und wechselnde Ausreißer Konstellationen an der Spitze. Dabei traten auch viele deutsche Radsportler in Erscheinung. Simon Geschke, Nils Politt, Max Schachmann und Lennard Kämna beteiligten sich hier alle offensiv am Geschehen an der Front. Auch der bei dieser Tour de France angriffslustige Amerikaner, Neilson Powless, war wieder mit dabei.
Eingedenk dieser offensiven Fahrweise war das Feld zum Ende der Etappe hin zehn Minuten distanziert, sodass klar war, dass die Ausreißer diese Etappe unter sich ausmachen würden. 40 Kilometer vor dem Ziel gingen Schachmann und Powless allein davon. 18 Kilometer vor dem Ziel ging dann Schachmann allein los, doch Lennard Kämna und der Kolumbianer Daniel Felipe Martínez schlossen zu ihm auf. Am letzten Anstieg musste Schachmann dann abreißen lassen und Kämna lieferte sich mit Martínez den entscheidenden Schlussspurt, wobei sich der Kolumbianer jedoch durchsetzte. Bemerkenswertes gab es jedoch auch unter den Klassement-Fahrern zu berichten. Als Tadej Pogacar angriff, war nur Primoz Roglic fähig, ihm dauerhaft zu folgen. Roglic blieb in Gelb, doch sein jüngerer Landsmann Pogacar war im Klassement nun auf Rang zwei. Der Tour de France Sieger des Vorjahres, Egan Bernal, rutschte auf Rang drei ab. War das Zurückhaltung oder ein Zeichen von Schwäche?
Volle Attacke auf das grüne Trikot
Etappe Nummer 14 ging von Clermont-Ferrand nach Lyon und verlief hügelig über 194 Kilometer. Cees Bol, Edward Theuns und (nach kurzer Jagd) Stefan Küng waren die ersten Ausreißer des Tages. BORA-Hansgrohe trat jedoch hart in die Pedale, um das grüne Trikot an den doch recht lang gezogenen Hügeln zu attackieren. Und tatsächlich bekam Sam Bennett, der auf Steigungen allergisch reagiert, Probleme, was Peter Sagan Gelegenheit gab, bei Zwischensprints Punkte gutzumachen. Es formte sich eine Gruppe hinter dem Peloton um Sam Bennett, der Mühe und Not hatte, wieder aufzuschließen und letztlich nur noch hinterherfahren konnte. Derweil war Küng an der Spitze der letzte verbleibende Ausreißer.
Es formte sich eine schnelle Verfolgergruppe um Peter Sagan (sehr zum Leidwesen von Sam Bennett). Auch weil sich mit Matteo Trentin und Greg Van Avermaet starke Fahrer anschlossen, die ebenfalls Führungsarbeit leisteten. 80 Kilometer vor dem Ziel war Küng gestellt. Danach versuchten immer wieder diverse Angreifer, dem reduzierten Feld an der Spitze zu entgehen. Darunter Attacken von Lennard Kämna, Julian Alaphilippe, Thomas de Gendt und Marc Hirschi. Doch die entscheidende, am besten getimte Attacke kam von Dänemarks Søren Kragh Andersen, der eine Lücke schlagen konnte, die er bis zum Ende zu verwalten vermochte. Die Gruppe um Peter Sagan kam 15 Sekunden hinter ihm über die Linie, wobei der Sprint-Kapitän von BORA-Hansgrohe Vierter wurde. Wichtige Punkte für Peter Sagan, auch wenn die Führung von Sam Bennett in der Punktewertung zu diesem Zeitpunkt noch recht deutlich war. Doch an diesem Tag musste der Ire leiden. Und das im Vorfeld der bis dahin wohl härtesten Bergetappe, die am nächsten Tag folgen sollte.
Die Favoriten übernehmen das Zepter
Die 15. Etappe von Lyon nach Grand Colombier war nochmal ein richtiger Knüppel vor dem zweiten Ruhetag. Eine Bergetappe mit einer Bergankunft der höchsten Kategorie. Und dieser waren noch zwei erste Kategorien dicht an dicht vorgelagert. Es lag eine weitere Standortbestimmung um das Gesamt-Klassement förmlich in der Luft! Doch die erste Hälfte der Etappe verlief sehr flach, sodass sich einige Ausreißer etwas ausrechneten. Nach 30 gefahrenen Kilometern konnten sich Matteo Trentin, Simon Geschke, Pierre Rolland, Michael Gogl, Marco Marcoto, Jesús Herrada, Kévin Ledanois und Niccolò Bonifazio absetzen und eine Lücke von vier Minuten schlagen. Am ersten der drei Anstiege des Tages unternahmen Herrada, Geschke und Rolland den Versuch, sich von ihren Ausreißer-Kollegen abzusetzen. Doch letztlich war es Michael Gogl, der zuerst über die erste Bergwertung fuhr.
