Saison 1972/73: Trainerentlassung von Günter Brocker bei Rot-Weiß Oberhausen

Günter Broker bei RW Oberhausen entlassen

Bildquelle: Stadtarchiv Kiel CC BY-SA 3.0 [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Die erste Trainerentlassung in der Bundesliga-Saison 1972/73 ging bei Rot-Weiß Oberhausen über die Bühne. Die Kleeblätter trennten sich nach dem 10. Spieltag von Günter Brocker, der mit RWO tief im Tabellenkeller steckte. Es sollte die letzte Trainerstation von Brocker sein, was jedoch einem juristischen Nachspiel wegen seiner Verstrickung im Bundesligaskandal verschuldet war. Sport-90 blickt auf die ungewöhnliche Trainerentlassung von Brocker bei RWO zurück.

Günter Brocker war in den ersten Jahren der Bundesliga, die zur Saison 1963/64 ihren Betrieb aufnahm, ein gefragter Mann. Der gebürtige Duisburger, der als Spieler mit dem FC Schalke 1958 Deutscher Meister wurde, saß beim 1. FC Kaiserslautern (1961 bis 1965, 1. FCK Trainerentlassung Brocker), Werder Bremen (1965 bis 1967, Trainerentlassung Brocker Werder Bremen) und dem FC Schalke (1967 bis 1968, Entlassung Brocker FC Schalke) auf der Trainerbank.

1971: Brocker übernimmt RWO - Oberhausen in Bundesliga-Skandal involviert

Seine vierte Trainerstation in der Bundesliga sollte Rot-Weiß Oberhausen werden. Im April 1971 übernahm Brocker nach der Trainerentlassung von Adi Preißler das Zepter beim Ruhrpottklub. Brocker war nach seinem Aus bei Zweitligist Tennis Borussia Berlin im Sommer 1970 verfügbar und konnte RWO in einem dramatischen Schlussspurt (4 Siege, 1 Remis, 4 Niederlagen) noch den drohenden Abstieg verhindern.

Am letzten Spieltag rettete sich RW Oberhausen durch ein 1:1 bei Eintracht Braunschweig und konnte als Tabellen-16. nur aufgrund des minimal besseren Torverhältnis gegenüber den Kickers Offenbach die Klasse halten. Wie sich später herausstellte, allerdings mit illegalen Mitteln. Denn im Frühjahr 1971 ereignete sich der große Bundesliga-Skandal, in dem sich Bestechungen zugetragen haben und Schmiergelder flossen. RW Oberhausen war wie insgesamt neun weitere Erstligisten im Bestechungsskandal verstrickt.

1971/72: Günter Brocker hält Klasse mit Rot-Weiß Oberhausen

Dennoch: Auf den ersten Blick war der Einstand von Günter Brocker als Trainer von Rot-Weiß Oberhausen geglückt. Doch mit den Kleeblättern ging es auch in der nächsten Saison einzig darum, den Abstieg aus der Bundesliga zu verhindern. Diese Mission erfüllte Brocker sehr ordentlich.

Die Rot-Weißen beendeten die Saison 1971/72 auf dem 15. Platz der Bundesliga Tabelle. Oberhausen hatte unter Günter Brocker eine Bilanz von sieben Siegen, elf Unentschieden und 16 Pleiten bei 33:66 Toren. In der Endabrechnung lag der Kleeblatt-Klub mit 25:43 Punkten recht deutlich über der Abstiegszone. Borussia Dortmund (20:48) musste mit Arminia Bielefeld, denen die Lizenz entzogen wurde, hingegen den Gang in die 2. Liga antreten.

1972/73: RWO-Horrorstart mit Auftaktpleiten gegen Bayern & Köln

Die sportlichen Vorzeichen vor der Saison 1972/73 waren bei Rot-Weiß Oberhausen aber weiterhin die alten. Der Revierklub wurde mal wieder als ein heißer Abstiegskandidat gehandelt! Zu Recht, wie sich direkt zum Saisonstart zeigte. Denn RWO legte einen krachenden Fehlstart hin und nistete sich von Anfang im Tabellenkeller ein.

Am 1. Spieltag kam die Brocker-Elf im eigenen Stadion gleich mit 0:5 gegen den FC Bayern unter die Räder, wobei Fußballlegende Gerd Müller für den amtierenden Meister aus München einen Dreierpack schnürte. Danach setzte es auch beim ambitionierten 1. FC Köln mit 1:3 die nächste Pleite, die aber nicht überraschend kam.

RWO-Trainer Brocker verliert Kellerduelle gegen Braunschweig & Hertha

Doch die RWO-Talfahrt sollte auch an den nächsten drei Spieltagen ihre Fortsetzung finden. Oberhausen musste sich am 3. Spieltag mit 0:1 bei Werder Bremen geschlagen geben und auch das Kellerduell gegen Eintracht Braunschweig ging verloren. Die Niedersachsen, die wie RWO mit drei Niederlagen gestartet waren und direkter Abstiegskonkurrent waren, siegten dank eines späten Treffers von Bent Jensen (78.) mit 1:0 in Oberhausen.

