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Alberto Contador – Zwei Zacken fehlen in der Krone
Nach dem Abgang von Lance Armstrong entwickelte sich Spaniens Alberto Contador für einige Jahre zum wohl dominantesten Fahrer des Radsports. Der spanische Kletterer mit Zeitfahrer-Qualitäten war eine Macht bei kleinen wie großen Rundfahrten, trat bei Eintagesrennen jedoch eher selten stark in Erscheinung. Dafür aber umso mehr bei den Grand Tours, die er alle drei je mindestens zweimal gewinnen konnte.
Technisch gesehen sogar je mindestens dreimal, aber die Siege bei der Tour de France 2010 und beim Giro d‘Italia 2011 wurden Contador infolge erwiesenen Dopings nachträglich aberkannt. Doch selbst eingedenk dieser „gestrichenen“ Erfolge ist und bleibt Alberto Contador einer von gegenwärtig nur sieben Fahrern (Stand Januar: 2020), die alle drei Grand Tours mindestens einmal gewinnen konnten. Die anderen sechs sind Chris Froome, Eddy Merckx, Jacques Anquetil, Bernard Hinault, Vincenzo Nibali und Felice Gimondi.
Der spanische Pantani
Mit 15 Jahren begann Alberto Contador bei den Amateuren. Gleichwohl es in seinen ersten beiden Jahren an großen Erfolgen fehlte, schienen schon recht früh seine außergewöhnlichen Anlagen als Kletterer hindurch. So wurde Alberto Contador von seinen Teamkollegen im Amateurbereich alsbald „Pantani“ gerufen – nach dem italienischen Kletterer Marco Pantani, der heute noch als einer der stärksten Bergfahrer aller Zeiten gilt. Er brach die Schule vorzeitig ab, um sich Vollzeit dem Sport zu widmen. 2003 wechselte Contador ins Lager der Profis.
Dort mauserte sich Contador schnell vom Talent und Edelhelfer zu einem der dominantesten Klassementfahrer seiner Zeit. 2007 gewann er die Tour de France – bei seiner erst zweiten Teilnahme an diesem Wettbewerb. Endgültig unter den Großen reihte er sich ein, als er sie 2009 erneut gewann – und sich damit über den zurückgekehrten Lance Armstrong (dessen Teamkollege er widerwillig war) hinwegsetzte. 2008 hatte Contador überdies die Vuelta und den Giro im selben Jahr gewonnen – gehörte also schon damals zu den Gewinnern aller drei Grand Tours. Folglich sah er es nicht ein, den Edelhelfer für Lance Armstrong spielen zu wollen und beanspruchte die Teamführung für sich. Ein Anspruch, den er auf den Straßen Frankreichs 2009 durchsetzte.
Steckbrief zu Alberto Contador
Nationalität: Spanien
Spitzname: El Pistolero
Teams
2003–2006 ONCE–Eroski
2007 Discovery Channel
2008–2010 Astana
2011–2016 Saxo Bank–SunGard
2017 Trek–Segafredo
Die größten Erfolge von Alberto Contador
- Zwei Gesamtsiege bei der Tour de France (2007, 2009)
- Bester Jungfahrer bei der Tour de France (2007)
- 3 Etappensiege bei der Tour de France (2007, 2009)
- 2x Gesamtsieger beim Giro d'Italia (2008, 2015)
- 3x Gewinner der Vuelta a España (2008, 2012, 2014)
- 2x Kombinierte Wertung der Vuelta a España (2008, 2014)
- 7 Etappen bei der Vuelta a España (2008, 2012, 2014, 2017)
- 2x Paris–Nizza (2007, 2010)
- Tirreno–Adriatico (2014)
- 4x Baskenland-Rundfahrt (2008, 2009, 2014, 2016)
- Vuelta a Burgos (2016)
- Volta ao Algarve (2009, 2010)
- Route du Sud (2015)
- Spanischer Landesmeister im Zeitfahren (2009)
- Milan–Turin (2012)
Clenbuterol ja, Blutdoping nein?
Von den sieben Fahrern, welche alle drei Grand Tours gewinnen konnten, ist Alberto Contador jener, der sich wohl am klarsten des Dopings schuldig gemacht hat. Aufgrund von nachgewiesenem Clenbuterol wurden ihm die Siege bei der Tour de France 2010 sowie beim Giro d‘Italia 2011 nachträglich aberkannt. Contador bestritt stets, wissentlich etwas eingenommen zu haben. Und manch ein Zunftgenosse sprang ihm zustimmend zur Seite, weil Clenbuterol im laufenden Wettbewerb einem Fahrer kaum Vorteile bringen würde und überdies dafür bekannt war, sehr leicht nachweisbar zu sein.
Allerdings gibt es klare Hinweise darauf, dass Alberto Contador dem Blutdoping zugetan war. So wurden auch Plastikstoffe in seinem Blut nachwiesen, wie man sie von den Beuteln für Bluttransfusionen kennt. Durchaus vorstellbar, dass er das Clenbuterol in der Saisonvorbereitung zu sich genommen hatte, um Gewicht zu reduzieren und bei dieser Gelegenheit noch ein, zwei Blutbeutel für einen regnerischen Tag beiseitegelegt hatte. Dass Contador Blutdoping betrieben haben könnte, deutete sich dabei nicht zum ersten Mal seiner Profikarriere an. Die Operation Puerto (2006) brachte auch seinen Namen in Verbindung mit dem Dopingarzt Fuentes, der für die Praxis des Blutdopings bekannt war.
Vom Dopingskandal merkwürdig unberührt
Contador entschuldigte dies einfach kaltschnäuzig damit, dass er zur falschen Zeit im falschen Team gewesen wäre und sein Name folglich irgendwie unter den Unterlagen von Fuentes aufgetaucht sei. Die Indizien-Lage zeichnet jedenfalls wirklich kein gutes Bild von Contador. Dennoch ist sein Ruf im Radsport bemerkenswert „unbeschädigt“ geblieben.
Wahrscheinlich weil die Spanier einen neuen Radsport-Helden an der Weltspitze herbeisehnten – waren doch viele andere aussichtsreiche spanische Fahrer, wie Alejandro Valverde, Roberto Heras, Joseba Beloki oder Carlos Sastre, in der Ära Armstrong von diesem überschattet worden. Nun da sie ihren Helden hatten, wollten sie ihn auch nicht mehr hergeben. Da änderte auch das bisschen Doping nichts.