Bildquelle: Vangelisg4 CC BY-SA 4.0 [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)
Saison 1975/76: Trainerentlassung von Otto Rehhagel bei Werder Bremen
Noch bevor Otto Rehhagel bei Werder Bremen ab 1981 eine 14-jährige und erfolgreiche Ära einläutete, hatte der Kulttrainer an der Weser bereits seine Fußspuren hinterlassen. Denn in einem kurzen Intermezzo in der Rückrunde der Saison 1975/76 rettete Rehhagel die Grün-Weißen in bester „Feuerwehrmann“-Manier vor dem Abstieg. Trotzdem kam es zum Saisonende zur Trennung. Sport-90 blickt auf die Trainerentlassung zurück, die jedoch alles andere als ein Rauswurf war.
Otto Rehhagel baute sich beim SV Werder Bremen sein eigenes Denkmal. Über 14 Jahre fungierte der gebürtige Essener von 1981 bis 1995 als SVW-Cheftrainer und feierte mit den Norddeutschen große Erfolge - u.a. einen Aufstieg, je zwei gewonnene Deutsche Meisterschaften und DFB-Pokalsiege sowie einen Triumph im Europapokal der Pokalsieger. Bis heute ist Rehhagel Bremens Rekordtrainer mit der längsten Amtszeit. Es war jedoch sein zweites Engagement bei den Grün-Weißen.
Nach Entlassung in Offenbach: Otto Rehhagel als „Feuerwehrmann“ zu Werder
Seine erste Amtszeit bei Werder Bremen begann am 29. Februar 1976. Nachdem Otto Rehhagel Anfang Dezember 1975 bei Kickers Offenbach die fristlose Trainerentlassung ereilte und er eine vom DFB verhängte 3-Monats-Sperre (u.a. wegen geäußerten Bestechungsvorwurf gegen Schiedsrichter Eschweiler) verbüßte, übernahm er das Zepter in Bremen.
Der SV Werder wurde von Abstiegssorgen geplagt. Nachdem die Mannschaft am 22. Spieltag eine 0:1-Heimpleite gegen Eintracht Braunschweig kassierte, wurde der bisherige Trainer Herbert Burdenski entlassen und Otto Rehhagel als „Feuerwehrmann“ verpflichtet, der den SVW vor dem drohenden Abstieg retten sollte. Bei Rehhagels Amtsantritt grüßte Bremen in der Bundesliga Tabelle vom 14. Platz.
Werder Bremen: Rehhagel-Vorstellung beim Italiener mit Vorgänger & Schnaps
Durchaus kurios ereignete sich die Vorstellung von Otto Rehhagel als neuer Werder Bremen Trainer. Zum einen, weil die Klubverantwortlichen den damals 37-jährigen Coach in einem italienischen Restaurant präsentierten. Zum anderen, weil auch Rehhagel-Vorgänger Herbert Burdenski, der erst zu Saisonbeginn in Bremen anheuerten, der Runde im Lokal beiwohnte. Die Verpflichtung von Rehhagel wurde mit Schnaps begossen.
Werder Bremen war für Otto Rehhagel nach seiner Zeit bei den Kickers aus Offenbach, die er von April 1974 bis Dezember 1975 betreute, erst die zweite Trainerstation in der Bundesliga. Beide Seiten verständigten sich von vorneherein auf einen Vertrag bis zum Ende der Saison 1975/76, in dem sich der Trainer eine Nichtabstiegsprämie von 20.000 DM sichern ließ. Obwohl noch recht unerfahren, wurde Rehhagel in Bremen mit viel Vorschusslorbeeren bedacht. Diesen wurde der „Feuerwehrmann“ vorerst nicht gerecht.
Nach Fehlstart in Bremen: Trainer Rehhagel bleibt zuversichtlich
Denn in den ersten Bundesligaspielen unter Otto Rehhagel blieb die Punkteausbeute von Werder Bremen recht mau. Dabei versuchte der Trainer der Mannschaft durch personelle Änderungen in der Aufstellung sowie Veränderungen in der Taktik neue Impulse zu geben. So ließ Rehhagel Werder Bremen offensiver spielen, während er in der Defensive auf knallharte Manndeckung setzte. „Hauteng decken und vor allem kämpfen, kämpfen, kämpfen“, lautete die Rehhagel-Doktrin.
Zum Einstand als neuer Bremen-Trainer verlor Otto Rehhagel mit seiner Mannschaft am 23. Spieltag beim Karlsruher SC im Wildparkstadion mit 0:2. Besonders bitter, war Aufsteiger KSC doch ein direkter Abstiegskonkurrent. Davon ließ sich Rehhagel aber nicht entmutigen und erklärte nach der Pleite und dem Abrutschen auf Rang 15: „Wir geben uns natürlich noch nicht geschlagen, auf keinen Fall. Wir werden versuchen, mit aller Macht das Bestmögliche noch aus der Geschichte zu machen.“
1975/76: Vorerst keine Trendwende unter Rehhagel bei Werder Bremen
Keine leeren Worte, wie sich aber erst später in der Rückrunde zeigte. Nachdem Werder Bremen im zweiten Spiel unter Rehhagel beim 1. FC Köln durch einen Treffer von Volker Ohling in der 90. Minute noch einen Last-Minute-Punkt bejubeln konnte, folgte bei seinem Heimdebüt im Weserstadion ein souveräner 3:0-Sieg gegen Schlusslicht Bayer Uerdingen.
