Bildquelle: Eric HOUDAS [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)
Walter Godefroot – Top-Fahrer, Manager und Reizfigur
Den Namen „Walter Godefroot“ werden viele langjährige Radsportfans mit dem Team Telekom in Verbindung bringen, wo Godefroot quasi als der ewige Team Manager von 1992 bis 2005 (nahezu die gesamte Zeit der Telekom/T-Mobile Ära) diente. Unter seine Ägide fielen somit die größten Triumphe, wie die Tour de France Siege 1996 und 1997. Aber auch die größten Skandale, als systematisches Doping im Team Telekom ans Licht kam.
Was dabei leicht in Vergessenheit gerät: Walter Godefroot war selbst einmal ein außerordentlich erfolgreicher Radrennfahrer gewesen. Die bärbeißig dreinschauende „Bulldogge aus Flandern“ konnte während der aktiven Karriere (1965-1979) so selbst das grüne Trikot bei der Tour de France erobern und mehrere beeindruckende Rennsiege feiern. Darunter vor allem Siege bei den heimischen Monumenten in Belgien: der Flandern-Rundfahrt und Lüttich-Bastogne-Lüttich. Auch das klassische Ausdauerrennen Bordeaux-Paris konnte Godefroot zweimal gewinnen. Überdies war Walter Godefroot der historisch erste Gewinner einer finalen Tour de France Etappe am Champs-Élysées, wo die Tour seither traditionell endet.
Ein klassischer Klassiker-Jäger
Vom Fahrertyp her war Walter Godefroot ein Sprinter und Eintagesspezialist. Qualitäten, wie sie noch heute bei vielen der Klassiker-Jäger vorherrschend sind. Bereits als Amateur konnte Godefroot Erfolge feiern. Der größte darunter war wohl seine Bronzemedaille im Straßenrennen bei den Olympischen Spielen 1964. Ein Jahr später schaffte Godefroot den Sprung zu den Profis, wo erste Erfolge nicht lange auf sich warten lassen sollten. So wurde er 1965 belgischer Meister und konnte 1967 Lüttich-Bastogne-Lüttich gewinnen sowie seinen ersten von insgesamt zehn Tour de France Etappensiegen festmachen.
Im Anschluss an seine überaus erfolgreiche Karriere als Radrennfahrer ging Godefroot nun in den administrativen Bereich des Sports über und wurde sportlicher Leiter mehrerer Radsport-Teams. Doch seine bekannteste Wirkungsstätte sollte seine Arbeit beim Team Telekom werden, wo er mit Bjarne Riis und Jan Ullrich zwei Tour de France Sieger hervorbringen sollte. Dann folgte jedoch die Ära von Lance Armstrong, in welcher Team Telekom zur prominenten zweiten Geige degradiert wurde. Jedoch sollte man sie nicht zu sehr bedauern, wie sich zeigen würde. Denn auch im Team Telekom wurde umfassend gedopt.
Steckbrief zu Walter Godefroot
Nationalität: Belgien
Spitzname: Die Bulldogge aus Flandern
Teams
1965–1966 Wiel's–Groene Leeuw
1967–1969 Flandria–De Clerck
1970 Salvarani
1971–1972 Peugeot–BP–Michelin
1973–1975 Flandria–Carpenter–Shimano
1976–1979 IJsboerke–Colnago
Die größten Erfolge von Walter Godefroot
- 10 Etappen bei der Tour de France
- Punktwertung bei der Tour de France
- 1 Etappe beim Giro d' Italia
- 2 Etappen bei der Vuelta a España
- Belgischer Landesmeister im Straßenrennen
- Lüttich–Bastogne–Lüttich (1967)
- Flandern-Rundfahrt (1968, 1978)
- Paris–Roubaix (1969)
- Bordeaux–Paris (1969, 1976)
Keine unauffällige Erscheinung
Dass Team Telekom unter Walter Godefroot sich wohl des systematischen Dopings schuldig gemacht hat, war einerseits dem Zeitgeist geschuldet. Denn gerade die Phase der größten Erfolge fand statt, als EPO nicht nachweisbar war und Hochkonjunktur im Peloton hatte. Doch andererseits ist Walter Godefroot selber alles andere als ein unbeschriebenes Blatt, wenn es um Doping geht. So hatte Walter Godefroot bereits als aktiver Radrennfahrer mehrfach Doping Tests verweigert. Und bei der Flandern-Rundfahrt 1974 wurde Godefroot wegen Einnahme von Ritalin vom Wettbewerb gesperrt.
Natürlich war Godefroot diesbezüglich auch ein Kind seiner Zeit. Zwar wurden während seiner aktiven Zeit Doping Tests vermehrt eingeführt, doch die Strafen waren vergleichsweise banal. Zumal die Bereitschaft zu betrügen und zu dopen schon immer ein Teil des Sports war. Doch mit EPO in den 90ern war der Tisch gedeckt, da die Radrennfahrer plötzlich ein nicht nachweisbares Wundermittel hatten, das sehr viel leistungssteigernder war als alles Vorherige. Gemessen an Godefroots Bereitschaft zu dopen, verwundert es nicht, dass er nun als sportlicher Leiter ebenfalls darauf zurückgriff. Erst als 2005 diese Konstellationen ans Licht kamen, musste Godefroot seinen Hut nehmen.