Bernhard Kohl – Karriereende durch Geständnis

Was macht Bernhard Kohl heute?

Bildquelle: Christian Jansky (User:Tschaensky) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Bernhard Kohl galt als ein durchaus aussichtsreiches Talent im österreichischen Radsport. Der junge Radrennfahrer konnte in der heimatlichen Alpenrepublik die U23-Wertung der Landesmeisterschaften gewinnen. Im selben Jahr (2002) gelang ihm überdies der Sieg der U23 Variante des Rennens „Rund um den Henninger Turm“ (heute bekannt als Eschborn-Frankfurt). In der Folgezeit entpuppte sich Bernhard Kohl als ein Fahrertyp, den man durchaus auch bei künftigen Etappenrennen, möglicherweise gar den Grand Tours, auf dem Zettel haben musste.

Doch ausgerechnet jener Radwettkampf, bei dem sich diese Einschätzung zu bestätigen schien – die Tour de France 2008 – sollte sich als letzter großer Wurf von Bernhard Kohl erweisen. Nachdem er dort Rang drei sowie das gepunktete Bergtrikot der Tour de France erobern konnte, wurde er nach dem Wettbewerb, im Zuge einer positiven B-Probe, des Dopings überführt. Wie auch sein Teamkollege, Stefan Schumacher, hatte Bernhard Kohl CERA eingenommen. Ein EPO-Mittel der dritten Generation. Rang drei im Gesamt-Klassement sowie das Bergtrikot wurden Bernhard Kohl aberkannt.

Umfassende Geständnisse

Bernhard Kohl wurde für zwei Jahre in allen Wettbewerben im UCI Radsport gesperrt. Somit hätte er im Alter von 28 Jahren – und wohl noch vor seinem physischen Zenit – zurückkehren können. Doch Bernhard Kohl entschied sich stattdessen, seine Karriere als Radsportler an den Nagel zu hängen. Im Zuge dessen machte er umfassende Geständnisse. Nicht nur zu seinem eigenen Fehlverhalten, sondern auch zu den Umständen diesbezüglich, wie er sie im Radsport vorgefunden hatte. Sein Verdikt war dabei denkbar klar und wenig schmeichelhaft: Ohne Doping fährt man der Weltspitze bestenfalls hinterher! Und schon bei den Jungfahrern hätten die meisten ein recht großzügig ausgestattetes Medizinschränkchen.

Schonungslose Aussagen wie diese waren es auch, die Bernhard Kohl in seinem Abgang bestärkten. Denn wer einmal plaudert, braucht gar nicht erst wiederzukommen. Eine Erfahrung, die auch der deutsche Radrennfahrer Jörg Jaksche machen musste. Nach ähnlich umfassenden Geständnissen seinerseits bekam dieser nie wieder richtig einen Fuß auf den Boden und war fortan ein Geächteter im UCI Radsport. Bernhard Kohl versuchte folglich gar nicht erst zurückzukehren. Auch weil er das verlogene Stillhalteabkommen im Peloton satt hatte. Er eröffnete stattdessen einen Rennrad Shop in Wien, wo er Radsportbekleidung, Rennfahrrad und Co. mittlerweile überaus erfolgreich an den Mann bringt. Bis heute spricht er offen über seine Erfahrungen im professionellen Radsport. Auch wenn er den Radsport aktiv größtenteils nur noch als Zuschauer verfolgt.

Steckbrief zu Bernhard Kohl

Nationalität: Österreich

Spitzname: -

Teams

2002-2003 Rabobank Continental Team

2004 Rabobank (Amateur Team)

2005-2006 T-Mobile Team

2007-2008 Gerolsteiner

 

 

Die größten Erfolge von Bernhard Kohl

 

  • Österreichischer Landesmeister im Straßenrennen (U23) (2002)
  • Rund um den Henninger Turm (U23) (2002)
  • Dritter Platz beim Critérium du Dauphiné Libéré (2006)
  • Rang drei und Sieger in der Bergwertung bei der Tour de France 2008 (später aberkannt)

 

Der UCI Blutpass – Mehr Schaden als Nutzen?

Mit Pauken und Trompeten wurde 2008 der Blutpass (bzw. biologische Pass) im UCI Radsport eingeführt. Auch über diesen hatte Bernhard Kohl wenig Vorteilhaftes zu berichten. So habe der Blutpass eher dazu geführt, dass Doping sich weiter professionalisiert habe, weil die Radsportler nun angehalten wären, permanent unter dem Radar zu fliegen. Und eingedenk von Mikrodosierungen von EPO, die im Blut- und Hormonprofil nicht nachweisbar sind und dennoch klare Leistungssteigerungen ermöglichen, nützt auch der biologische Pass nichts. Eine Einschätzung die sich auch mit anderen Beobachtungen deckt.

So hat ein BBC-Reporter und begeisterter Amateur Radsportler den Selbstversuch gemacht und erhebliche Leistungssteigerungen mit mikrodosiertem EPO erzielt. Anschließend ließ er sich selbst testen – mit negativem Befund. 2015 wurde überdies eine Studie mit einigen Amateursportlern und Triathleten durchgeführt, die sich freiwillig für knapp einen Monat diverse Mittel mikrodosiert verabreichen ließen. Das Resultat: Klare Leistungssteigerungen! Und das Ganze bei Blutwerten, die laut dem biologischen Pass noch im Rahmen waren. Insofern hat Bernhard Kohl Recht. Nicht nur damit, dass es nicht ohne Doping, sondern viel zu leicht mit Doping geht.


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