Davis neuer WBA-Weltmeister im Leichtgewicht nach Sieg über Gamboa

Davis neuer WBA-Weltmeister nach Sieg über Gamboa

Bildquelle: Warren LeMay from Cincinnati, OH, United States [CC0] CC BY-SA 0 [CC BY-SA 0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Aus der State Farm Arena in Atlanta gab es den letzten großen Boxabend des Jahres 2019 zu sehen. Dieser wartete sogleich mit zwei Weltmeisterschaften im Boxen auf. Im Halbschwergewicht bekam Altmeister Jean Pascal es mit Badou Jack zu tun. Und im Hauptkampf wollte der ungeschlagene Gervonta Davis in seinem Debüt im Leichtgewicht sogleich einen Titel erobern.

Los ging es mit einem Boxkampf im Supermittelgewicht: Venezuelas Jose Uzcategui (29-3) gegen Lionell Thompson (21-5). Hier erwischte der Außenseiter Thompson den besseren Start, als er Uzcategui am Ende der Ersten mit einer Eins-Zwei-Kombination niederschlug. Uzcategui zunächst mit Problemen, den smart boxenden Thompson zu stellen. Dieser war mit wohldosierter Beinarbeit gut unterwegs und kontrollierte das Geschehen im Boxring gut mit seinem effektiven Jab. Uzcategui hatte hier wirklich Probleme, Zugriff zu bekommen. Er war zwar der augenscheinliche Aggressor und ging ständig nach vorne. Doch boxerisch machte Thompson den Kampf. Einen Schreckmoment gab es in der Dritten für ihn, als er sich einen Cut über dem rechten Auge einhandelte. Doch glücklicherweise bekam die Ecke von Thompson diesen Cut gut in den Griff.

Thompson siegt technisch diszipliniert

In der Vierten bekam Thompson dann einen Punkt abgezogen, weil er angeblich gehalten hatte. Doch der Ringrichter gab ein wenig den Selbstdarsteller und ließ quasi überhaupt keine Clinch-Situationen zu. Insofern war der Punktabzug recht albern, da Thompson nicht wirklich gehalten hatte. Genauso wenig wie Uzcategui. Trotzdem wurden beide ständig vom Ringrichter gewarnt, nicht zu halten, wann immer sie einander zu nahe kamen. Die ersten sechs Runden gingen nahezu alle an Thompson, der den Kampf kontrollierte. Insbesondere weil Uzcategui zu sehr auf der Suche nach dem perfekten Punch war und den Boxring nicht klein genug machte, sodass er zu wenig schmiss und Thompson fast immer den Platz finden konnte, um im Rückwärtsgang zu boxen.

Erst ab der siebten von zehn angesetzten Runden konnte Uzcategui etwas mehr Gefahr ausstrahlen. Möglicherweise zeigte jetzt der Weight-Cut von Thompson, der erstmals in dieser Boxen Gewichtsklasse kämpfte, Effekte. Allerdings musste Thompson auch viel arbeiten. Und sein Jab blieb weiter effektiv. Auch die defensive Arbeit von Thompson war nicht von schlechten Eltern, da er vielen Schlägen den Stachel zog, indem er mit guten Meidbewegungen mit den Schlägen rollte. An dieser grundsätzlichen Textur änderte sich auch nichts Wesentliches. Der Kampf ging letztlich über die zehn Runden. Thompson konnte ein verdientes Punkturteil zu seinen Gunsten erstreiten. Uzcategui war taktisch einfach zu limitiert aufgetreten, um der Finesse von Thompson dauerhaft etwas entgegenzusetzen.

Zwei vom alten Eisen unter sich

Es folgte der Co-Main Event im Halbschwergewicht: Kanadas Jean Pascal (34-6-1) gegen Schwedens Badou Jack (22-2-3). Ein Boxkampf zwischen zwei bekannten Boxern im Zwielicht ihrer Karriere. Dabei ging es um die WBA-Krone im Halbschwergewicht. Pascal der verteidigende Champion. Er war früher schon einmal der unumstrittene Boxweltmeister im Halbschwergewicht gewesen. Acht Jahre später konnte er den WBA-Titel wieder gewinnen. Die längste Zeitspanne zwischen zwei Regentschaften, die es in dieser Gewichtsklasse je gegeben hatte!

