Bildquelle: Kristin Wall CC BY-SA 2.0 [CC BY-SA 2.0], via Flickr.com (Bild bearbeitet)
Beterbiev schnappt sich Titel & wird linearer Champion nach KO-Sieg über Gvozdyk
Aus dem Liacouras Center in Philadelphia gab es heute Nacht via Livestream Boxen zu sehen (ESPN). Top Rank lud zu einer Boxgala Freitagnacht ein, was für Boxfans immer toll ist, denn der Samstag folgt bekanntermaßen ja noch. Dennoch wäre der Main Event auch jeder Samstags-Matchcard würdig gewesen, senn zum ersten Mal in der Geschichte des Boxsports traten zwei ungeschlagene Boxweltmeister im Halbschwergewicht zu einer Titelvereinigung an: Die Knockout-Maschine Artur Beterbiev (IBF-Champion) traf auf Oleksandr Gvozdyk (WBC-Champion).
Wir steigen ein mit einem Boxkampf im Superleichtgewicht: der ungeschlagene aber letzthin von Verletzungen geplagte Amerikaner Julian Rodriguez (17-0) gegen einen hart zuschlagenden Journeyman von den Philippinen, Leonardo Doronio (17-16-3). Die Vorbereitung von Julian Rodriguez war von Krankheit unterbrochen gewesen. Doch im Ring war davon, nichts mehr zu merken. Gegen den keineswegs ungefährlichen Leonardo Doronio dominierte er über die vollen sechs Runden, auf die der Kampf angesetzt war. Mit Volumen und guter Variation in seinen Schlägen überwältigte Rodriguez seinen Gegner. Im Interview nach dem Kampf gedachte Rodriguez seinem Sportkameraden Patrick Day, der vor Kurzem an einem Hirntrauma (resultierend aus einem Boxkampf) gestorben war. Etwas, was nach wie vor viel zu oft im Boxsport passiert!
Adorno und Conto siegen rasch und souverän
Es folgte ein Kampf im Boxen Leichtgewicht zwischen Joseph Adorno (13-0) und Argentiniens Damian Alejandro Sosa (9-2). Der nur 20-jährige Adorno wirkte von Anfang an entspannter und bestimmte die Distanz. Sosa sah sich gezwungen, rasch den In-Fight zu suchen, war dort aber sehr offen, was ihm zum Ende der Ersten einen Haken einbrachte, der ihn auf die Bretter schickte. Danach rettete nur noch der Gong zur Pause, denn Sosa war klar erkennbar auf wackeligen Beinen. In Runde zwei versuchte er dann mit dem Mut der Verzweiflung die Burg zu stürmen. Er bekam Adorno an die Seile und setzte ihn unter Druck. Doch abermals war er auf dem Weg rein zu offen und Adorno timte ihn bei einem weiteren Ansturm, sodass Sosa infolge des Konters fast Stirn voran durch die Seile flog. Der Ringrichter entschied auf TKO!
Weiter ging es mit einem Rookie-Fight im Boxen Schwergewicht: Sonny Conto (4-0) gegen Steven Lyons (5-5). Der lineare Boxweltmeister im Schwergewicht Tyson Fury begleitete Conto zum Ring. Das junge Schwergewicht diente unter anderem als Sparrings-Partner von Fury und Kubrat Pulev. Daher also diese Geste des Weltmeisters. Es folgte ein ungleicher Kampf, der nicht über eine Runde hinausgehen sollte. Conto war wesentlich entwickelter und viel leichtfüßiger. Steven Lyons war extrem flach auf den Füßen. Conto jabbte ihm den Kopf weg und Lyons schien vollkommen überfordert. Nach einer Runde hatte der sichtbar entmutigte Lyons genug und trat gar nicht erst zur Zweiten an.
Abdukakhorov besteht steifen Test gegen Collazo
Der Co-Main Event im Boxen Weltergewicht sah Luis Collazo (39-7) gegen Kudratillo Abdukakhorov (16-0). Collazo ein echter Veteran (WBA-Weltmeister von 2005), der 2015 scheinbar am Ende seiner Karriere gewesen war. Doch seit 2017 hatte er noch dreimal gekämpft und gesiegt. Keineswegs gegen Laufkundschaft! Dennoch war natürlich der zwölf Jahre jüngere Kudratillo Abdukakhorov der Favorit. Mit 38 Jahren gibt es nur noch Außenseiterrollen.
Die erste Runde ging an Abdukakhorov. Wesentlich mehr Volumen, Treffer und offensive Initiative von ihm. Collazo begnügte sich damit, seine Deckung kompakt zu halten. Ab Runde zwei legte der toughe Veteran Collazo, der in 46 Kämpfen nur zweimal ausgeknockt worden war, den Vorwärtsgang ein. Er marschierte nach vorne und sicherte sich die Offensive. Insbesondere weil Collazo null Respekt vor den Schlägen von Kudratillo Abdukakhorov zeigte. Immer wieder grub Collazo zum Körper, was Abdukakhorov nicht schmeckte. Auch in Runde drei und vier ging Collazo nach vorne und diktierte ein hektisches Tempo im Boxring. Abdukakhorov dadurch nur noch am Reagieren, was Collazo natürlich entgegenkam. Er konnte das Tempo nun in seinem Sinne gestalten.
