Die Geschichte und Wurzeln des Muay Thai - Eine Einführung in den Kampfsport

Hintergrund zum Muay Thai

Bildquelle: Frédéric della Faille from Belgium CC BY-SA 2.0 [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Muay Thai ist, wie der Name bereits impliziert, der “Volkssport“ in Thailand. Muay Thai und seine nahen Verwandten aus der indochinesischen Region stellen die wohl härtesten Vollkontaktsport-Arten überhaupt dar. Die Kämpfe sind meist kurz aber intensiv. Dabei bringen es Muay Thai Kämpfer, für die der Preiskampf bisweilen ein Weg aus der Armut sein kann, auf unvorstellbare Kampfbilanzen. Kämpfer mit 200 oder gar über 300 Kämpfen sind keine Seltenheit!

Allem voran durch die Holländer, die als erste Europäer im Muay Thai wirklich erfolgreich waren, hörte man auch hier im Westen von diesem ehemals eher unbekannten Sport. Ferner reifte Muay Thai zu einer der Parade-Striking-Disziplinen, die wegen ihrer Stärke im Clinch und ihrer Vielseitigkeit (aufgrund der erlaubten Ellbogen- und Kniestöße) von den MMA-Kämpfern aufgegriffen und implementiert wurde. Nicht zuletzt gab es einige erfolgreiche Muay Thai Überläufer zum Kickboxen (vor allem in den leichteren Gewichtsklassen), sodass der Sport des Muay Thai auch hier einem breiteren Publikum offenbart wurde.

Ursprung als Nahkampf-Disziplin des Militärs

Gleichwohl Muay Thai mit Sicherheit mehrere Hundert Jahre alt ist, liegen die Anfänge der Entwicklung weitgehend im Dunklen. Dies liegt hauptsächlich daran, dass bei einem Burmesich-Siamesischen Krieg (Thailand hieß früher Siam) im 14. Jahrhundert die damaligen Städte gebrandschatzt wurden und viele historische Zeugnisse den Flammen und Plünderungen zum Opfer fielen. Entsprechend schleierhaft ist die frühe Geschichte dessen, was wir heute als Muay Thai kennen.

Ursprünglich war Muay Thai eine Kampfkunst, die vor allem für das Militär entwickelt wurde. Die Idee dahinter war es, den ganzen Körper und seine Gliedmaßen effektiv als Waffe nutzen zu können. Auch unter härtesten Umständen. Aus diesem Grund haben Muay Thai Kämpfer es sich auch angeeignet, ihre Schienbeine zu stählen, auf dass sie selbst gerüstete Gegner mit schweren Tritten angreifen konnten. Muay Thai war also quasi die waffenlose Kampfkunst des siamesischen Militärs. Dadurch fand natürlich eine knallharte Auslese statt. Nur wer auf dem Schlachtfeld überlebte, konnte weiterleben und Muay Thai lehren.

In den heutigen Nachbarregionen Thailands formten sich insofern Kampfsportarten, die dem heutigen Muay Thai extrem ähnlich und offensichtlich mit ihm verwandt sind. Dazu gehören Kun Khmer (aus Kambodscha), Lethwai (aus Myanmar) und Tomoi (aus Malaysia). Diese und andere regionale bis nationale Sportarten im indochinesischen Raum sind nahezu bis gänzlich identisch mit dem Muay Thai heutiger Ausprägung.

Der militärische Hintergrund und die historisch tiefen Wurzeln erklären auch, warum sich Muay Thai bis heute einen rituellen Charakter bewahrt hat (wie den zeremoniellen Wai Kroo Tanz vor jedem Kampf), bei der Bevölkerung in Thailand in so hohem Ansehen steht und bis heute als “Sport der Könige“ gilt. Tatsächlich soll es mehrere Könige gegeben haben, die sich selber für den Sport begeisterten und mitunter aktiv daran teilnahmen. Einer dieser Könige soll gar seine Identität unter eine Maske verschleiert haben, weil er nur so auf ehrliche, offene Kämpfe hoffen konnte.

Wie Muay Thai zum Kampfsport wurde

Schon früh wurden Muay Thai Wettkämpfe außerhalb von Kriegszeiten als ehrwürdiges Kräftemessen und Zuschauerspektakel etabliert. Fast jedes Dorf oder Stadtviertel hatte einen oder mehrere bekannte Muay Thai Kämpfer aus der Region in den eigenen Reihen, sodass auch immer eine gehörige Brise lokaler Stolz auf dem Spiel stand. Ursprünglich wurden die Kämpfe in lose abgegrenzten Bereichen (in Hinterhöfen und dergleichen) abgehalten. Dabei wurden die Hände entweder mit Seilen oder Leder bandagiert. Teilweise wurden auch Kämpfe ausgetragen, um Streitigkeiten zwischen den Autoritäten beizulegen, wenn eine diplomatische Lösung nicht möglich war. Jede Streitpartei ernannte einen Kämpfer und diese sollten im Kampf die Angelegenheit klären.

Im Zuge der Kolonialisierung und folgender Entwicklungen sahen auch immer mehr Ausländer das bis dahin bereits weit entwickelte Muay Thai oder Thai-Boxen bzw. siamesische Boxen, wie es von ihnen genannt wurde. Die weitere Popularisierung des Sports, sowie erste zarte Vorstöße nach außen bedingten in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts, dass der Sport etwas zivilisierter wurde. Es wurden Handschuhe und Ringe eingesetzt. Überdies wurden (zunächst fünf) Runden eingeführt, die allesamt ein Zeit-Limit hatten. Mit dem Fernsehen wurde Muay Thai in Thailand, aufbauend auf dieser neuen, wettbewerblichen Struktur, endgültig zum Nationalsport. Große Kämpfer wie Dieselnoi Chor Thanasukarn, Saenchai oder Samart Payakaroon sind in Thailand so bekannt wie bei uns Franz Beckenbauer im Fußball, Henry Maske beim Boxen oder Boris Becker im Tennis.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede zum Kickboxen

Technisch gibt es zwischen dem Kickboxen und dem Muay Thai offensichtliche Gemeinsamkeiten. Beides sind Vollkontakt-Kampfsportarten, bei denen es um Schlagtechniken im Stand geht, die sich aller vier Gliedmaßen bedienen. Beide laufen (außerhalb von Titelkämpfen) über drei Runden á drei Minuten. Jedoch spielt der Clinch im Muay Thai eine größere Rolle, da er ununterbrochen aufrechterhalten wird, sofern mindestens einer der beiden Kämpfer mit dem Knie oder dem Ellbogen angreift. Wohingegen selbst bei den Vollkontakt Varianten von Kickboxen (wie bei K-1 oder Glory) der Clinch nur limitiert zulässig ist. Auch bestehen in der Nutzung von Ellbogen und Knie nicht ganz dieselben Freiheiten wie beim Muay Thai. Überdies kommt Faustschlägen beim Kickboxen eine größere Bedeutung zu, weil diese als Punktkriterium im Muay Thai vergleichsweise wenig wert sind. Daher sind reine Muay Thai Kämpfer meist stärker im Clinch, jedoch keine so guten Boxer wie die meisten Kickbox-Profis.

Historisch sind beide Sportarten jedoch nicht zu vergleichen, da Muay Thai eine ungleich ältere Disziplin ist, die schon vor Jahrhunderten ihren Anfang nahm. Dagegen ist Vollkontakt-Kickboxen noch ein sehr junger Sport, der erst ab Mitte des 20. Jahrhunderts aufkam.


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