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Feigenbutz und Yildirim feiern Siege bei Sauerland Event in Ludwigshafen
Boxen auf einem Niveau, das im internationalen Vergleich sehr blass aussieht, unverfrorene Aufbaukämpfe gegen Tomatendosen und dubiose Punktentscheide, wenn selbst das nicht funktioniert. Das Sauerland Event hatte wieder alles, was man damit letzthin in Verbindung bringen musste – leider! Stand Sauerland einst nahezu synonym für die goldenen Zeiten im deutschen Boxsport, so ist es jetzt dessen Insolvenzverwalter.
Auch dieses Event in Ludwigshafen offenbarte wieder alle Symptome eines hierzulande marginalisierten Boxsports. Und es kommen – schon wieder – ernst zu nehmende Zweifel auf, ob Sauerland nicht sehr viel mehr Teil des Problems als einer möglichen Lösung ist.
Fallobstlese auf der Undercard
Bereits der erste Kampf war absolut symptomatisch. Sanel Hasanovic (Cruisergewicht) debütierte. Für ihn sollte es mit Pauken und Trompeten gegen den Tschechen Jan Hzardira (2-10) losgehen. Das ging jedoch gründlich in die Binsen. In der Zweiten von vier Runden landete der Tscheche einen Uppercut, der Hasanovic möglicherweise die Nase brach. Danach war der Tscheche, den man noch mit viel Wohlwollen als Journeyman beschreiben könnte, klar besser. Doch die Punktrichter entschieden auf Unentschieden. Wieder einmal offensichtliche Schadensbegrenzung durch die Punktrichter – und das bei einem Debütanten! Es sollte nicht die einzige Kontroverse dieser Art am gestrigen Abend bleiben.
Danach kämpfte Sukru Altay (6-0) gegen Geriso Aduashvilli (6-1) um den GBU-Inter-Continental Titel im Halbschwergewicht. Eine mehr als alberne Titelansetzung! Vordergründig waren die beiden Kampfrekorde zwar nahezu identisch. Bis man sich dessen gewahr wurde, dass der Gegner aus Georgien noch nie jemanden besiegt hat, der auch nur einen einzigen Sieg auf dem Konto hatte! Der kombinierte Kampfrekord aller sechs Gegner, die der Georgier bezwingen konnte, beträgt legendäre 0-29-3! Wieso bekommt so jemand einen Titelkampf? Weil er ihn verlieren soll! Dem kam der chancenlose Georgier vorbildlich nach.
Das Kaspertheater geht weiter
Im Anschluss kämpfte Schwergewichtler Marko Radonjic (11-0) gegen Samir Barakovic (3-24). Auch hier erfüllte der Bosnier mit dem illustren Kampfrekord seine Aufgabe ohne Überraschungen und fügte seinen zwei Dutzend Niederlagen eine weitere hinzu. Wann kämpft der ungeschlagene Radonjic eigentlich mal gegen jemanden mit einer positiven Kampfbilanz? Record Padding vom Feinsten!
Etwas erfreulicher war der folgende Kampf zwischen Slawa Spomer (2-0) und Benjamin Skender (5-8). Hier konnte Spomer seinen dritten Sieg durch Knock-out gegen einen angemessenen und wenigstens halbwegs brauchbaren Gegner einfahren. Ein Mittelgewicht, das man mal auf Verdacht im Auge behalten sollte.
Für Simon Zachenhuber (2-0) ging es gegen Andrei Dolhozhyieu (10-35-2), eine Vollgurke, die seit März 2016 nichts mehr gewonnen hat und mit über 20 Niederlagen seither auch am gestrigen Abend zuverlässig lieferte. Eingedenk Zachenhubers Frischlings-Status kann man noch darüber hinwegsehen. Aber jeder Boxfan weiß, was diese Kämpfe sind und was sie nicht sind. Das sollten auch Sauerland und seine Matchmaker mal langsam kapieren, die es mit Ansetzungen solcher Art vollkommen übertreiben.
Mehr vom selben
Ahmad Ali (12-0-1) gewann klar nach einem Aufwärtshaken gegen den Finnen Mika Joensuu (14-9). Auch hier wieder so ein Fall, wo die Kampfbilanzen vordergründig wenigstens einigermaßen auf Augenhöhe schienen. Zumindest wenn man das oft bemühte Argument (oder eher das Klischee) der “Erfahrung“ zugunsten des notorischen Verlierers bemüht. Denn nichts Geringeres ist Mika Josensuu mittlerweile, der vor dem gestrigen Abend bereits neun seiner letzten zwölf Kämpfe verloren hatte.
Und warum Deniz Ilbay mit einer gestandenen Bilanz von 19-1 gegen einen Jean-Pierre Habimana (9-13-3) kämpft, der nur drei seiner letzten zehn Kämpfe gewinnen konnte, wird wohl auch ein ewigliches Sauerland-Geheimrezept bleiben. Überflüssig zu sagen, dass Ilbay den Kampf mit Leichtigkeit gewann – wenigstens forderte er danach Sebastian Formella heraus. Das klingt schon eher nach einem Kampf!
Für Albon Pervizaj (9-0) ging es immerhin gegen Nico Wagner (5-0), einen ungeschlagenen Dosenquetscher mit 100% knock-out Rate. Allerdings war es Wagner selbst, der sich am falschen Ende eines Knock-outs wiederfinden sollte, als Pervizaj ihn mit einer Rechten bereits in der Ersten auf die Bretter schickte. Zwar raffte sich Wagner wieder auf, doch war er sichtbar angeschlagen, sodass der Ringrichter zu Recht den Kampf beendete.
