Warum ist Kickboxen in Deutschland & Europa nicht erfolgreicher?

Fakten und Gründe, warum Kickboxen in Deutschland nicht erfolgreicher ist

Bildquelle: By Claus Michelfelder CC BY-SA 3.0 [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Wilde Schlagabtausche, dynamische Kämpfe und glasklare Knock-outs sind für gewöhnlich, was im Kampfsport das meiste Aufsehen erregt. Wie kann es dann sein, dass ausgerechnet der Vollkontakt Kampfsport mit der höchsten KO-Rate, das Kickboxen, in den meisten Kampfsport-Märkten nur eine marginale Rolle spielt?

In vielen der potenziell größten Märkte gab und gibt es bereits einen klar etablierten Konkurrenten in Form des Boxsports. Insbesondere im “westlichen“ Kulturkreis war das klassische Boxen, historisch betrachtet, kommerziell bereits weitgehend entwickelt, ehe Kickboxen überhaupt ein Thema wurde. Boxen hatte im Westen längere kulturelle Wurzeln, eine popkulturelle Historie (bekannte Champions, legendäre Kämpfe etc.) und ein organisatorisches Fundament entwickelt.

Dazu kam, dass das Timing nicht unbedingt optimal war. In Europa und Amerika versuchte das Kickboxen, ab den frühen 70ern Fuß zu fassen. Also ausgerechnet dann, als der Boxsport seine womöglich kommerziell erfolgreichste und prägendste Ära – in Form der Schwergewichtsdivision um Muhammad Ali – erlebte.

Hinzu kam ein exotischer Status, der hier teilweise auf Ablehnung stieß. Denn Tritttechniken spielten im Kampfsport des Westens bis dato überhaupt keine Rolle. Vor den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts war der Westen mit den fernöstlichen Kampfkünsten kaum in Berührung gekommen. Die kampfsportlichen Traditionen des Westens waren vom Faustkampf und vom Ringkampf geprägt. Tritte galten als unsauber oder gar ehrlos. Entsprechend schwer viel es dem Kickboxen, hier Fuß zu fassen.

Unklare und zum Teil verwirrende Definition

Was ebenfalls nicht helfen dürfte: Bis heute ist der Begriff “Kickboxen“ relativ unscharf. Es handelt sich viel mehr um einen Sammelbegriff, hinter dem sich alle möglichen Regelauslegungen und Einflüsse verbergen können. So war das Kickboxen in den USA lange Zeit nichts Anderes als Vollkontakt Karate. Wohingegen Kickboxen in Japan (wo es zuerst entwickelt wurde) neben Karate auch von Muay Thai beeinflusst wurde. Noch stärker sind die Muay Thai Einflüsse beim holländischen Kickboxen. Und auch Muay Thai selbst wird oftmals als eine Form des Kickboxens gedeutet, auch wenn das historisch nicht korrekt ist, da Muay Thai (sowie einige andere indo-asiatische verwandte Disziplinen) schon lange vorher existierte.

Zwar ist Kickboxen mittlerweile zu einer weitgehend eigenständigen Disziplin gereift, doch sind die Überschneidungen unterschiedlicher Einflüsse und Stile auch heute noch unübersehbar. So treten auch immer wieder bekannte Thai Boxer bei den großen Kickbox Promotions auf. Und viele Kickboxer haben einen sehr speziellen Hintergrund, wie zum Beispiel:

  • Karate
  • Taekwondo
  • Savate
  • Muay Thai
  • Sanda/Sanshou

Warum konnte MMA sich durchsetzen, aber nicht das Kickboxen?

Kickboxen ist in Deutschland noch immer nicht zu 100% angekommen

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Der Aufstieg von MMA (Mixed Martial Arts) innerhalb der letzten 20 Jahre lässt die in unseren Gefilden sehr überschaubare Popularität des Kickboxens umso sonderbarer erscheinen. Immerhin hat sich mit MMA ein Sport durchgesetzt, der mit Ringen, Schlägen zum Boden sowie Bodenkampf im Allgemeinen Taktiken enthielt, die nicht gerade als massentauglich gelten konnten. Im Grunde genommen profitierte MMA von einer Vorarbeit, die mitunter vom Kickboxen selbst geleistet wurde. Denn mit Kickboxen war die Idee einer hybriden Kampfsportart bereits schon einmal aufgegriffen worden. Überdies waren auch die fernöstlichen Einflüsse zu diesem Zeitpunkt nicht Neues mehr. Außerdem hatte MMA den Vorteil, dass es als Kampfsport einen einzigartigen Appeal hatte, da es zunächst als Wettstreit unterschiedlicher Disziplinen wahrgenommen wurde.

Ein Format, das im Westen so höchstens vereinzelt aufgegriffen worden war – aber niemals in einem Turnierformat, sowie es die UFC zunächst tat. Es war, als ob “Bloodsport“ plötzlich Realität wurde! Und dass das Ganze von zwei Milliardären mit Verbindungen zu Las Vegas Casinos aufgegriffen wurde, hat sicherlich auch nicht geschadet. Vor allem wurde MMA aber niemals als Konkurrent zum bisherigen Platzhirsch, dem Boxsport, angesehen. Beim Kickboxen war das grundsätzlich anders, denn schon dem Namen nach, ist Kickboxen mit dem Boxen gleichzusetzen, was die Außenwahrnehmung entsprechend geprägt hat.

Die größten Märkte liegen in Fernost

Obwohl sich zu den Glanzzeiten von K-1, vor allem die Holländer hervorgetan haben (die auch heute noch eine starke Präsenz im Kickboxen haben), so ist der Sport auf europäischem und amerikanischem Boden weit davon entfernt, massentauglich zu werden. Und in Japan ist K-1 nur noch ein Schatten dessen, was die Promotion mal war. Allerdings hat sich China in den letzten Jahren als Markt stark entwickelt.

Kunlun Fight und Wu Lin Feng veranstalten dort regelmäßig und ziehen Kämpfer von Rang und Namen an. Und Glory setzt alles daran, alte K-1 Glanzzeiten wieder aufleben zu lassen. Es zeigt sich: In der Vergangenheit sowie in der Gegenwart war Kickboxen immer dann am größten, wenn es auf fernöstlichem Boden ausgetragen wurde.


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