Remco Evenepoel gewinnt die Clásica de San Sebastián 2019

Remco Evenepoel gewinnt Clásica de San Sebastián 2019

Bildquelle: Granada CC BY-SA 4.0 [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Nach der ausgedehnten Tour de France 2019 war es nun an der Zeit für den Clásica de San Sebastián. Ein 227 Kilometer langes UCI World Tour Eintagesrennen durch das Baskenland. Letztes Jahr hieß der Sieger dieses Rennens Julian Alaphilippe. Der Clásica de San Sebastián ist ein sehr hügeliges und durchaus auch bergiges Eintagesrennen, in dem vor allem Puncher und Kletterer sich etwas ausrechnen können. Ein Rennen nach dem Geschmack zahlreicher Eintagesspezialisten!

Bislang konnte noch keiner den Clásica de San Sebastián öfter als dreimal gewinnen, was aber eingedenk der relativ kurzen Historie des Rennens (erstmals wurde es 1981 ausgefochten) nicht überrascht. Der Rekord von drei Siegen wird derzeit immer noch vom spanischen Ex-Fahrer Marino Lejarreta gehalten, der das Rennen binnen der ersten sieben Editionen dreimal gewinnen konnte. Marino Lejarreta hält außerdem den bemerkenswerten Rekord, als weltweit einziger Fahrer in vier Saisons jeweils alle drei Grand Tours in Angriff genommen und zu Ende gefahren zu haben!

Schwere Beine sieben große Namen aus

Zwar war Julian Alaphilippe angetreten, um seinen Erfolg aus dem Vorjahr zu bestätigen, doch musste er bereits an der ersten Verpflegungs-Zone vom Rennrad steigen. Die Tour de France 2019 hing ihm noch zu sehr in den Knochen. Auch Tour de France Sieger Egan Bernal fuhr mit, war jedoch eher weit hinten im Feld. Für ihn war es wohl auch also eher eine Trainingsfahrt. Hoffnungen auf einen zweiten Sieg machte sich indes Bauke Mollema, der dies 2016 schon einmal vollbracht hatte und hier Präsenz zeigte. Auch Alejandro Valverde, der hier schon oft auf dem Podium gestanden hatte, auf der Suche nach einem dritten Sieg, um den Rekord zu egalisieren.

Bei noch 75 zu fahrenden Kilometern waren mehrere versprengte Ausreißer unterwegs. In einer kleinen Spitzengruppe waren Daniel Oss und Felix Großschartner für Bora-Hansgrohe unterwegs. Doch Team Movistar holte die meisten Ausreißer an einem recht steilen Aufstieg (1. Kategorie zurück), als sie das Tempo im Feld machten. Derweil musste auch Mikel Landa hier abreißen lassen. Auch er noch im Schatten der Tour de France, gleichwohl er hier zunächst stark ausgesehen hatte. Derweil fuhr nur noch Fernando Barcelo vom lokalen Wildcard Team Euskadi Basque Country – Murias vorneweg. Er war der einzig verbliebene Fahrer einer ursprünglich neunköpfigen Ausreißergruppe. Sein Vorsprung betrug noch etwas mehr als eine Minute.

Movistar mit der Nase im Wind

Es waren nur vier deutsche Radrennfahrer mit von der Partie: Paul Martens (Jumbo-Visma), Florian Stork und Johannes Fröhlinger (Sunweb) sowie Christoph Pfingsten (Bora-Hansgrohe). Diese jedoch allesamt eher in Helfer Rollen aktiv. Bei noch 50 zu fahrenden Kilometern wurde auch Fernando Barcelo geschluckt. Movistar hielt das Tempo hoch, was jedoch eingedenk der Rennsituation etwas unnötig aggressiv erschien. Barcelo war nur ein krasser Außenseiter mit wenig Vorsprung und es standen noch zwei in Teilen sehr steile Anstiege (beide 2. Kategorie) an. Wozu diese Energie im Flachen verpulvern, wenn die taktisch wichtigsten Situationen noch kommen würden? Überdies provozierte das Einsacken des Ausreißers prompt neue Attacken. Omar Fraile (Astana) und Rui Costa (UAE Team Emirates) attackierten, kamen jedoch nicht davon. Schließlich bekam Team Movistar vorne Gesellschaft. Unter anderem von Team CCC für Greg Van Avermaet.

