Oleksandr Usyk glückt Debüt im Schwergewicht - Sieg über Chazz Witherspoon

Oleksandr Usyik besiegt Chazz Witherspoon bei Debüt im Schwergewicht

Bildquelle: Andriy Makukha (Amakuha) CC BY-SA 4.0 [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Aus der Wintrust Arena in Chicago gab es im DAZN Livestream Boxen heute Nacht zu sehen. Das Ganze unter dem Leitstern des Debüts von Oleksandr Usyk im Boxen Schwergewicht. Dieser hatte als unumstrittener Champion bereits das Cruisergewicht rekordmäßig dominiert, als er nur zehn Profikämpfe zum ersten WM-Gürtel brauchte. Nun wollte er sich anschicken, im kommerziell gegenwärtig wieder auflebenden Schwergewicht zum Problem zu werden.

Als Generalprobe diente dazu ein Boxkampf gegen Chazz Witherspoon. Der ursprünglich angedachte Gegner, Tyrone Spong, musste kurzzeitig ersetzt werden, da er bei einer Dopingkontrolle einen positiven Befund offenbart hatte (allerdings fiel die B-Probe später negativ aus).

 

Zu Beginn hieß es: Ladys First! Den Anfang auf der Main Card machten die Amerikanerin Jessica McCaskill (7-2) und Argentiniens Erica Farias (26-3) im Frauenboxen. Ein Aufeinandertreffen im Superleichtgewicht. Es ging um die Weltmeistertitel der WBA und des WBC. Das Ganze ein Rückkampf. Rund ein Jahr zuvor waren diese beiden Kontrahentinnen schon einmal aufeinandergetroffen. Damals McCaskill, die im kommenden Match beide Titel hielt, mit dem besseren Ende für sich. In Runde eins konnte Farias die besseren Treffer in Form von Überhänden, über die Führhand von McCaskill hinweg, landen. Beide Boxerinnen suchten noch nach der Distanz. Doch Farias von Anfang an näher dran. Auch in Runde zwei landete sie die klareren Wirkungstreffer, gleichwohl McCaskill mehr nach vorne ging.

Farias macht den Kampf kaputt

Die offensive Gangart der Amerikanerin verpuffte bislang weitgehend wirkungslos. Sie schien mit dem Kopf durch die Wand zu wollen, wurde im Nahbereich aber auch immer wieder von Farias abgeklammert. Farias klammerte in der Tat so viel und vehement, dass dies einen Punktabzug in Runde vier gegen sie nach sich zog. Der Kampf blieb verdammt ruppig und erinnerte über weite Strecken mehr an einen Hockey-Fight. Farias hielt weiterhin sehr viel. McCaskill aber bis hier hin unermüdlich. Sie gewann die vierte Runde und profitierte überdies vom berechtigten Punktabzug gegen Farias. In Runde fünf blieb der Kampf zwar weiterhin intensiv – allerdings nach wie vor aus den falschen Gründen. Farias klammerte und hielt hier immer noch in einem absurden Ausmaß. Dies sollte wahrscheinlich den Gastank von McCaskill strapazieren. Der Kampf verkam dadurch jedoch eher zu einer unsauberen Schlägerei im In-Fight. Eine fragwürdige Strategie, da Farias in den früheren Runden noch mit einer gewissen Leichtfüßigkeit glänzen konnte.

In Runde sechs gab es dann einen Punktabzug gegen McCaskill, da diese in einer solchen In-Fight-Situation an den Hinterkopf ihrer Gegnerin geschlagen hatte. Der Punktabzug jedoch ein schmeichelhaftes Zugeständnis an Farias, da die ganze Klammerei und offensichtlichstes Festhalten von ihr ausgingen. Dadurch riskierte sie aber, extrem schwach in den Augen der Punktrichter auszusehen, gleichwohl sie abseits dieser Clinch-Situationen durchaus traf. Völlig unverständlich, dass der Ringrichter dies so offensichtlich durchgehen ließ. McCaskill schien jedoch gut genug trainiert zu sein, um in diesen permanent wiederkehrenden Situationen keine Ausdauer zu lassen. In Runde neun musste man davon ausgehen, dass McCaskill in Front war. Allerdings war es auch ein hässlicher Boxkampf, was aber an Farias und dem hoffnungslos inkonsequenten Ringrichter lag. Der Kampf ging über die vollen zehn Runden und McCaskill bekam das Punkturteil zugestanden. Gott sei Dank! Wären die Taktiken von Farias belohnt worden, wären hier wohl Stühle geflogen.

