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Saison 1974/75: Trainerentlassung von Albert Sing beim VfB Stuttgart
Den tiefen Fall des VfB Stuttgart in der Saison 1974/75 konnte auch Albert Sing nicht stoppen. Nach der Hinrunde wurde der Trainer als Retter verpflichtet, doch Sing konnte trotz diverser und kurioser Maßnahmen den Abstieg der Schwaben nicht verhindern. Für den VfB ging es erstmals in die 2. Liga, Sing wurde gefeuert. Sport-90 blickt auf die Geschehnisse und Trainerentlassung von Albert Sing beim VfB Stuttgart zurück.
Die Saison 1974/75 war für den VfB Stuttgart ein reines Desaster. Und dass ausgerechnet nach dem sportlichen Höhenflug im Vorjahr, als die Roten im Uefa-Pokal sensationell das Halbfinale erreichten (Aus gegen Feyenoord Rotterdam). Der Erfolg stieg der Mannschaft zu Kopf. Die Stuttgarter traten in der neuen Saison überheblich auf, wollten mit Schönspielerei glänzen. Das ging gewaltig nach hinten los.
1974: VfB Stuttgart holt erneut Trainer Albert Sing als „Retter“
Der VfB Stuttgart fand sich schnell im Tabellenkeller wieder. Nach der Hinrunde standen elf Pleiten und nur vier Siege zu Buche, sodass die Brustringträger als 16. auf einem Abstiegsplatz überwinterten. Das hatte Konsequenzen. Kurz vor Weihnachten 1974 kam es zur Trainerentlassung von Herrmann Eppenhoff. Albert Sing wurde als Nachfolger verpflichtet.
Der gebürtige Schwabe hatte den VfB Stuttgart schon einmal vor dem Abstieg bewahrt. Das war in der Saison 1966/67. Nach diesem Kunststück verließ er das Neckarstadion Richtung 1860 München. Nun wurde Albert Sing erneut für die Mission Klassenerhalt berufen. Doch der einstige „Retter“ scheiterte.
Volleyball & Kinderspiele - So versucht Sing die miese VfB-Stimmung zu kitten
Als Hauptproblem stellte sich die miese Stimmung innerhalb der Mannschaft heraus sowie die Herangehensweise von Sing, diese zu kitten. Statt eines eingeschworenen Haufens fand Albert Sing einen innerlich zerrissenen VfB vor. Um die Wogen zu glätten, griff der damals 57-Jährige auf teamfördernde Maßnahmen zurück. Bernd Martin, zu jener Zeit VfB-Spieler, überlieferte einige Anekdoten.
So wurde während des Trainingslagers im Wald Volleyball gespielt oder Kinderspiele am Lagerfeuer abgehalten (Spachteln). Doch der Versuch von Sing, der ein Verfechter der „11-Freunde-müsst-ihr-sein“-Philosophie war, war zum Scheitern verurteilt. Mit diesen „Spielchen“ litt sein Ansehen in der Mannschaft und der Trainer büßte schnell seine gesamte Autorität ein.
VfB Stuttgart: Mit Volksliedern machte sich Albert Sing zum Gespött
Für Albert Sing, dem das Gespür für Mannschaftsströmungen fehlte, sollte es aber noch dicker kommen. Er forderte die Mannschaft im Trainingslager zum gemeinsamen Singen von Volksliedern auf. Der Trainer verdonnerte Spieler Heinz Stickel dazu, seine Frau anzurufen, um sich den Text von „Hoch auf dem gelben Wagen“ geben zu lassen. Insgeheim machte sich Sing damit zum Gespött, keiner der VfB-Akteure nahm den Übungsleiter mehr ernst.
Und die Unstimmigkeiten unter den Profis wurden immer schwerwiegender. Es kam zu Grüppchenbildung. Auf der einen Seite technisch versierte Kreativspieler wie Roland Mall oder Heinz Bandke. Auf der anderen Seite Arbeiter wie Egon Coordes, Willi Entenmann oder Reinhold Zach. Der Zwist mündete sogar in gegenseitiger Androhung von Prügel. Doch Keiner der VfB-Verantwortlichen griff ein, auch Trainer Sing nicht.
Kurze VfB-Hoffnung auf 2. Rettung durch Trainer Sing
Albert Sing bekannte rückblickend, dass er während seiner zweiten Amtszeit in Stuttgart „gegen eine Wand“ rannte. Dennoch fand der VfB Stuttgart nach zwei Pleiten zum Auftakt der Rückrunde 1974/75 gegen Rot-Weiß Essen (1:3) und den VfL Bochum (0:1) zunächst besser in die Spur.
In den acht Partien vom 19. bis 26. Spieltag setzte es lediglich zwei Niederlagen gegen Hertha BSC (0:4) und den Hamburger SV (1:2). Dafür wurden Siege gegen die formstarken Kickers Offenbach (3:1) und 1. FC Köln (2:0) und auch den FC Schalke 04 (3:1) eingefahren, sodass Sing mit den Roten zwischenzeitlich als Tabellen-15. die Abstiegsregion verließ. Doch die Hoffnung auf den Klassenerhalt waren nicht von langer Dauer.
1975: Abstieg VfB Stuttgart - Bremen-Remis als Genickbruch
Anfang April 1975 kamen die Stuttgarter im Rahmen der 27. Spielrunde böse mit 0:6 im Eintracht-Stadion von Braunschweig unter die Räder, wo man bereits in der ersten Hälfte vier Stück kassierte. Doch als Genickbruch stellte sich das folgende 2:2 vor heimischer Kulisse gegen Werder Bremen, einem direkten Abstiegskonkurrenten, heraus. Trotz zweimaliger Führung nach Treffern von Hermann Ohlicher und Manfred Weidmann verpassten die Schwaben den Sieg.
Sing gestand sich ein, dass er „kein Wundermann“ ist. Und als der VfB-Coach von einem Reporter gefragt wurde, ob ihm nun eine Trainerentlassung beim VfB Stuttgart drohe, antwortete er zynisch und im schwäbischen Dialekt: „Na gang i halt uff d’Fildre Krombiere gruble.“ Was so viel bedeutet wie, „Dann geh ich halt auf die Felder, Kartoffeln ausgraben.“.
„Ohnmächtiger“ VfB steigt ab - Albert Sing entlassen
Obwohl nach dem Remis gegen den SV Werder noch sechs Partien auszutragen waren, ergab sich der VfB Stuttgart frühzeitig seinem Schicksal. „Wir waren in einer Art Ohnmacht“, sagte VfB-Fußballlegende Ohlicher rückblickend. Auch ein Präsidentenwechsel, von Hans Weitpert hin zu Gerhard Mayer-Vorfelder, vermochte keine Aufbruchstimmung zu erzeugen.
Ein 3:3 beim MSV Duisburg am vorletzten Spieltag besiegelte vorzeitig und endgültig den ersten Abstieg des VfB Stuttgart aus der Bundesliga. Albert Sing musste nach der Saison seinen Hut nehmen und arbeitete fortan bis zum Ende seiner Trainer-Laufbahn 1980 in der Schweiz (FC Chiasso, FC Luzern, FC Zürich). Der VfB Stuttgart, der zwei Jahre später in die Bundesliga zurückkehrte, holte Istvan Sztani als neuen Trainer.
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