 

 

Die Teams im Vorfeld des vorletzten Anstiegs bemüht, sich möglichst weit vorne zu platzieren. Insbesondere weil die Straße in Teilen des Aufstiegs auf Feldweg-Format zusammenschrumpfte. Wer hier weit hinten im Feld landete, würde denkbar schlecht positioniert sein. Der vorletzte Anstieg mit einigen kontinuierlich sehr steilen Sektionen. Hier zeigten sich die ersten kleinen Risse im Feld. In den letzten Sektionen übernahm Movistar wieder die Tempoarbeit im verbliebenen Feld. Auch über dessen Kuppe hinweg hielten sie das Tempo hoch. Sie forcierten hier den Druck und wollten wohl verhindern, dass viele der gegnerischen Helfer, die sie am Anstieg verschlissen hatten, zwischen den beiden letzten Anstiegen wieder zum Feld zurückfinden würden. Hier zeigte sich wieder einmal, dass die Renndynamik bei diesen Eintagesrennen eine komplett andere ist als bei den Etappenrennen.

Überraschungsangriff von Evenepoel

Das Feld vor dem letzten Anstieg auf etwa drei oder vier Dutzend Fahrer reduziert. Bauke Maullema, Greg Van Avermaet, Alejandro Valverde, Dan Martin, Giulio Ciccone, Enric Mas, Michael Woods unter anderem als nominelle Favoriten in dieser Gruppe. Lettlands Toms Skujins und Belgiens Remco Evenepoel attackierten bei noch 20 zu fahrenden Kilometern! Zwei Fahrer, die zu gefährlich waren, um sie zu diesem Zeitpunkt ziehen zu lassen. Team Movistar nun gefordert. Dies übrigens das erste Eintagesrennen auf UCI World Tour Niveau für den 19 Jahre jungen Remco Evenepoel, einen mehrfachen Junioren-Weltmeister, der als immenses Talent gilt. Er fährt nun in der Eliteklasse der Herren mit und übersprang die U-21 komplett!

Die beiden Ausreißer konnten tatsächlich eine Lücke schlagen! Doch der letzte, gerade im finalen Abschnitt sehr steile Anstieg stand noch an. Die Attacke natürlich auch taktisch wertvoll, um die eigenen Teams von der Führungsarbeit zu befreien und die gegnerischen Formationen spät im Rennen und jenseits der 200 gefahrenen Kilometer in die Pflicht zu zwingen. Bei noch zwölf zu fahrenden Kilometern war die Lücke auf knapp 40 Sekunden angewachsen! Das Feld baute wohl auf den Anstieg. Dieser kam zehn Kilometer vor dem Ziel. Zunächst stieg er nur sanft an. Zum Ende sollte es jedoch Gradienten von bis 19 % setzen! Doch das Feld um die Favoriten schien sich zu verzocken! Der Vorsprung inmitten des Anstiegs bei knapp 50 Sekunden!

Remco Evenepoel mit einem historischen Sieg

Bei 8,7 Kilometern kam die Attacke von Alejandro Valverde. Patrick Konrad, der österreichische Meister, mit einer Konterattacke. Derweil setzte sich vorne Remco Evenepoel ab! Die Favoriten-Gruppe hinter ihm schmolz zusammen. Doch Evenepoel hielt den Abstand um die 40 Sekunden. Hugh Carthy noch mit einer starken Attacke aus der Favoriten-Gruppe. Dort dämmerte es den nunmehr vermeintlichen Favoriten langsam, dass die Attacke von Evenepoel wohl nicht wie erhofft am Berg zerschellen würde. Die Karten waren auf dem Tisch!

Remco Evenepoel kam über die Kuppe und gab sogleich Gas. Er hatte hier, sieben Kilometer vor dem Ziel, noch die Power, um die Sensation zu schaffen! Und er hielt bis zum Ziel an seinem Abstand fest. Er konnte es selber nicht glauben! Der erste Sieg bei einem Eintagesrennen von Weltrang seit 1925, der einem Teenager gelang! Und das in seinem ersten Rennen dieser Art! Wie kann man nicht absolut von den Socken sein bei solch einem Jahrhunderttalent? Greg van Avermaet setzte sich im Sprint innerhalb der Verfolgergruppe dahinter durch. Doch dies wirklich nur eine Randnotiz eingedenk solch eines historischen Sieges!



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