 

 

Der nächste Spieltag, der 5., bescherten den Rot-Weißen direkt den nächsten Abstiegskracher. Es ging ins Berliner Olympiastadion zu Hertha BSC. Auch die alte Dame kam gen wie das Kleeblatt mit vier Pleiten denkbar schlecht aus dem Startblock und fing sich dabei satte 14 Gegentore. Und wieder stand die Auswahl von Trainer Günter Brocker mit leeren Händen da und musste sich mit 1:3 geschlagen geben. Dabei hatte Gerd Wörmer die kriselnden Gäste aus dem Westen noch mit 1:0 in Führung gebracht.

RW Oberhausen unter Günter Brocker mit Auswärtsproblemen

Fünf Spiele, fünf Niederlagen und 2:13 Tore: Was für ein Horrorstart der Rot-Weißen, die wenig verwunderlich Tabellenschlusslicht waren. Am 6. Spieltag konnte Brocker auf der RWO-Trainerbank dann aber endlich den ersten Sieg bejubeln. Aufsteiger Wuppertaler SV wurde 2:1 niedergerungen, wobei Talent Ditmar Jakobs und Rainer Hollmann trafen.

Die Kehrtwende? Mitnichten! Vor allem die Auswärtsschwäche sollte RW Oberhausen und auch Günter Brocker zum Verhängnis werden. Sowohl beim FC Schalke (1:3) als auch bei Borussia Mönchengladbach (1:4) hatten die Kleeblätter nichts zu melden und verloren somit jedes der ersten fünf Gastspiele. Immerhin erlebte Brocker zwischenzeitlich noch einen 1:0-Heimsieg gegen Eintracht Frankfurt auf der Trainerbank mit.

1972: DFB-Sperre besiegelt Brocker-Aus in Oberhausen

Der Triumph gegen die Eintracht war nicht nur Brockers letzter Sieg als RWO-Trainer, sondern überhaupt als Fußballlehrer. Denn als Oberhausen am 10. Spieltag am 31. Oktober 1972 vor heimischer Kulisse nicht über 2:2 gegen den VfB Stuttgart hinauskam, kam es zur Trainerentlassung von Günter Brocker.

 

 

Allerdings war es keine klassische Bundesliga Trainerentlassung. Denn Günter Brocker wurde nicht wegen sportlicher Erfolglosigkeit entlassen, obwohl es hierfür angesichts von sieben Pleiten an den ersten zehn Spieltagen ausreichend Gründe gegeben hätte. Vielmehr wurde der Trainer vom DFB für seine Beteiligung am Bundesliga-Bestechungsskandal für zwei Jahre gesperrt, obwohl er von einem ordentlichen Gericht freigesprochen wurde. Dennoch: Sein Traineramt in Oberhausen durfte der damals 47-Jährige nicht mehr fortführen.

Nach Brocker-Abgang: Friedhelm Kobluhn als RWO-Interimstrainer

Rot-Weiß Oberhausen musste kurzerhand einen Trainer-Ersatz für Brocker aus dem Ärmel schütteln. Die Wahl fiel auf Friedhelm Kobluhn, einer echten RWO-Spielerlegende und Bruder des nicht minder legendären Torjägers Lothar Kobluhn. Friedhelm Kobluhn betreute die RWO-Profis als Interimstrainer jedoch nur in sieben Partien zwischen November 1972 bis Februar 1973, in denen das Kellerkind immerhin fünf Punkte (2 Siege, 1 Unentschieden) holte.

Allerdings wurde RWO vom DFB aufgefordert, innerhalb einer Woche einen neuen Trainer mit der erforderlichen Lizenz zu installieren, in dessen Besitz der ehemalige Verteidiger Kobluhn nicht war.

Neu-Trainer Heinz Murach steigt mit Oberhausen ab - Brocker wird Lehrer

Heinz Murach übernahm den Trainerposten bei Rot-Weiß Oberhausen. Aber der ehemalige BVB-Trainer, der im April 1968 bei Borussia Dortmund entlassen wurde, konnte die Kleeblätter nicht vor dem Abstieg retten. Oberhausen verabschiedete sich nach vier Jahren aus der deutschen Beletage des Fußballs, in die der Traditionsklub bis heute nicht mehr zurückkehren sollte.

Und Günter Brocker? Angesichts seiner Trainer-Sperre musste sich der langjährige Schalke-Spieler fernab des bezahlten Fußballs eine berufliche Existenz aufbauen. Brocker wurde Sportlehrer an einer Berufsschule in seiner Heimat Duisburg und übte diesen Beruf bis zum Pensionseintritt aus. Am 29. Mai 2015 verstarb Günter Brocker im Alter von 90 Jahren nach langer Krankheit.



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