Knapper Pflichtsieg für Jones

Weiter ging es mit einem Kampf im Boxen Superfedergewicht zwischen Otha Jones III (3-0) gegen Eric Manriquez (7-8-1). Jones ein 19-jähriges Talent aus einer bekannten Boxfamilie, das sich hier an einem Journeyman aus Texas gesundstoßen sollte. Jones trotz seiner jungen Jahre mit über 280 Amateurkämpfen im Rücken. Unfassbar! Bereits mit acht Jahren hatte er mit dem Boxsport angefangen. Jones der Aktivere der beiden und klar erkennbar mit der besseren Athletik und überlegenen technischen Anlage. Jedoch durfte er nicht zu überheblich werden, da Manriquez durchaus auch selber mit seiner Rechten landen konnte und hier wenig Respekt zeigte. Manriquez präsentierte sich besser, als es seine Kampfbilanz vermuten ließ. Jones gewann hier zwar die ersten beiden Runden über das Volumen und die klaren Treffer, jagte aber etwas zu sehr dem KO hinterher.

In Runde drei alternierte Manriquez gekonnt dazwischen, im Nahbereich den Clinch zu suchen und auf Distanz seine Rechte unterzubringen. Tatsächlich konnte er hier richtig gut treffen! Jones kniff gegen Ende der Runde das linke Auge zu. Ein Zusammenstoß mit den Köpfen hatte dazu geführt. Manriquez konnte so auch das Ende der Runde in seinem Sinne gestalten und gewann gar diese dritte Runde! In der letzten und vierten Runde war demgemäß wieder alles möglich! Jones zeigte sich abermals taktisch etwas zu offen. Zwar feuerte er mehr Volumen und war der offenkundige Aggressor, doch Manriquez landete durchaus gute Treffer im Konter. Dadurch fiel die letzte Runde eng aus. Letztlich wurde es ein Punkturteil zugunsten von Jones, der hier aber knapp an einem Unentschieden vorbeigeschlittert war. Denn ein Punktrichter hatte den Boxkampf unentschieden gesehen, was durchaus vertretbar war.

 

 

Bivol gewinnt jede Runde

Als Co-Main Event diente eine Ansetzung im Boxen Halbschwergewicht: Russlands Dmitry Bivol (16-0) gegen den Dominikaner Lenin Castillo (20-2-1). Es ging um den WBA-Titel von Halbschwergewicht-Boxweltmeister Dmitry Bivol. Castillo der Mann mit dem deutlichen Reichweitenvorteil von rund 16 cm. Dies jedoch keine ungewohnte Situation für Bivol, der kein besonders großes Halbschwergicht ist. Runde eins war sehr taktisch geprägt. Bivol mit vielen Finten und einigen sporadischen Erfolgen, die Konter von Castillo auszukontern. Castillo jedoch durchweg hinter einer weitgehend disziplinierten Deckung. Nur gelegentliche Ausfälle von ihm. Er wollte seinen Reichweitenvorteil geltend machen, war aber zu viel im Rückwärtsgang, um dies bislang wirklich effektiv zu tun. Runde eins ging an Bivol. In der Zweiten dominierte Bivol taktisch, ohne wirklich viel schlagen zu müssen. Blitzschnelle, harte Jabs schlugen vor allem gegen den Körper ein. Auch die eine oder andere Gerade schlug ein.

