Bildquelle: Tahir CC BY-SA 2.0 [CC BY-SA 2.0], via Flickr.com (Bild bearbeitet)
Taylor siegreich nach Erfolg über Prograis bei World Boxing Super Series
Aus der O2 Arena in London gab es am Samstagabend wieder einmal im DAZN Livestream Boxen zu sehen. Das Ganze gekrönt von einem echten Highlight in Form des Finales der World Boxing Super Series im Boxen Superleichtgewicht. Schottlands Josh Taylor sollte als amtierender IBF-Champion auf den WBA-Boxweltmeister Regis Prograis aus den USA treffen!
Als Opener diente ein Boxkampf im Weltergewicht: Steve Jamoye (26-7-2) gegen Conor Benn (15-0). Benn der klare Favorit und das zeigte sich auch deutlich in der Ersten, als er Jamoye mit dem Jab fast nach Belieben traf und sofort einen hohen Output unterbrachte. Darunter auch viel zum Körper. Jamoye versuchte den Konter-Haken zu timen, fand damit jedoch nur sehr sporadisch ins Ziel. Ganz klare Runde für Benn, der auch auf den Beinen wesentlich besser unterwegs war und den Kampf in seinem Sinne lenken konnte. Mehr davon in Runde zwei. Gerade zu Beginn schien ein Körpertreffer gut eingeschlagen zu sein, als Jamoye eine Reaktion zeigte. Doch der Außenseiter erholte sich im Laufe der Runde, ging gar wacker nach vorne. Einige Schläge zum Körper von Benn schlugen etwas zu weit südlich ein, sodass Jamoye eine kurze Verschnaufpause zugestanden wurde. Auch Runde zwei klar bei Benn.
Die dritte Runde war dann etwas offener, wenn auch wohl ebenfalls bei Benn. Jamoye zog die Ohrenschützer an und marschierte durch die Schläge von Benn, wodurch er ihm teilweise an den Seilen zu Leibe rücken konnte. Hier zeigten sich im Nahbereich doch einige defensive Lücken bei Benn. Jamoye entsprechend bestrebt, eine Schlägerei daraus zu machen. In der Vierten landete Benn wieder etwas zu tief, worauf der Ringrichter mit Punktabzug reagierte. Doch noch in derselben Runde sollte Benn den Kampf dann beenden. Jamoye, der bis dahin die Schläge einstecken konnte, wurde von einem rechten Haken hinter dem Ohr erwischt. Sofort war er auf Rollschuhen. Benn setzte mit weiteren Rechten und einer klassischen Eins-Zwei-Kombination nach. Jamoye ging zu Boden und war sichtbar erledigt.
Okolie siegt wieder mittels Kampfzerstörung
Darauf folgte ein zumindest nomineller Leckerbissen aus dem Boxen Cruisergewicht. Zwei ungeschlagene Cruisergewichte unter sich: Yves Ngabu (20-0) traf auf Lawrence Okolie (13-0). Es ging um den EBU-Titel im Cruisergewicht. Belgiens Ngabu der amtierende Champion. Doch was sich nominell als Leckerbissen ankündigte, erwies sich in Runde eins als zäh. Okolie mit einem gewaltigen Höhen- und Reichweitenvorteil. Ngabu hatte buchstäblich große Probleme, den Weg vorbei an Okolies Händen zu finden. Wann immer er nah herankam, machte Okolie anderweitig von seinen langen Fühlern Gebrauch und schnürte Ngabu ein. Der Kampf dadurch recht hässlich, weil im Nahbereich dann nicht viel passierte. Doch in Runde zwei fand der extrem defensive Okolie einige gute Gelegenheiten, als er Ngabu auf dem Weg hinein erwischte und ihn sich anschließend an die Seile drehte, Ngabu hatte das ganz klar gespürt!
In Runde drei wurde der Kampf wieder zäh, da Ngabu ständig in die Umklammerung durch Okolie hineinlief und im Nahbereich einfach nichts anzubieten hatte. Der für ein Cruisergewicht wirklich sehr große Okolie würgte hier alles ab. Nicht schön – aber gekonnt. Runde vier bot mehr vom Selben. Doch in der Fünften hatte Ngabu die Faxen scheinbar dicke, ging nun aggressiver nach vorne und arbeitete auch mehr im Clinch. Dadurch zwang er Okolie noch mehr in die Defensive und konnte diese Runde nehmen. In der Sechsten nahm der Kampf wieder jedoch die zähe Textur von zuvor an, wovon nur Okolie profitierte. Dankenswerterweise konnte Okolie diese stumpfe Affäre dann in der Siebten beenden, als er einen rechten Haken durch die Defensive von Ngabu steckte und diesen taumelnd in die Seile schickte. Der Ringrichter beendete den Kampf, da Ngabu nur noch körperlich anwesend war.