In Runde fünf konnte Kudratillo Abdukakhorov endlich wieder Boden gut machen, als er im Rückwärtsgang sein Timing fand und Collazo wesentlich häufiger traf, als dieser ihn. Allerdings ging Collazo immer noch unbeirrt nach vorne. Wenn ihn diese Schläge taxierten, dann ließ er sich nichts davon anmerken. Runde sechs von ähnlicher Textur. Collazo ging nach vorne, doch Abdukakhorov punktete. Daran änderte sich im Rest des Kampfes nicht mehr viel. Es schien, dass Collazos Strategie sich darum drehte, seinen Gegner mit Vorwärtsbewegung dazu zu ermuntern, zu überpacen und aufzumachen. Von Runde zwei bis vier schien dies auch zu funktionieren. Doch ab der Fünften fand Abdukakhorov seinen Rhythmus im Rückwärtsgang und punktete wesentlich mehr. In der Zehnten wurde der Kampf dann durch den Ringarzt beendet, da die Augen von Collazo, der immer noch beherzt und ohne Unterbrechung nach vorne gegangen war, infolge von Cuts (nach einem unbeabsichtigten Kopfstoß) komplett zu waren. Die Punktentscheidung ging vertretbar an Kudratillo Abdukakhorov.
Ein Kampf auf Augenhöhe
Zeit für die Titelvereinigung im Boxen Halbschwergewicht: Oleksandr Gvozdyk (17-0) aus der Ukraine gegen Russlands Artur Beterbiev (14-0). Beide Boxweltmeister ungeschlagen! 28 ihrer kombinierten 31 Kämpfe waren via KO beendet worden. Dies könnte eine kurzweilige Angelegenheit werden! Ein Kampf, den viele Fans und Experten im Vorfeld als absolute 50:50 Angelegenheit betrachteten.
Gvozdyk fand besser in den Boxkampf. Wie zu erwarten war, nutzte Gvozdyk seinen leichten Reichweitenvorteil und zirkulierte stets zu seiner Rechten, weg von der rechten Powerhand von Beterbiev. Gvozdyk klopfte unten und oben an. Er boxte Beterbiev mit Führhänden und Geraden. Ein Aufreger am Ende der Ersten war ein vermeintlicher Niederschlag gegen Gvozdyk. Dieser wurde nach Begutachtung durch die Kommission jedoch zurückgenommen. Auch in Runde zwei gestaltete Gvozdyk den Kampf über die Distanz. Doch Beterbiev drehte am Ende der Runde auf, als er die Angelegenheit in den Nahkampf trug. Und schon zeigte seine Rechte Wirkung. Gvozdyk mochte das überhaupt nicht! Die Runde wohl dennoch bei Gvozdyk, der einfach mehr Kombinationen unterbringen konnte.
Runde drei war dann enger, da Oleksandr Gvozdyk nicht mehr ganz so deutlich mit dem Volumen enteilte. Beterbievs Offensive war zwar immer noch sporadischer, strahlte aber immer Eindruck aus. Seine Power war sehr präsent! Vor allem drehte er abermals taktisch zum Ende der Runde auf. In Runde vier blieb Gvozdyk seiner Arbeit zum Körper treu. Und warum nicht? Immerhin war Beterbiev es gewohnt, Kämpfe vorzeitig zu beenden. Allerdings musste man Beterbiev zugutehalten, dass er sich hier gut pacte und dem KO nicht hinterherjagte. Er lauerte. Wieder beendete er die Runde stark, doch die Zeit davor gehörte abermals vor allem Gvozdyk, der einfach mehr schlug. Runde fünf wurde dann etwas taktisch verhaltener, was Beterbiev jedoch eher entgegenkam. Denn umso deutlicher war der Kontrast zwischen seinen Schlägen und jenen von Gvozdyk. Beterbiev mit guten, harten Treffern zum Körper.
Beterbievs Power setzt sich abermals durch
In Runde sechs wurde es dann lebhaft, als beide Kämpfer phasenweise in den offenen Schlagabtausch gingen. Beide mit guten Treffern! Runde sieben etwas verhaltener, was Beterbiev mit seiner sichtbaren Power aber wohl eher in den Augen der Punktrichter entgegenkam. Beide noch mit guter Körpersprache. Es war der antizipiert enge Kampf. Runde acht startete ähnlich verhalten wie jene zuvor, doch dann kam Gvozdyk über gute Links-Rechts-Kombinationen, die er mit der Führhand einleitete. Zum Ende der Runde würgte er die Offensive von Beterbiev, der wieder in den Schlusssekunden Gas geben wollte, ab. In Runde neun reagierte Beterbiev jedoch stark, als er Gvozdyk Körpertreffer einschenkte, sodass dieser den Rest der Runde nur noch damit zubringen konnte, sein Heil im Clinch zu suchen. Beterbiev hatte Blut geleckt. Die bislang klarste Runde für ihn!
Die zehnte sollte dann die letzte Runde werden. Der Eindruck aus den Runden zuvor schuf nun Tatsachen. Beterbiev brachte seine Power immer effektiver an Gvozdyk an, der zwar noch willens, aber körperlich sichtbar angeschlagen war. Dreimal musste er aufs Knie – einmal zu oft: TKO! Damit reproduzierte Beterbiev einen KO-Sieg über Gvozdyk. Denn bereits als Amateure waren die Beiden aufeinandergetroffen und Beterbiev hatte auch damals via KO gesiegt. Artur Beterbiev ist somit nicht nur der Champion zweier Verbände, sondern wird fortan auch als der lineare Champion im Boxen Halbschwergewicht anerkannt, da Gvozdyk diesen virtuellen Titel zuvor innehatte.
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