Runde eins war gleich relativ umkämpft. Pascal zeigte sich aggressiver. Der unorthodoxe Kanadier war explosiver und schmiss mehr Volumen. Jack dafür aber akkurater und mit dem wohl besten Treffer der Runde. Beide arbeiteten früh zum Körper. Pascal allerdings mit wesentlich mehr Output. In der Zweiten blieb Pascal mit dem Fuß auf dem Gaspedal. Er schmiss fast ausschließlich schweres Leder und mehr Volumen. Dadurch die Zweite bei ihm – allerdings investierte er auch recht viel.

Pascal stiehlt dir frühen und mittleren Runden mit unorthodoxer Aggression

In Runde drei konnten beide einander wirkungsvoll treffen. Doch abermals war Pascal der aggressiv aktivere der beiden Kämpfer. Auch versäumte er es in der Dritten nicht, die Runde abermals stark zu beenden. Badou Jack sah zwar auf Distanz aufgrund seines besseren Jabs recht gut aus, musste aber das Volumen erhöhen. Runde vier lief dann zunächst besser für Jack, der bei zwei Gelegenheiten im Verlauf der Vierten gut treffen konnte. Pascal wirkte auf einmal etwas unkonzentrierter. Doch es war ein wilder rechter Haken nahe dem Ende der Runde, der in einem Niederschlag gegen Badou Jack resultierte! Bis dahin war es eigentlich eine Runde für ihn gewesen, die ihm aber auf den letzten Metern flöten ging!

 

 

In den Runden fünf und sechs war der Kampf eng. Doch die technische Präzision von Jack gewann langsam die Oberhand. Pascal zwar weiterhin gefährlich, da er alles mit Wucht schmiss. Am Ende der Sechsten versäumte er es erstmals, die Runde mit einer starken Serie zu beenden. Ein Zeichen, dass er hier begann zu schwinden? In Runde sieben nahmen beide den Fuß vom Gas, wodurch die Runde in diesem ansonsten sehr unterhaltsamen Boxkampf zwischen zwei Veteranen etwas taktisch verhalten ausfiel. Doch am Ende der Runde war es dann wieder Jean Pascal, der in den letzten zehn Sekunden aggressiv viel investierte und dabei den wohl besten Treffer der Runde landete. Möglicherweise genug, um diese siebte Runde zu stehlen.

Schlussoffensive von Badou Jack reicht nicht aus

In Runde acht hatte Pascal dann Probleme. Ein rechter Haken im Nahbereich kam dem Versuch eines Aufwärtshakens von Pascal zuvor. Dadurch wurde er schwer getroffen. Jack folglich mit Oberwasser! Pascal blieb jedoch auf den Beinen, auch als weitere Treffer folgten. In den Runden neun und zehn folgten zwei enge Runden. Beide wiesen hier eine gute Kondition nach, gemessen daran, dass sie beide bereits Treffer einstecken mussten und auch jeweils viel zum Körper aushalten mussten. Allerdings setzte sich Jacks boxerische Überlegenheit gefühlt immer etwas mehr durch. Der unorthodoxe Pascal war immer auf wilde Anstürme angewiesen, die oft auch gefährlich aussahen, wenn sie kamen. Doch kamen sie seltener und seltener.

In Runde elf war klar, dass Pascal hier konditionell auf Reserve lief. Seine Körpersprache war diesbezüglich vollkommen unmissverständlich. Dennoch blieb er mit seinem linken Haken gefährlich. Ansonsten war Jack nun in Kontrolle. In Runde zwölf brannte Jean Pascal dann richtig der Kittel! Jack erwischte ihn klar, Pascal versuchte so lange wie möglich auf den Beinen zu bleiben, krachte aber dann Stirn voran in die Seile! Danach war er nur noch am Überleben und klammerte strategisch ab, um nicht noch einen weiteren Niederschlag zu erdulden. Dies gelang ihm, doch die letzte Runde hatte er dadurch deutlich verloren.