Zwei Veteranen von den Inseln
Anschließend kam es zu einem Aufeinandertreffen zweier Veteranen und ehemaliger Boxweltmeister. Das Ganze eine Angelegenheit im Boxen Leichtgewicht: Der Waliser Lee Selby (27-2) gegen Schottlands Ricky Burns (43-7-1). Selby zirkulierte, bewegte sich viel lateral und nahm die Außenbahn im Boxring in Beschlag. Er wollte den Kampf lang machen, Burns die Distanz schließen. Doch konnte Selby seinen Matchplan zunächst besser realisieren. Seine Führhand sicherte ihm die meisten Punkte, während er wahlweise nach rechts oder links zirkulierte. Burns konnte ihm zwar ab und an nahekommen. Doch Selby war dann zumeist erfolgreich, Burns einzuschnüren und den Break des Ringrichters zu forcieren. Auch in der Zweiten war Selby ein bewegliches Ziel und konnte mit schnellen Händen sowohl im Konter als auch in der Attacke punkten. Zum Ende der Runde war es dann Selby, der nach vorne ging. Burns musste sich etwas einfallen lassen.
Die dritte Runde war dann etwas enger, auch wenn die taktische Marschroute von beiden Boxern jeweils dieselbe blieb. Burns ging nun etwas aggressiver nach vorne und konnte an den Seilen teilweise Treffer landen. Doch wann immer Selby den Platz hatte, waren dessen schnelle Hände und Beine im Vorteil. Die Vierte ebenfalls wieder eng. Keiner der beiden konnte sich einen deutlichen Vorteil in dieser Runde sichern. Die Fünfte ging wieder klar an Selby, der einige deutliche Treffer landete. Doch der toughe Ricky Burns aß diese Treffer einfach auf und ging weiter nach vorne. Nach der Runde wurde es dann hitzig, als beide einander klar nach dem Gong trafen. Doch glätteten sich die Wogen rasch, als beide sich zu Beginn der Sechsten abklatschten. Selby blieb einfach der präzisere und ökonomischere Boxer. Burns war zwar ein Gegner, der viel Aufmerksamkeit abverlangte, da er unermüdlich Druck ausübte. Doch Burns schlug wesentlich mehr fehl als Selby.
Selby siegt über die Distanz
Runde sieben wurde dann lebhaft und ging an Burns, der Selby in mehr Schlagabtausche im Nahbereich zwingen konnte, wo er mit seiner Aggression und seinem Output ein paar Mal gut ins Ziel fand. Definitiv ein Kampf zwischen zwei verschiedenen Stilen! Die Achte konnte Burns sich ebenfalls mit seinem unermüdlichen Arbeitsethos sichern. Selby folglich nicht mehr ganz so flott unterwegs wie zuvor. Körperlich wirkte Burns in dieser Phase stärker. In der Neunten ließ Burns Selby kommen und zwang ihn in den Clinch, wo er zum Körper grub. Er wollte Selby hier hart arbeiten lassen. Taktisch nicht dumm, die Runde dadurch aber eng – und man musste davon ausgehen, dass Selby hier durch die frühen Runden noch recht deutlich führte. Die Zehnte war dann umkämpft, doch gerade zum Ende hin sah Selby mit den klareren Treffern etwas besser aus. Zwar war er nicht mehr so flott unterwegs wie zuvor, doch konditionell geschlagen war er noch lange nicht.
Championship Runden! In der Elften wurde dieser Boxkampf zu einer verbissenen, im Clinch ausgefochtenen Angelegenheit. Die Runde dadurch im wahrsten Wortsinn eng. Die letzte Runde ging unter dem Jubel der Fans los. Hier legte Burns zunächst intensiver los, doch Selby antwortete stark, als ihm die finale Runde zu entgleiten drohte. Kurz vor Schluss landete Burns einen rechten Haken genau auf die Zwölf. Der klarste Treffer der Runde! Dadurch diese letzte Runde doch wohl, wann auch knapp, bei Burns. Was sagten die Punktrichter? Einer sah den Kampf unentschieden, die anderen beiden sahen jedoch Selby vorne, der dadurch eine Majority Decision gewann. Verständlich: Burns hatte einfach zu viele der frühen Runden abgegeben.
Das Handtuch fliegt und Chisora siegt
Es folgte der Co-Main Event. Zwei britische Gatekeeper aus dem Boxen Schwergewicht bekamen es miteinander zu tun: Derek Chisora (31-9) gegen David Price (25-6). Beide schon einmal mit exzellenter Einmarschmusik. Das Intro-Thema von zwei glorreiche Halunken gegen Hotel California. Die Halle war begeistert! Runde eins ging an Chisora, der sofort mit finsteren Absichten nach vorne ginge. David Price hatte einen klaren Reichweitenvorteil, konnte sich den entschlossenen Chisora aber nicht vom Hals halten. Dafür blieb er defensiv kompakt, als ihm dieser auf die Pelle rückte. Dennoch wesentlich mehr Output und Treffer durch Chisora. Auch die Zweite ging an Chisora. Allerdings investierte er energetisch recht viel. David Price schien dies soweit hinzunehmen und zwang Chisora, im Clinch zu arbeiten. Auch fand Price bei diesen Gelegenheiten mehrfach den Haken zum Körper.