Am kurz darauffolgenden zweiten Anstieg machte Jumbo Visma im Namen von Primoz Roglic Tempo, woraufhin zerstreute Ausreißer nach und nach geschluckt wurden und sich die Spitzengruppe um die Favoriten stetig verkleinerte. Pierre Rolland holte derweil die meisten Bergpunkte an diesem Gipfel. Hinter ihm Gogl und Herrada. Am finalen Anstieg fuhren nur noch Gogl und Rolland vorneweg. Zu diesem Zeitpunkt war es jedoch nur noch Formsache, dass diese Beiden auch eingeholt werden würden. Denn Jumbo Visma war in der reduzierten Favoriten-Gruppe dahinter immer noch eminent stark vertreten – mit Primoz Roglic und fünf Helfern.
Egan Bernal ist geschlagen!
Guillaume Martin gleich zu Beginn des Anstiegs mit Riesenpech. Durch eine technische Panne flog er aus der Gruppe um das gelbe Trikot heraus. Von den beiden verbliebenen Ausreißern fasste sich Pierre Roland nochmal ein Herz und attackierte im Anstieg. Gogl konnte nicht mehr folgen und wurde wenig später von der Favoriten-Gruppe eingeholt. Derweil konnte Guillaume Martin wieder mit einem Helfer an diese Gruppe heranfahren, musste dafür aber natürlich wertvolle Kraft aufwenden. Bei noch zu fahrenden 13 Kilometern wurde auch Rolland geschluckt. Derweil kullerten Egan Bernal und Nairo Quintana aus der Spitzengruppe. Team Ineos in diesem Moment geschlagen! Auch Richard Carapaz war schon abgemeldet. Hier zeigte es sich, wie bitter das Fehlen von Geraint Thomas war.
Team Jumbo Visma nun mit der Chance, hier alles in Grund und Boden zu Fahren. Sie waren immer noch zu fünft! Doch auch gut platzierte Fahrer wie Rigoberto Uran, Tadej Pogacar, Migel Ángel Lopez, Adam Yates und Mikel Landa witterten nun die Chance, das Podium zu attackieren bzw. zu verfestigen. Sieben Kilometer vor dem Ziel waren noch rund 15 Fahrer in der Spitzengruppe. Adam Yates in dieser Phase mit der Attacke! Wohl, um auf Etappensieg zu fahren. Roglic hatte noch genug Zeit auf ihn, um hier nicht mitgehen zu müssen. Doch die Attacke von Yates wurde ohnehin wieder zu gefahren. Eine weitere Attacke sollte bis zum Zielsprint nicht mehr folgen. Wohl weil auch viele Klassement-Fahrer durch das Straucheln von Bernal und Quintana bereits profitierten. Im Schlussspurt setzte sich Tadej Pogacar vor Primoz Roglic durch, der in Gelb blieb. Bernal hingegen der Verlierer des Tages. Er kullerte aus den Top 10 und bekam mehrere Minuten eingeschenkt.
Der Kreis der Favoriten dünnt sich aus
Die Phase zwischen den Beiden Ruhetagen bescherte doch einige klare Indikatoren, wer sich bei dieser Tour de France 2020 was ausrechnen kann. Primoz Roglic hat seine Favoritenrolle eindrucksvoll bestätigt und das gelbe Trikot über die gesamte Phase zwischen den Ruhetagen verteidigen können. Auch seine Helfer, wie Tom Dumoulin, Sepp Kuss oder Wout Van Aert scheinen voll auf der Höhe sein. Überraschend, vor allem in dieser Deutlichkeit, war der Einbruch von Egan Bernal. Er wird im Kampf um die Spitze keine Rolle mehr spielen. Auch weil es ihm an starken Helfern fehlt, da Thomas und Froome nicht dabei sind und Carapaz in dieser Rolle wohl nicht die Erwartungen erfüllen konnte. Allerdings ist mit Tadej Pogacar ein anderer Slowene am Start, der bislang sehr stark aussieht, jedoch nicht den qualitativen Team Support wie Roglic hat. Auch Rigoberto Uran und Miguel Ángel Lopez könnten noch ein Wörtchen mitreden.
Sam Bennett hat derweil eine komfortable Führung in der Punktewertung inne. Und viele Etappen, auf denen sein grünes Trikot noch ernsthaft angegriffen werden kann, werden nicht mehr kommen. Doch BORA-Hansgrohe haben nun schon zweimal gezeigt, dass sie gewillt und fähig sind, das grüne Trikot kollektiv anzugreifen. Doch das wird eine Herkulesaufgabe. In der Bergwertung führt kurioserweise immer noch Benoit Cosnefroy, obwohl er seit der neunten Etappe keinen einzigen Punkt mehr geholt hat. Doch die Fleißarbeit aus zahlreichen Attacken und Ausreißer-Kilometern zu Beginn der Tour, hält ihn noch gerade so an der Spitze. Hinter ihm lauert bereits Tadej Pogacar, der mit seiner aggressiven Fahrweise an den entscheidenden Bergen wohl noch zulegen wird.
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