Letztlich ging ein knappes Punkturteil an Pascal. Das wirkte dem späten Kampfverlauf zwar unangemessen, war aber grundsätzlich zu rechtfertigen, da Badou Jack zu viele Runden in den ersten zwei Dritteln des Kampfes abgegeben hatte. Das übliche Risiko, wenn man darauf baut, dass der Gegner konditionell schwindet: Ein solcher Plan kann an den Punktzetteln schiefgehen, selbst wenn er im Kampfverlauf Früchte zeigt. Nicht Anderes war hier passiert.

Gamboa früh negativ beeinträchtigt

Zeit für den Hauptkampf im Leichtgewicht: Gervonta Davis (22-0) musste gegen den betagten Veteranen Yuriorkis Gamboa (30-2) aus Kuba ran. Es ging um die vakante WBA-Weltmeisterschaft im Leichtgewicht. Davis ein enorm schlagkräftiger Boxer mit einer krachenden KO-Rate von über 95%! 21 seiner 22 Siege waren via KO zustande gekommen – oftmals innerhalb der frühen Runden! Der 13 Jahre ältere Gamboa (38 gegenüber 25 Jahren) war hier klar der Außenseiter. Vor allem weil Gamboa dafür bekannt war, dass er schon über ein Dutzend Niederschläge gegen sich hatte hinnehmen müssen. Acht davon allein in seinen letzten Kämpfen!

Die Power von Davis offenbarte sich, wie zu erwarten war bereits früh. Er landete einige krachende linke Geraden. Gamboa konnte jedoch bei zwei Gelegenheiten gut kontern und landete einen rechten Haken, der Davis ein wenig Respekt abnötigte. Die erste Runde jedoch wohl eher bei Davis, der dieser Runde seinen Stempel aufdrücken konnte. Der Output beider Männer bis hierhin noch überschaubar. In Runde zwei wurde Gamboa dann nach zwei Jabs von einem linken Haken getroffen und war sofort angeklingelt. Danach konnte er sich noch über Abklammern retten. Doch war er auf wackeligen Beinen. Wohl aber auch, weil etwas nicht stimmte. Anschließend schien es, als ob Gamboas rechter Schuh defekt war! Seine Ferse rutschte hinten sichtbar über die Sohle. Auch bewegte er sich komisch. Dennoch musste er weiterkämpfen! Eine sonderbare Situation, die Gamboa nicht weiterhalf.

Davis nimmt fast jede Runde, schwindet aber zusehends

In den folgenden Runden landete Davis weiterhin die besseren Treffer. Auch weil er sich nicht allein auf seine Power verließ, sondern das hier solide runterboxte. Gamboa zwar präsent genug, um zu überleben, doch konnte er auch in der Folge keine einzige Runde gewinnen. Die Schuh-Situation half natürlich nicht weiter. Erst in der Siebten verschaffte Gamboa sich ein wenig Respekt vom Power Puncher, als er endlich zum Leben erwachte und wesentlich mehr Schläge schmiss. Genug, um die Runde über das Volumen zu nehmen, da Davis sehr dosiert kämpfte. Dennoch war Gamboa hier nach wie vor deutlich im Hintertreffen.

In Runde acht war der Output von Davis dann nahezu homöopathisch! Möglicherweise setzte ihm der Weight-Cut zu, denn Davis hatte erst im nachträglichen Wiegen das Gewicht bestätigen können. Gamboa plötzlich mit Oberwasser – allein über das Volumen! Doch eine wilde Linke von Davis am Ende der Runde sendete Gamboa auf den Hosenboden! Dieser konnte zwar wieder hochkommen und wurde von der Glocke gerettet, doch eine Runde, die bis dahin ihm gehört hatte, war auf einen Schlag weg!