Auch der Co-Main Event ließ tief blicken
Bildquelle: By Immanuel Giel [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)
Super-Mittelgwicht Avni Yildirim (20-1) traf auf den 46-jährigen Dänen Lolenga Mock (42-14-1). Trotz seines hohen Alters war Mock der wohl größte Test für Yildirim, seit dessen klarer Niederlage gegen Chris Eubank Jr. Mock ist in Dänemark so etwas wie Lokalmatador und kämpft dort sicherlich nicht auf dem höchsten, aber dennoch auf einem guten Level. Insbesondere gemessen daran, dass er klar über seinen Zenit hinaus ist.
Das dänische Urgestein startete anständig gegen Yildirim und zeigte, dass er immer noch gute Hände hat. Doch Yildirim erwischte ihn mit einem harten Konter, der in einem Niederschlag resultierte.
In den folgenden Runden jedoch verlagerte der Kampf sich mehr und mehr in den Infight. Etwas, was dem betagten Veteranen zupassekam, da er sich in einem solchen Stellungskrieg nicht so sehr mit der Schnelligkeit des 19 Jahre jüngeren Türken auseinandersetzen musste. Bei diesen intensiven Geplänkeln im Nahbereich machte Mock tatsächlich die bessere Figur, da er variantenreicher war und auch mehr gegen den Kopf von Yildirim arbeiten konnte.
Abgesehen von dem frühen Niederschlag, konnte der Däne bis einschließlich runde sieben fast jede Runde für sich verbuchen! Er machte und traf einfach mehr. Lediglich in Runde acht kam Yildirim noch mal nach vorne und zeigte sich variabler. Zum Ende des Kampfes war jedoch wieder Mock der Bessere, sodass man ihn objektiv durchaus zwei bis drei Runden in Front sehen musste.
In Runde 10 sendete Mock Yildirim auf die Bretter, doch der Ringrichter überging dies einfach. Später ging er sogar ohne erkennbaren Grund dazwischen, als Mock in den letzten beiden Runden gute Szenen hatte. Hier schlich sich bereits ein fader Beigeschmack auf das ein, was noch kommen sollte. Punktsieg für Yildirim! Objektiv nicht zu rechtfertigen! Selbst ein Unentschieden wäre noch generös gewesen. Die Zuschauer in der Halle sahen es auch so und brachten ihren Missmut zum Ausdruck. Nicht das erste Mal, das deutsche Boxfans einer unverschämt offensichtlichen “Fehlentscheidung“ beiwohnen mussten.
Danach forderte Yildirim David Benavidez heraus. Wenn er schon gegen einen 46 Jährigen die Schützenhilfe der Punktrichter braucht, dann wird Benavidez ihn pulverisieren.
Feigenbutz fährt erwartbaren Sieg ein
Vincent Feigenbutz (28-2) traf auf Yusuf Kanguel (16-2-1). Dieser war nicht die erste und auch nicht die zweite Wahl. Toni Kraft (14-0-1) war verletzungsbedingt ausgefallen. Und eine Woche vor dem Kampf musste der ursprüngliche Ersatz, Ronny Mittag (30-3-2), wegen einer Grippeinfektion passen. So bekam Yusuf Kanguel, der Teilzeitboxer und Vollzeit DHL Lieferant ist, seine Chance.
Für die dritte Wahl machte Kanguel seine Sache in der Anfangsphase ganz gut. Er ging sofort munter nach vorne und brachte öfters mal den Aufwärtshaken durch die Deckung. Feigenbutz antwortete mit Treffern seinerseits.
In der zweiten Runde war Feigenbutz mit immer mehr guten Treffern unterwegs, doch Kanguel drückte weiter nach vorne und versuchte Feigenbutz in die Seile zu schieben, um ihn dort mit Schlägen zu überdecken. Dies ließ sich Feigenbutz insbesondere in den ersten beiden Runden etwas zu sehr gefallen. Gegen Gegner von mehr Format könnte eine derartige Bereitschaft, schlechte Positionen hinzunehmen, schnell und böse enden.
Feigenbutz war Kanguel überlegen
Doch ab Runde drei arbeitete Feigenbutz mehr und zeigte auch eine bessere Beinarbeit. Kanguel nach wie vor mit Ambitionen. Feigenbutz, insgesamt mit einer guten dritten Runde, war nun eher darauf bedacht, sich nicht mehr an die Seile drängen zu lassen. Er traf zudem besser und mehr.
Auch wenn Kanguel nach wie vor recht druckvoll agierte. In der Vierten kassierte Kanguel dann ein paar harte, klare Treffer. Doch es gelang dem Deutschtürken zunächst noch sein Pokerface zu wahren und sogar gegenzufeuern. Doch für das geübte Auge war spätestens hier klar, dass die überlegene Technik und Physis von Feigenbutz nun unweigerlich ihren Tribut zollte. Zeugnis davon legte auch ein Punktabzug gegen Kanguel ab, weil ihm zum wiederholten Male der Mundschutz herausgefallen war, wobei der Ringrichter meinte, Absicht erkannt zu haben.
Kanguels Ecke wirft das Handtuch - Feigenbutz siegt
Die fünfte Runde ging dann fraglos an Feigenbutz. Kanguel, nach mehreren klaren Treffern mit einem Cut auf der Nase, offenbarte nun wirklich konditionell Schlagseite. Er arbeitete sehr viel weniger und hatte keinen Dunst mehr hinter seinen Schlägen. Das sah auch seine Ecke so, sodass sie nachvollziehbar das Handtuch in der Pause zwischen Runde fünf und sechs schmiss.
Schwer zu sagen, wo Feigenbutz nach diesem Kampf steht. Seine Physis ist großartig, aber technisch leistet er sich noch einige Mätzchen. Insbesondere seine Neigung, sich geradewegs zurückzuziehen und mit dem Rücken in die Seile zu laufen, sollte er schnellstens ablegen.
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