Die Trendwende? Mitnichten! Der SV Werder hatte nach 25 Runden als Tabellen-15. nur 3 Zähler Vorsprung auf die Abstiegsplätze und konnte keines der folgenden sechs Ligaspiele gewinnen (4 Unentschieden, 2 Niederlagen). Somit glückte Otto Rehhagel nur ein Sieg in den ersten acht Partien. Und als die Grün-Weißen am 30. Spieltag bei Kellerkonkurrent Hannover 96 torlos 0:0 spielten, ging es für die Rehhagel-Truppe sogar runter auf einen Abstiegsplatz (16.).
3 Siege im Schlussspurt: Werder-Trainer Rehhagel bekommt die Kurve
Doch im Saison-Endspurt zündete Werder Bremen den Turbo und reihte drei Siege aneinander. Erst wurde der Tabellendritte 1. FC Kaiserslautern mit 3:2 bezwungen. Dann fuhr Werder ausgerechnet beim großen Nord-Rivalen Hamburger SV, die als Vierter oben mitmischten, mit 2:1 den zweiten Auswärtssieg der Saison ein.
Und am vorletzten Spieltag triumphierten die Grün-Weißen vor heimischer Kulisse mit 2:0 gegen den MSV Duisburg. Unter den Torschützen war Jürgen Röber, der mit zehn Treffern Werder Top-Torjäger dieser Spielzeit war und später vor allem bei Hertha BSC Erfolge als Bundesligatrainer feierte.
Nach Klassenerhalt: Werder-Fans feiern Otto Rehhagel
Mit dem vielumjubelten Heimsieg gegen Duisburg gelang Werder Bremen außerdem der vorzeitige Klassenerhalt. Otto Rehhagel hatte trotz mäßigem Start an der Weser und einer lediglich ausgeglichenen Bilanz (4S/5U/4N) großen Anteil daran. „Er hat eine gewisse Lockerheit in die Mannschaft gebracht und auch das Gefühl, dass man jedes Spiel gewinnen kann“, blickte der damalige SVW-Stammkeeper und Werder-Ikone Dieter Burdenski zurück.
Otto Rehhagel wurde nach dem Erfolg gegen den MSV von den Werder-Fans, die in Scharen den Platz stürmten, auf Schultern getragen. Dass das Saisonfinale am 34. Spieltag bei Rot-Weiss Essen mit 0:2 verloren wurde, konnten die Hanseaten verschmerzen. Und in der Klubführung setzte kurzerhand ein Umdenken ein.
Sommer 1976: Rehhagel verlässt Werder Bremen Richtung Aufsteiger BVB
Zwar hatte Werder Bremen bereits im Winter Ex-Trainer Hans Tilkowski für die kommende Spielzeit als neuen Coach verpflichtet. Dennoch wurde versucht, Rehhagel vom Bleiben zu überzeugen und ihm ein neuer Kontrakt vorgelegt. Doch der aufstrebende Trainer hatte bereits kurz nach Saisonende ein Angebot von Borussia Dortmund angenommen, die den Bundesliga-Aufstieg schafften.
Beim BVB hatte sich die erhoffte Verpflichtung des ehemaligen Gladbacher Erfolgstrainer Hennes Weisweiler zerschlagen, der nach einem kurzen Gastspiel beim FC Barcelona nach Deutschland zurückkehrte und beim 1. FC Köln landete. Der SV Werder musste Rehhagel wohl oder übel ziehen lassen, wobei es sich um keine klassische Trainerentlassung handelte. Fast 15 Jahre musste sich Bremen auf die Re-Union mit Rehhagel gedulden. Das Warten zahlte sich aus, den mit Otto Rehhagel kehrte ab 1981 auch der Erfolg an der Weser zurück.
Weitere Berichte zu den Trainerentlassungen in der Bundesliga
Saison 1975/76: Trainerentlassung von Georg Stollenwerk beim 1. FC Köln
FC-Ikone Georg Stollenwerk wurde beim 1. FC Köln nach der Saison 1975/76 vor die Tür ...
Saison 1975/76: Trainerentlassung von Dietrich Weise bei Eintracht Frankfurt
Unter Dietrich Weise erlebte Eintracht Frankfurt in den 70er Jahren einen wahren ...
Saison 1975/76: Trainerentlassung von Otto Rehhagel bei Werder Bremen
Noch bevor sich Otto Rehhagel bei Werder Bremen als erfolgreicher Trainer zwischen 1981 bis ...
Saison 1975/76: Trainerentlassung von Sepp Piontek bei Fortuna Düsseldorf
Als Sepp Piontek im Sommer 1975 das Traineramt bei Fortuna Düsseldorf antrat, peilte der ...
Saison 1975/76: Trainerentlassung von Willibert Kremer beim MSV Duisburg
Willibert Kremer erlangte beim MSV Duisburg Legendstatus. Im Oktober 1973 wechselte der ...
Saison 1975/76: Trainerentlassung von Max Merkel beim FC Schalke 04
Als Max Merkel 1975 Trainer beim FC Schalke 04 wurde, kündigte der legendäre ...