Wendi Richter – Opfer des originalen Screwjobs

Was macht Wendi Richter heute?

Bildquelle: John Jewell [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Wendi Richter war nicht nur eine der dominanten WWF Wrestlerinnen der 80er Jahre, sondern überhaupt eine der Pionierinnen aus jener Zeit. In der NWA hielt sie mehrfach Tag Team Gold. Sowohl in der WWF, der AWA als auch im puerto-ricanischen WWC (World Wrestling Council) eroberte Richter jeweils die Frauentitel der Organisationen. Ihre kommerzielle Glanzzeit hatte sie dabei in der WWF, als sie inmitten der Zusammenarbeit zwischen WWF und MTV mit der Sängerin Cindy Lauper die „Rock and Wrestling Connection“ gründete.

Besonders berüchtigt war jedoch das Ausscheiden von Wendi Richter bei der WWF. In einem Match gegen eine maskierte, vermeintliche Mystery-Gegnerin (die sich als ihre Rivalin Fabulous Moolah erwies), wurde Richter entgegen der Absprache gepinnt, wobei ein Fast-Count des Ringrichters kräftig mithalf. An der verwirrten und zunehmend aggressiven Art von Richter wurde schnell klar, dass sie wirklich aufs Kreuz gelegt worden war. So wie mehr als zehn Jahre später Bret Hart sollte also auch sie nach einer Intrige und im Zwist die WWF verlassen.

Frühe Erfolge in der NWA

Wendi Richter wuchs auf einer Ranch in Dallas, Texas auf und offenbarte schon früh, dass sie ein eher waghalsiges Mädel war. Vor ihrer Wrestling-Karriere nahm sie an Rodeo-Wettbewerben teil. In der High School stellte sie in den Disziplinen Volleyball, Leichtathletik sowie Cross-Country ihre Sportlichkeit unter Beweis. Danach (analog zu ihrer Wrestling-Karriere) studierte sie Programmierung am Dallas Draughon Business College.

1979 begann Wendi Richter ihr Training. Trainiert wurde sie von Leilani Kai, Judy Martin und Joyce Grable, die allesamt zur Lillian Ellison School of Professional Wrestling (geführt von der legendären Fabolous Moolah) gehörten. Die Wrestlerinnen waren damals also auch, was den Punkt der Ausbildung anbelangte, weitgehend sich selbst überlassen, da sie eher als Attraktionen nebenher galten und von ihren männlichen Kollegen sowie von den Promotern nicht besonders ernst genommen wurden. Später sollten sich die Wege von Moolah und Richter auf weit unrühmlichere Art und Weise erneut kreuzen.

Wendi Richter formte zusammen mit Joyce Grable das Tag Team der Texas Cowgirls. In dieser Formation eroberten sie zweifach Tag Team Gold in der National Wrestling Alliance, jenem Dachverband der Wrestling Territorien, der vor dem Siegeszug der WWF die bedeutendsten Titel innehatte. Auch den NWA Women‘s Titel konnte Wendi Richter später solo erobern. Die Texas Cowgirls wurden insbesondere in Kanada, bei Stampede Wrestling, häufiger gebucht und verzeichneten dort ihre wohl bedeutendsten Fehden und Erfolge.

Nicht nur für das Frauenwrestling historisch bedeutsam

1983 stieß Wendi Richter zur WWF dazu, die zu jener Zeit aggressiv das US-Wrestling unter dem eigenen Banner konsolidierte. Hier sollte Wendi Richter ihrem wohl größten Publikum bekannt werden und sogar eine tragende Rolle spielen, welche die Zusammenarbeit der WWF und des damals aufsteigenden Musik-Fernsehsenders MTV förderte. Zunächst bekam Richter es mit einigen Rivalinnen zu tun, mit denen sie sich bereits abseits der WWF gemessen hatte (Velvet McIntyre und Princess Victoria). Doch wenig später wurde sie in eine Fehde zwischen der Sängerin Cindy Lauper sowie dem Wrestling Manager Lou Albano verwickelt.

Lauper war damals häufig bei der WWF zu sehen und Albano hatte in ihrem Musikvideo zu „Girls Just Want to Have Fun“ mitgewirkt. Dabei kämpfte Wendi Richter mit Cindy Lauper in ihrer Ecke, während Lou Albano Fabulous Moolah ins Rennen schickte. Wendi Richter gewann ihr Match gegen Moolah, womit sie die längste Titelregentschaft im Frauen-Wrestling beendete. Laut WWF hatte Fabulous Moolah den Titel ehedem für 28 Jahre innegehabt (allerdings war diese veröffentlichte Angabe nicht korrekt, da Moolah den Titel zwischenzeitig durchaus verloren hatte).