 

Davis erstmalig jenseits der Neunten

Runde neun war dann ein reiner Überlebenskampf für Gamboa, der abermals ein paar Mal deutlich getroffen wurde und alle Taktiken anwendete, um weiteren Schlägen zu entgehen. Gleichwohl Davis selbst konditionell angeknackst wirkte, konnte Gamboa kein Kapital daraus schlagen, was zeigte, dass er hier selbst auf Reserve kämpfte. Die Treffer waren nicht spurlos an ihm vorübergegangen.

Runde zehn folgte. Noch nie hatte Davis so viele Runden kämpfen müssen! Würde hier noch was gehen für Gamboa? Ausschließen konnte man es nicht. Davis führte zwar überdeutlich, aber er war konditionell offenbar nicht mehr auf der Höhe. Allerdings Gamboa nicht mit den Mitteln, daraus das mögliche Kapital zu schlagen. Er landete zwar einige gute Treffer und konnte vielleicht die Runde nehmen. Doch mit Runden allein würde Gamboa diesen Boxkampf nicht mehr nehmen können. Dafür war er auf den Punktzetteln viel zu abgeschlagen. In Runde elf testete Gamboa dann weiterhin den Gastank von Davis, indem er sich viel auf ihn lehnte. So gewann er zwar nicht die Runde, setzte aber möglicherweise alles auf die Zwölfte.

Ein später KO-Sieg wirft mehr Fragen auf, als er beantwortet

Doch wenn das Gamboas Plan gewesen sein sollte, dann kam dem ein linker Aufwärtshaken im Konter von Davis zuvor. In Runde zwölf war es nämlich eben dieser, der Gamboa zum letzten Mal auf die Bretter schickte. Nach einem prüfenden Blick winkte der Ringrichter den Boxkampf ab! Davis wurde somit in seinem ersten Kampf im Boxen Leichtgewicht Boxweltmeister in dieser Gewichtsklasse! Allerdings erwies sich im Nachhinein, dass Gamboas Achillessehne wohl seit Runde zwei gerissen war. Unfassbare Zähigkeit vom Kubaner!

Entsprechend schweben viele Fragezeichen über diesem Kampf, aus dem man nicht viel lesen kann. Denn wenn Davis gegen einen verletzten Gamboa, der seine besten Tage ohnehin klar hinter sich hat, zwölf Runden braucht, um diesen zu überwinden, dann stellt sich die Frage, inwieweit sich seine Power wirklich ins Leichtgewicht übertragen lässt. Der schwierige Weight-Cut von Davis macht diese Einschätzung auch nicht leichter. Er konnte zwar den Titel gewinnen, doch der klare Nachweis, dass er in dieser Gewichtsklasse ebenfalls zu den Besten gehört, war es wahrlich nicht! Hätte er es hier mit einem jüngeren und vor allem nicht verletzten Widersacher von Qualität zu tun gehabt, dann hätte das hier ganz anders ausgehen können.


Boxen News

Aktuelle Boxen News

Die besten Boxkämpfe 2022 - Blick auf die vergangenen Highlights

Das Jahr 2022 war aus sportlicher und vor allem aus boxerischer Sicht ein wahrer Leckerbissen ...

Tyson Fury will 12 Kämpfe im nächsten Jahr – Pascal trifft auf Eifert

Tyson Fury bleibt der König des Schwergewichts im Boxen. Der WBC-Champion besiegte am ...

Sergey Kovalev siegt bei seinem Comeback souverän gegen Tervel Pulev

In der Nacht von Samstag zu Sonntag fand in Kalifornien das Comeback von Sergey Kovalev auf dem ...

Tyson Fury besiegt Dillian Whyte via K.o. und gibt Karriereende bekannt

94.000 Zuschauer waren gestern Abend im Wembley Stadion Zeuge als Tyson Fury seinen Widersacher ...

Die besten Boxer aller Zeiten - Wer waren die größten Kämpfer in der Geschichte?

Wer waren die größten Boxer aller Zeiten? Dieser Frage geht Sport-90 heute ein wenig ...

Boxen: Gennady Golovkin besiegt kämpferischen Ryota Murata via TKO

Erfolgreiches Comeback von Gennady Golovkin in Japan! Der Kasache, der gestern 40 Jahre alt ...


Werbung