In Runde drei ging es ähnlich weiter, was Chisora auf den Punktzetteln entgegenkam. Doch zum Ende der Runde schenkten beide einander ordentlich ein, wobei Price offenkundig das schlechtere Ende für sich hatte. Er wankte sichtbar angeklingelt in seine Ecke! In Runde vier besiegelte dann ein weiterer Schlagabtausch im Nahbereich das Ende. Chisora erwischte Price inmitten einer Kombination aus nächster Nähe mit einem rechten Haken gegen den Kopf. Dieser ging zu Boden und kam nur langsam wieder hoch. Daraufhin flog das Handtuch. Die Ecke von Price nahm ihn aus dem Kampf!
Ein Finale zwischen zwei ungeschlagenen Weltmeistern
Es kam schließlich zum heiß ersehnten Main Event: Josh Taylor (15-0) Regis Prograis (24-0). Das Ganze nicht nur eine Titelvereinigung zwischen zwei Boxweltmeistern im Superleichtgewicht (Taylor hielt den IBF-Titel, Prograis den WBA-Titel). Es war überdies auch das Finale der World Boxing Super Series in dieser Gewichtsklasse! Vieles stand also auf dem Spiel. Beide Boxer waren Rechtsausleger. Die Erste ging an Taylor, der es schon wie in früheren Kämpfen gut verstand, seine schnellen Haken im Break unterzubringen. Meist, nachdem er sich seinen Mann mit dem anderen Arm zurechtschob. Prograis musste noch einen Weg vorbei am Reichweitenvorteil von Taylor finden. Die zweite Runde gab es dann phasenweise richtig hochklassiges Boxen. Taylor jedoch mit den augenscheinlicheren Treffern. Doch Prograis zum Teil mit klasse Meidbewegungen und einem Jab, der im Nahbereich nun zunehmend sein Ziel fand.
Die dritte Runde kam Prograis dann etwas besser in den Kampf. Er fand sein Timing und ließ sich im Nahbereich nicht mehr das Wasser abgraben. Josh Taylor jedoch mit einem guten Treffer am Ende der Runde – wohl aber nicht genug, um diese Prograis zu entreißen. Es blieb weiterhin ein intensiver, technisch hochwertiger Kampf. In der Vierten zog Prograis gleich. Er fand nun wirklich seinen Groove und Taylor musste aufpassen. Regis Prograis drohte diesen Kampf technisch an sich zu reißen. Seine Meidbewegungen mit dem Oberkörper waren wieder großartig. Doch Taylor kam in Runde fünf zurück, als er sich körperlich aufdrängte und abermals im Break gute Treffer markieren konnte. Die Sechste war wieder eng, allerdings mit den klareren Treffern von Taylor, der die Runde auch stark beenden konnte. Die Zeit flog nur so dahin, in diesem exzellenten Boxkampf!
Josh Taylor setzt sich im Nahkampf durch
Die Siebte ging abermals an Taylor, der einfach mit allem, was er tat, mehr Schaden anzurichten schien und überdies auch mehr tat – zumindest erfolgreich. Regis Prograis drohte dieser Kampf zu entgleiten. Runde acht zeigte Prograis dann jedoch eine gute Reaktion, als er den Schlägen von Taylor mit guten Ausweich- und Pendelmanövern die Wucht nahm und im Gegenzug selber gut traf, wesentlich ökonomischer arbeitete und diese Runde technisch dominieren konnte. Runde neun fing in diesem Sinne ebenfalls gut für Prograis an, aber Taylor besann sich inmitten der Runde und ging wieder dazu über, Schulter an Schulter die körperliche Auseinandersetzung zu forcieren. Sofort hatte Taylor wieder Oberwasser! Das sah auch seine Ecke so, die ihn bedrängte, Prograis weiterhin auf die Pelle zu rücken.
Eben das tat Taylor in Runde zehn und es zeigte wieder den gewünschten Effekt. Er landete klarer. Wieder vor allem im Break, wann immer er seinen Mann vor sich herschob und ihn im Nahbereich in den Rückwärtsgang zwang. Die Elfte konnte Prograis noch einmal zurückkommen, da er mehr traf und sich wieder den nötigen Platz verschaffen konnte. Beide Männer gezeichnet, aber immer noch mit wahnsinnigem Output! Letzte Runde! Prograis würde wohl einen KO oder zumindest einen Niederschlag brauchen. Nach Punkten war er wohl nicht nah genug dran, hier lediglich mit einem Rundengewinn vorbeizuziehen. Und so bewahrheitete es sich auch. Eine intensive letzte Runde sah Prograis wohl knapp im Vorteil. Doch die Punktentscheidung ging knapp und vertretbar an Josh Taylor, der nicht nur einen weiteren Titel gewann, sondern auch die Muhammad Ali Trophy im Rahmen der Super Series behaupten konnte!
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