 

 

Doch noch beachtlicher als dieser überraschende Sieg waren die Einschaltquoten für MTV. Das dort ausgestrahlte Match zwischen Richter und Moolah bescherte MTV einen Quotenrekord, was die Zusammenarbeit mit der WWF zweifelsohne vertieft haben dürfte. Cindy Lauper und Wendi Richter gründeten daraufhin die „Rock and Wrestling Connection“.

Der originale Screwjob

Richter verlor den WWF Women‘s Titel später an Leilani Kai, holte ihn sich aber einen Monat später im Rematch, bei der ersten WrestleMania, zurück. Somit war sie auch die erste Frau, die bei WrestleMania ein Match gewinnen sowie einen Titel erobern konnte. Doch nicht lange danach sollte dieser Höhenflug zu einem jähen Ende kommen. Später im selben Jahr sollte Richter zu einer Titelverteidigung gegen die maskierte Mystery-Gegnerin „The Spider“ antreten. Wendi Richter selber hatte keine Ahnung, wer unter der Maske steckte. Im Match ging zunächst alles nach Plan, bis plötzlich The Spider einen Pinversuch unternahm und der eingeweihte Ringrichter blitzschnell auf drei zählte. Ungeachtet dessen, dass Richter dennoch vorzeitig ausgekickt hatte, ertönte die Ringglocke und es wurde auf Sieg für die maskierte Gegnerin entschieden.

Richter nahm wohl zunächst einen Fehler des Zeitnehmers an, denn sie setzte das Match fort. Doch als ihre Gegnerin keine Aktionen mehr verkaufte, riss Richter ihr die Maske vom Gesicht. Es war Fabulous Moolah, die weiterhin alle Aktionen Richters ignorierte und sich stattdessen feierte, gleichwohl der Pin ganz klar überhaupt nicht valide gewesen war. Daraufhin wurde Richter immer zorniger und ruppiger. Aus choreografierten Schlägen wurden zunehmend echte. Richter entriss dem offensichtlich eingeweihten Ringrichter den Titel und ging damit auf Moolah los, die durch die Ringseile türmte.

Ohne sich die Mühe zu machen, sich umzuziehen, stürmte Wendi Richter später aus der Halle, stieg in ein Taxi und trat nie wieder bei der WWF/WWE an. Auch mit Fabulous Moolah sprach sie nie wieder ein Wort. Laut eigener Aussage hatte Richter keine Ahnung, wer sich unter der Maske verbarg. Allerdings muss sich bereits einen Verdacht gehegt haben, da sie Moolah Backstage antraf, obwohl diese gar nicht gebucht war. Und Moolah erschien normalerweise niemals zu Shows, bei denen sie nicht auftreten musste. Überdies erkannten bereits mehrere Zuschauer vor Ort Moolah unter der Maske, wie diverse Schmährufe von Fans aus der ersten Reihe im laufenden Match es unter Beweis stellten.

Internationale Erfolge und Matches gegen weitere Pionierinnen

Als Grund für den originalen Screwjob müssen wohl vertragliche Dispute zwischen Vince McMahon sowie Wendi Richter gelten. Vince McMahon sagte dazu, dass Richter sich wohl geweigert hätte, einen neuen Vertrag zu unterzeichnen, während sie noch den Titel innehatte. Richter sagte demgegenüber aus, dass sie zum damaligen Zeitpunkt durchaus noch fünf Jahre unter Vertrag gewesen wäre, aber ständig um bessere Bezahlung mit Vince McMahon zanken musste. Sie sollte Zeit ihrer aktiven Karriere nicht mehr bei der WWF antreten, nahm aber 2010 ihre Aufnahme in die WWE Hall of Fame an und erschien als Gast zur 1000. Ausgabe von RAW (gemeinsam mit Cindy Lauper).

Auch nach der WWF konnte Richter noch einige Erfolge einfahren. Auf US-Boden wurde sie in der AWA-Titelträgerin des Frauentitels, den sie Madusa Miceli entriss (später besser bekannt als Alundra Blayze). In Puerto Rico konnte sie zweimal das Titelgold beim WWC (World Wrestling Council) erobern. Dort lieferte sie sich mit Monster Ripper alias Rhonda Sing (in der WWF als Bertha Faye bekannt) eine Fehde um diesen Titel. Ferner trat sie in Japan auf. Allerdings nahmen ihre Engagements Ende der 80er dann massiv ab. Danach trat sie bis 2005 nur noch sehr sporadisch auf. Darunter ein Gast-Match beim CWA World Cup 1993, wo sie sich auf dem Schützenplatz in Hannover gegen Debbie Combs durchsetzen konnte.

Nach ihrer Wrestling-Karriere studierte Wendi Richter wieder und spezialisierte sich auf diesem Wege beruflich auf diverse Therapieformen. Auch bei Hunde-Ausstellungen und -Wettbewerben tritt sie regelmäßig an.


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