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Alexander Winokurow – Nationalheld mit Schatten
Nationalheld, Riesentalent und Skandalnudel! All diese Dinge treffen auf Alexander Winokurow zu, den deutsche Radsport-Fans wohl noch am ehesten als Edelhelfer in Diensten von Team Telekom und Team Kapitän Jan Ullrich kennen dürften. Doch mit der Zeit reifte Winokurow selbst zum ernstzunehmenden Klassement-Fahrer, wie er mit einem dritten Rang bei der Tour de France sowie mit einem Vuelta Sieg unter Beweis stellen konnte.
Überhaupt war Alexander Winokurow ein starker Allrounder, der auch bei kurzen Rundfahrten Erfolge feiern konnte. Ferner gelangen ihm Siege bei bedeutenden Eintagesrennen wie dem Amstel Gold Race sowie dem Monument Lüttich-Bastogne-Lüttich, welches er zweimal gewinnen konnte. Am beeindruckendsten aber ist wohl sein Medaillenspiegel bei den Olympischen Spielen sowie bei den kontinentalen Asienspielen. Alexander Winokurow ist (Stand 2020) der einzige Radsportler aus Asien, der jemals Gold im Straßenrennen gewinnen konnte. Ferner ist er der einzige Radsportler, dem es überhaupt gelungen ist, zwei Medaillen im olympischen Straßenrennen zu gewinnen (Silber 2000, Gold 2012). In seiner Heimat Kasachstan machte ihn dies zu einer Kultfigur. Daran konnten auch Doping-Enthüllungen sowie der Verdacht, seinen zweiten Sieg bei Lüttich-Bastogne-Lüttich erkauft zu haben, nichts ändern.
Großes Talent aus Kasachstan
Mit elf Jahren begann Alexander Winokurow, sich dem Radwettkampf zuzuwenden. Dabei wies er schon in jungen Jahren großes Talent nach, da er selbst in Wettkämpfen, in denen er als einer der jüngsten und kleinsten antrat, siegreich hervorgehen konnte. Winokurow brachte es schließlich in die kasachische Nationalauswahl. Deren Trainer ließ schließlich Kontakte nach Europa spielen, um einige seiner Topfahrer bei europäischen Teams unterzubringen. Dadurch landete Alexander Winokurow schließlich beim französischen Amateur Team „Espoir cycliste St-Etienne Loire“. Gute Resultate öffneten ihm dort schließlich die Tür zur Profikarriere. Diese begann er beim Team Casino-Ag2r , wo ihm mehrere Etappen- sowie Rennerfolge beschieden waren. Der größte darunter wohl sein Sieg beim Critérium du Dauphiné Libéré 1999 – einer etablierten Rundfahrt im Vorfeld der Tour de France.
So wurde schließlich Team Telekom auf den Mann aus Kasachstan aufmerksam, wo er unterkam und sich zu einem der wichtigsten Helfer in Diensten von Jan Ullrich entwickelte und 2001 die Deutschland Tour gewinnen konnte. Beim Team Telekom war 2003 sein wohl stärkstes Jahr, begann aber mit einer Tragödie. In der zweiten Etappe der Rundfahrt Paris-Nizza stürzte sein Landsmann und guter Freund Andrei Kivilev. Er fiel ins Koma und verstarb noch in der anschließenden Nacht. Alexander Winokurow schmiss daraufhin alles in den Wettbewerb und konnte ihn tatsächlich gewinnen, wobei er den Sieg seinem verstorbenen Freund und dessen Familie widmete. Nach einer traditionellen vierwöchigen Trauerzeit kehrte Winokurow zurück und konnte 2003 das Amstel Gold Race, die Tour de Suisse sowie eine Etappe bei der Tour de France gewinnen, wo er auf Rang drei endete.
Steckbrief zu Alexander Winokurow
Nationalität: Kasachstan
Spitzname: Vino
Teams
1998–1999 Casino–Ag2r
2000–2005 Team Telekom
2006 Liberty Seguros–Würth
2007 Astana
2009–2012 Astana
Die größten Erfolge von Alexander Winokurow
- 4 Etappensiege bei der Tour de France (2003, 2005, 2010)
- Auszeichnung als kämpferischster Fahrer und Rang 3 bei der Tour de France 2003
- Gesamtsieg bei der Vuelta a España (2006)
- Kombinationswertung bei der Vuelta a España (2006)
- 4 Etappensiege bei der Vuelta a España (2000, 2006)
- Critérium du Dauphiné Libéré (1999)
- 2x Paris–Nizza (2002, 2003)
- Tour de Suisse (2003)
- Deutschland Tour (2001)
- Giro del Trentino (2010)
- Landesmeister im Straßenrennen (2005)
- Asienmeister im Zeitfahren (2009)
- 2x Lüttich–Bastogne–Lüttich (2005, 2010)
- Amstel Gold Race (2003)
- 2 Silbermedaillen im Straßenrennen bei den Asienspielen (1994, 2002)
- Goldmedaille im Mannschaftszeitfahren bei den Asienspielen (1994)
- Silbermedaille im olympischen Straßenrennen (2000)
- Goldmedaille im olympischen Straßenrennen (2012)
Weitere Erfolge – aber auch Skandale
2005 war ein weiteres starkes Jahr für Winokurow, in dem er Landesmeister Kasachstans wurde und seinen ersten Erfolg bei Lüttich-Bastogne-Lüttich feiern konnte. Auch gelang ihm ein respektabler Rang fünfter Rang bei der Tour de France. Allerdings wuchsen die Spannungen im Team Telekom. Vor allem weil dort mit Andreas Klöden, Alexander Winokurow und Jan Ullrich gleich drei starke Fahrer vertreten waren, die allesamt das Zeug zum Team-Kapitän hatten. Darunter litt jedoch das Mannschaftsgefüge, da bei der Grand Tour fast alles auf Jan Ullrich gesetzt wurde. Folglich verließ Winokurow Team Telekom. Es folgten weitere bemerkenswerte sportliche Erfolge, wie der Vuelta Sieg 2006, ein zweiter Triumph bei Lüttich-Bastogne-Lüttich (2010) sowie eine Goldmedaille bei Olympia 2012, nach welcher es nicht mehr lange dauerte, ehe Winokurow seine Karriere feierlich beendete.
Doch ehedem sowie im Anschluss daran sollte es zu Kontroversen um den kasachischen Nationalhelden kommen. So wurde er 2007 bei der Tour de France des Blutdopings überführt und gesperrt. Der kasachische Verband sperrte ihn dabei nur für ein Jahr, wohl um eine Teilnahme an den Olympischen Spielen 2008 nicht zu gefährden, was vom Rest der Radsport-Welt scharf kritisiert wurde. Allerdings verkündete Winokurow dann Ende 2007 seinen Rücktritt, sodass dieses Thema ohnehin vom Tisch war. 2009 kehrt er noch einmal bis 2012 zurück. Dabei geriet vor allem sein zweiter Lüttich-Bastogne-Lüttich Sieg von 2010 in den Fokus, da es auch Jahre später noch hieß, dass Winokurow den Zweitplatzierten, Alexandr Kolobnev, bestochen haben soll. Und tatsächlich soll es E-Mail Austausch sowie eine Überweisung von 100.000 Euro gegeben haben. Allerdings konnte der Verwendungszweck (in dem Fall: Bestechung) niemals bestätigt werden, sodass das Verfahren wegen Mangel an Beweisen eingestellt werden musste.