Sean Kelly – Der König der Klassiker

Sean Kelly Radsportlegende im Porträt

Bildquelle: Pierre Diéterlé (Jean de Gribaldy.com), CC0 [CC BY-SA 0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

John James Kelly, besser bekannt unter seinem Spitznamen „Sean“ Kelly, war einer der herausragenden Rennradfahrer der 80er und wahrscheinlich auch einer der komplettesten Radrennfahrer überhaupt. Er startete seine Karriere als Sprinter, mauserte sich aber ab Beginn der 80er zu einem echten Allrounder. Kelly wurde zwar nie der ganz große Klassement-Fahrer für Grand Tours, gewann dafür aber fast alles Andere.

So entwickelte er sich zu einem Spezialisten für einwöchige Etappenrennen. Paris–Nizza, Tour de Suisse, Baskenland-Rundfahrt, Katalonien-Rundfahrt sowie das Critérium International waren alles Etappenrennen, die Sean „King“ Kelly je mindestens zweimal als Gesamtsieger abschließen konnte! Vor allem den typischerweise achttägigen Radwettkampf Paris-Nizza konnte Kelly in beispielloser Manier dominieren. Mit sieben aufeinanderfolgenden Siegen (von 1982 bis 1988) ist Sean Kelly der Rekordsieger dieses Wettbewerbs und gewann ihn, wann immer er dort antrat. Mindestens genauso große Anerkennung verdienen seine Erfolge als Klassiker-Jäger. Mit Ausnahme der Flandern-Rundfahrt (welche Kelly nie gewann) konnte er vier von fünf der Monumente des Radsports (die ältesten und schwersten Eintagesrennen) jeweils mindestens zweimal gewinnen! Im Laufe seiner Profikarriere konnte Sean Kelly beeindruckende 193 Rennen gewinnen! 33 davon allein 1984, einer seiner wohl stärksten Saisons!

Ein harter Arbeiter auf dem Rennrad

John James Kelly wurde als zweitgeborener Sohn einer irischen Bauernfamilie nach seinem Vater benannt. Um Namensverwechslungen mit seinem Vater zu vermeiden, lautete sein Rufname jedoch „Sean“ (die irische Form von „John“). Mit bereits 13 Jahren beendete Kelly seine schulische Laufbahn, um seine Familie auf der Farm zu unterstützen. Und mit 16 Jahren arbeitete er bereits als Maurer.

Diese früh entwickelte, ausgeprägte Arbeitsbereitschaft sollte Sean Kelly auch auf dem Rennfahrrad prägen und zum Vorteil gereichen. Durch seinen älteren Bruder Joe fand er zum Radsport und konnte sich sukzessive auf lokaler und anschließend auf nationaler Ebene einen Namen machen, bis schließlich internationale Teams auf ihn aufmerksam wurden. Als ein französischer Team Manager (Jean de Gribaldy) den Iren, der ihn mit einer ganzen Serie von Amateurerfolgen in Frankreich und Italien so beeindruckt hatte, aufstöbern konnte, war Sean Kelly gerade auf dem Traktor unterwegs. Nur mit Glück und unter Zuhilfenahme eines ihn begleitenden Radrennfahrers konnte de Gribaldy Kelly auf dem Rückweg nach Dublin erkennen und schließlich in seine Dienste nehmen. Damit begann die Profikarriere von Sean Kelly.

Steckbrief zu Sean Kelly

Nationalität: Irland

Spitzname: King

Teams

1977–1978 Flandria–Velda–Latina Assicurazioni

1979–1981 Splendor–Euro Soap

1982–1983 Sem–France Loire–Campagnolo

1984–1985 Skil–Reydel–Sem–Mavic

1986–1988 Kas

1989–1991 PDM–Concorde

1992–1993 Lotus–Festina

1994 Catavana

 

 

Die größten Erfolge von Sean Kelly

 

  • 4x Punktewertung bei der Tour de France (1982, 1983, 1985, 1989)
  • 3x Zwischensprintwertung bei der Tour de France (1982, 1983, 1989)
  • 5 Etappensiege bei der Tour de France
  • Gesamtsieg bei der Vuelta a España (1988)
  • 4x Punktewertung bei der Vuelta a España (1980, 1985, 1986, 1988)
  • 16 Etappensiege bei der Vuelta a España
  • 7x Paris–Nizza (1982, 1983, 1984, 1985, 1986, 1987, 1988)
  • 2x Tour de Suisse (1983, 1990)
  • 3x Baskenland-Rundfahrt (1984, 1986, 1987)
  • 2x Katalonien-Rundfahrt (1984, 1986)
  • 3x Critérium International (1983, 1984, 1987)
  • 2x Milan–San Remo (1986, 1992)
  • 2x Paris–Roubaix (1984, 1986)
  • 2x Lüttich–Bastogne–Lüttich (1984, 1989)
  • 3x Giro di Lombardia (1983, 1985, 1991)
  • Gent–Wevelgem (1988)
  • Paris–Tours (1984)
  • Super Prestige Pernod International (1984–1986)
  • UCI Weltmeister im Straßenrennen (1989)

 

Einer der größten aller Zeiten?

Als beste Radrennfahrer aller Zeiten werden für gewöhnlich vor allem jene Fahrer wahrgenommen, die bei Grand Tours dominieren konnten. Sean Kelly war jedoch dafür nie der Fahrertyp. Allerdings stellt sich die Frage, ob er es nicht durchaus hätte sein können. Sein Sieg bei der Vuelta 1988 sowie seine guten Platzierungen in diesem Wettbewerb (bei vier von sechs Teilnahmen fuhr er in die Top 10) sowie vier Top 10 Platzierungen bei der Tour de France zeigen, dass Sean Kelly auch über drei Wochen hinweg um die Spitze mitfahren konnte.

Allerdings kam ab den 80ern einer neuer Fahrertyp an Klassement-Fahrern auf. Und zwar solche, die sich zu rund 80% auf die Grand Tours ihrer Wahl konzentrierten und ansonsten nicht an sehr vielen Wettbewerben teilnahmen – zumindest nicht mit ernsthaften Absichten. Und ein eben solcher Fahrertyp ist Sean Kelly nie gewesen. Er war von der alten Schule und fuhr (sofern Verletzungen ihn nicht hinderten) am liebsten die ganze Saison über Rennen. Und das nicht um die Wettkampfform zu wahren, sondern um zu gewinnen! Dadurch hatte er wohl selten die Frische, um mit allerletzter Konsequenz die Ränge der Grand Tours anzugreifen.

Sean Kelly dominierte die 1980er Jahre

Dafür war er ansonsten eine Macht auf dem Rennfahrrad! Als ein Fahrer, dessen Karriere, die etlicher anderer Legenden des Radsports überschnitt (von Eddy Merckx, über Bernard Hinault, Laurent Fignon, Moreno Argentin und Greg LeMond bis hin zu Miguel Induraín), konnte er sich dennoch deutlich in die Geschichtsbücher des Sports eintragen und dominierte Mitte der 80er die Gesamtrankings der Saison.

Im Peloton war Kelly als introvertierter, aber knallharter Fahrer bekannt und respektiert. Als jemand, der sich immer ein Stück mehr quälen konnte als die meisten Anderen, was seine Rennsiege bei den schwierigen Monumenten und unter schwierigen Bedingungen zeigten. Nach seinem Karriereende ist Sean Kelly auch heute noch als Color-Kommentator und Experte unterwegs und betreut in dieser Funktion auf Eurosport Radsport Events, die er selbst noch allzu gut kennt.


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