Joshua, Fury & Wilder - Die lang ersehnte Rückker der Schwergewichte im Boxen?

Deontay Wilder, Joshua und Fury - Aushängeschilder des Schwergewichts?

Bildquelle: By Layton Dudley - http://www.laytondudley.com/ CC BY-SA 2.0 [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Auch wenn im Boxen die Schwergewichte nicht notwendigerweise die sportliche Spitze darstellen, so sind sie doch zweifelsohne die kommerzielle Spitze. Doch lange musste das Boxen auf ein Gesicht verzichten. Auf einen Schwergewichtsboxer, den die Welt sehen will. Die Klitschko-Brüder waren zwar großartige Boxer, doch gab es diesseits von Lennox Lewis kaum noch Figuren, an denen sie sich reiben konnten.

Und im US-Boxen kam nach den Tagen von Tyson, Holyfield und Bowe im Schwergewicht lange Zeit nichts. Folglich konnten die Klitschko-Brüder auf dem wichtigen US-Markt nie wirklich Fuß fassen. Sie waren starke Champions in einer schwachen Division und wurden letztlich vor allem von der Zeit besiegt. Der Erste, der Wladimir Klitschko besiegen konnte, war Tyson Fury. Doch er verschwand, geplagt von mentalen Problemen, in der Versenkung, ehe er 2018 wieder zurückkam.

In der Zwischenzeit wurde Vladimir Klitschko von dem Mann besiegt, auf den die Geschäftswelt des Boxsports wohl momentan ihre Hoffnungen baut: Anthony Joshua! Und bei den Amerikanern wurde ein Boxer von so langer Hand und mit Samthandschuhen aufgebaut, wie man es selten zuvor so offensichtlich erlebt hat: Deontay Wilder – der ultimative “Malen nach Zahlen“ Knockout-Artist. Am 1. Dezember treffen Fury und Wilder aufeinander. Der Sieger wird voraussichtlich im April auf Anthony Joshua treffen. Und das könnte der kommerziell größte Schwergewichts-Boxkampf seit Langem werden!

Tyson Fury – der Entertainer

Tyson Fury hat für einen Boxer nicht nur einen großartigen Namen – er ist auch einer der unterhaltsamsten Boxer am Mikrofon. Eine Ein-Mann-Hype-Maschine, ungeschlagen und mit dem Achtungserfolg, Vladimir Klitschko besiegt zu haben, ohne die dadurch gewonnen Titel jemals wirklich zu verlieren. Ein Kampf zwischen Fury und Joshua wäre wohl ein Sportereignis von nationaler Tragweite in ganz Großbritannien (Fury ist Ire, Joshua Engländer). Und Fury ist unterhaltsam genug, um auch ein amerikanisches Publikum anzusprechen, das Großmäuler liebt. Und genau so ein Großmaul ist Tyson Fury.

Bei der ersten Pressekonferenz zum Fight gegen Deontay Wilder ging es auch gleich richtig rund. Erst ein wenig Trash-Talk und dann schubste Wilder seinen baldigen Kontrahenten Tyson Fury, der dann wiederum verbal austeilte: "Ich werde sein Gesicht zertrümmern. Kein Problem! Sieben Tage die Woche. Sonntags gleich zweimal! Wenn wir 30 Mail kämpfen, gewinne ich 30 Mal. Ganz sicher werde ich Deontay Wilder besiegen." Hätte man es anders von Fury erwartet? Sicherlich nicht, aber am 1. Dezember muss er seinen Worten Taten folgen lassen. Dann wird auch klar, aus welchem Holz Wilder geschnitzt ist.

Deontay Wilder – der Konzeptboxer

Deontay Wilder ist so etwas wie ein Boxer, der nach einer Blaupause entworfen wurde. Jedoch nicht in einem sportwissenschaftlichen Labor, sondern in einer Marketingabteilung. Was lieben die Zuschauer am meisten? Knockouts! Und genau das liefert Deontay Wilder. Seine Kampfbilanz von 40-0 Siegen, 39 davon durch KO, scheint einem Rocky-Film entsprungen zu sein. Und tatsächlich wurde da auch kräftig nachgeholfen. Denn in seinen ersten über 20 Kämpfen hat er fast nur gegen Nieten und Club-Fighter geboxt, um dann zu Halbstarken und Altersschwachen überzugehen, die nur noch für den nächsten Check boxen. Wilder hat zwar fraglos echte Knockout-Power. Doch ist er technisch teilweise unbeholfen (auch nach 40 Profikämpfen) und seine beeindruckende Kampfstatistik wurde mit reichlich Kanonenfutter gemästet. Wilder ist das, was Gerry Cooney für Larry Holmes war: ein sorgfältig gemanagter Boxer mit einer deftigen Klebe und nicht viel mehr.

Beweisen kann er sich am 1. Dezember im Duell vs. Tyson Fury. Da geht es dann auch um die WBC-Weltmeisterschaft. Wilder äußerte sich dazu natürlich auch: "Ich sage, ich bin der Beste, ich sage, ich schlage am Härtesten, ich bin der derbste Mensch auf diesem Planten. Und ich glaube jedes Wort, das ich sage. Wenn ich sage, ich schlage ihn K.o., und ich sage ihm, wo er liegt und wie er liegen könnte, dann wird es auch so kommen." Vom Unterhalungsfaktor hat zumindest Tyson Fury aus unserer Sicht das Trash-Talk-Duell für sich entschieden. Im Ring müssen sich beide Boxer dann im Dezember beweisen.

Anthony Joshua – der Goldknabe

Anthony Joshua im Jahr 2017

Bildquelle: By Jumeirah [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Anthony Joshua scheint derjenige zu sein, auf den die kommerzielle Boxwelt ihre Hoffnungen baut. Er sieht gut aus, kann gut reden, ist bescheiden aber nicht langweilig. Und er kann zumindest gut genug boxen, dass man ihn nicht mit zu großer Sorgfalt behüten muss. Er ist das Gesamtpaket, nachdem sich die Promoter die Finger lecken! Und er ist das, was die kommerziell größten Boxer ihrer jeweiligen Epochen immer waren: zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Der Boxsport ist in Großbritannien derzeit größer als anderswo. Und Anthony Joshua ist drauf und dran, der Poster Boy einer Ära zu werden. Schon jetzt hat er zweimal das Wembley Stadion gefüllt. Im April wird er es ein drittes Mal tun. Nach seinem Sieg gegen Povetkin kann er sich nun zurücklehnen. Ob Fury oder Wilder – für ihn wird es einen weiteren großen Zahltag geben sowie für das Boxen im Allgemeinen!

Nur ein kommerzieller Höhepunkt

Leider bleibt festzuhalten, dass die Schwergewichtsdivision sportlich immer noch nicht aus dem Tal der Tränen raus ist. Die ohnehin dünn besetzte Weltspitze im Schwergewicht wird durch die zahlreichen unterschiedlichen Promotions und Verbände sowie deren taktischen Spielereien stark verwässert. Das ist ja auch die Basis dafür, dass eine Mogelpackung wie Wilder so weit kommen konnte. Und das sind gute Nachrichten für Joshua, der in der Tat ein ganz passabler Boxer ist – und somit der Einäugige unter den Blinden.

Beste Voraussetzungen für ihn, um zur Legende zu werden! Er wird seinen kommerziellen Durchbruch im kommenden April feiern. Und dann kann man ihn, richtig gehandhabt, gegen alles und jeden buchen, was man den Massen als gefährlichen Gegner glaubhaft machen kann. Die Geschäfte laufen wieder!


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