Runde drei dominierte Bivol ebenfalls taktisch. Seine schnelle, technisch geschliffene Führhand fand immer wieder ins Ziel. Das Ganze ein Riesenproblem für Castillo, der hier trotz größerer Spannweite deutlich mehr kassierte. Zwar nicht insoweit, dass hier ein KO in der Schwebe war. Doch verlor er dadurch Runde um Runde. Die ersten vier Runden waren alle bei Bivol. Dasselbe Bild in der Fünften. In Runde sechs fand Bivol dann den Konter mit seiner rechten Powerhand, auf den er gelauert hatte. Bei einem seiner spärlichen Ausfälle wurde Castillo voll erwischt und ging zu Boden. Castillo konnte sich zwar noch gut erholen, war aber nun endgültig unter Zugzwang. In der Siebten ging der Dominikaner entsprechend vermehrt nach vorne. Doch auch im Rückwärtsgang landete Bivol mehr und drohte natürlich mit seiner Rechten im Konter. In Runde acht startete Castillo offensiv etwas beherzter und hatte Bivol auch für einen Moment an den Seilen. Doch danach übernahm wieder Bivol, der mit Finten und Führhänden Treffer oben und unten realisieren konnte.

Bivol hatte hier zu fast jeder Sekunde das Geschehen im Boxring unter Kontrolle. Der Kampf ging letztlich über die vollen zwölf Runden. Bivol taktisch und in puncto Geschwindigkeit absolut überlegen! Das Ganze für den Geschmack des gemeinen Boxfan wohl zu taktisch. Allerdings war Castillo auch ein zäher Gegner gewesen, der nicht wirklich auf die Finten von Bivol anbeißen wollte und konditionell auf der Höhe geblieben war. Stilistisch sollte es also kein KO werden. Doch technisch war dieser Sieg überdeutlich gewesen.

Usyk schlägt im Schwergewicht auf

Zeit für den Hauptkampf! Oleksandr Usyk (16-0) aus der Ukraine mit seinem Debüt im Boxen Schwergewicht gegen Chazz Witherspoon (38-3). Usyk stieg hier gleich steil ins Schwergewicht ein, da er im Cruisergewicht eine Macht gewesen war und einen eminent dekorierten Amateurhintergrund mitbrachte – einschließlich olympischem Gold und Amateur-Weltmeisterschaft. Die erste Runde noch recht verhalten. Usyk noch auf der Suche nach der Distanz. Er landete einige gute Konter. Doch bei den paar Gelegenheiten, bei denen Witherspoon treffen konnte, zeigte er klare Wirkung. So fühlt sich also Schwergewicht an! In Runde zwei fand Usyk dann seinen Groove, kontrollierte das Geschehen und bereite seine Treffer gut über Beinarbeit, Finten und Kombinationen vor. Witherspoon fand offensiv nur noch peripher statt.

Ab Runde drei trieb der Amerikaner immer weiter vom rettenden Ufer weg. Usyk variierte mit seiner Beinarbeit und fand immer wieder Angriffswinkel. Dabei erhöhte er immer wieder das Tempo. Witherspoon dagegen nur mit einzelnen Händen. Viel zu wenig, um Oleksandr Usyk hier zu prüfen. Der wurde folglich von Runde zu Runde munterer und überwältigte Witherspoon mit seiner Beinarbeit und Geschwindigkeit. Der Ersatzgegner aus den USA musste zunehmend heftiger und häufiger kassieren, was sich dessen Ecke noch bis Runde sieben anschaute, ehe sie sich im Vorfeld von Runde acht zur Aufgabe entschied. Etwas, was sie gut und gerne schon früher hätte tun können, denn Chazz Witherspoon hatte hier nichts entgegenzusetzen und gab nur noch den Boxsack. Usyk nun in einer hervorragenden Position, um direkt ins Titelgeschehen im Boxen Schwergewicht einzusteigen.

Der Einstand ist geglückt! Dass Usyk seine technische Meisterklasse ins Schwergewicht tragen könnte, war vorher zu erahnen und bestätigte sich in diesem Kampf. Doch ein Fragezeichen bleibt: Wie gut ist das Kinn von Oleksandr Usyk im Boxen Schwergewicht? Abseits von einigen wenigen Treffern in Runde eins wurde dieses hier kaum getestet. Da Usyk vor allem über sein Volumen kommt und sich dadurch stellenweise etwas exponieren muss, wird diese Frage noch zu beantworten sein. Sehr wahrscheinlich gegen einen Boxweltmeister im Schwergewicht. Der Sieger des Rückkampfes zwischen Anthony Joshua und Andy Ruiz Jr. wird als wahrscheinlichster Gegner gehandelt.


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