Ein MMA-Striker der ersten Stunde - Porträt über die MMA-Legende Maurice Smith

Porträt zu Maurice Smith

Bildquelle: Gerhard Ettl CC BY-SA 3.0 [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Mit einer MMA-Kampfbilanz von 14 Siegen und 14 Niederlagen scheint auf den ersten Blick wenig Bemerkenswertes zu sein an Maurice Smith. Doch gäbe es einen Mount Rushmore speziell für die Pioniere unter den Strikern im MMA, dann wäre Maurice Smith gemeinsam mit Bas Rutten und Igor Vovchanchyn (zwei Herren, denen wir uns in Zukunft auch noch widmen werden) dort ein Bildnis sicher.

Trotz seiner durchwachsenen Kampfbilanz ist Maurice Smith insofern für die MMA von historischer Relevanz, weil er als einer der ersten Striker überhaupt große Titel gewinnen konnte, obwohl die reinen Striker (sprich: Boxer, Kickboxer etc.) in den frühen MMA-Kämpfen nahezu immer total aufgeschmissen waren, sobald es in den Wrestling-Clinch oder auf die Matte ging. Doch Maurice Smith machte vor, wie man auch als stilistischer Striker gegen starke Ringer und BJJ Kämpfer erfolgreich sein konnte.

Maurice Smith war ein starker Kickboxer

Maurice Smith wand sich bereits im Alter von 13 Jahren den Kampfkünsten zu. Zunächst trainierte er Wing Chun, Karate und Taekwondo. Doch mit 18 fand er zum Vollkontakt-Kickboxen. Seine insgesamt sieben Amateurkämpfe konnte er allesamt gewinnen. Sechs davon durch KO. Schon früh galt er als großes Talent, weswegen er in seinem ersten Preiskampf gleich gegen den Kanadier Tony Morelli um dessen WKC (World Kickboxing Council) Meisterschaft im Halbschwergewicht antrat. Nach sieben Runden verlor Smith eine Punktentscheidung. Eine prägende Niederlage für Smith, der aufgrund eines konditionellen Einbruchs den Kampf verloren hatte. Fortan etablierte Maurice Smith ein rigoroses Konditionstraining. Er sollte im Kickboxen und später im MMA für seine starke Kondition und sein diszipliniertes Pacing bekannt werden.

Nach einem weiteren Profikampf, den Smith gewinnen konnte, kam es zum Rückkampf gegen Morelli, den Smith diesmal besiegen und sich so den WKC-Titel sichern konnte. Sein nächster namhafter Gegner war Don “The Dragon“ Wilson, ein bekannter US-Kickboxer und Schauspieler, der (als elffacher Champion) noch heute als möglicherweise bester US-Kickboxer aller Zeiten gilt. Smith ging über elf Runden mit Wilson. Er verlor nach Punkten, zeigte aber, als ungleich unerfahrenerer Kämpfer, dass mit ihm in Zukunft zu rechnen war. Daraufhin schloss sich seine dominanteste Phase als Kickboxer an. Er wechselte ins Schwergewicht und gewann im übernächsten Kampf die WKA-Krone im Schwergewicht in Mexiko City gegen Travis Everett. Nach seinem Kampf gegen Wilson sollte Smith für knapp zehn Jahre ungeschlagen bleiben. Er gewann sechzehn Kämpfe, darunter sieben WKA-Titelverteidigungen, was ihn zu einem der dominantesten Kickboxer der 80er machte! Höhepunkt war sein Sieg 1991 gegen Australiens Stan Longinidis. Erst Peter Aerts konnte in zwei aufeinanderfolgenden Kämpfen Smiths Siegesserie beenden.

Smith nahm auch am ersten K-1 Turnier teil, wo er bis in Halbfinale kam und von Ernesto Hoost bezwungen wurde. Zwar blieb Smith dem Kickboxen bis 2005 mit zunehmend sporadischen Auftritten treu, doch wendete er sich ab 1993 zunehmend den MMA zu, was sich nachteilig auf seine Performance als reiner Kickboxer auswirkte. Er verlor mehr Kämpfe, als dass er sie gewann, und verwässerte seine Kampfbilanz zunehmend. Auch konnte er von da an keine Gegner von Rang und Namen im Kickboxen schlagen.

Unverhoffte Meriten in den MMA

Maurice Smith absolvierte seine ersten sieben MMA-Kämpfe bei Pancrase, wo er es sogleich mit einem Who-is-Who derer zu tun bekam, die unter dem Pancrase Banner zu Berühmtheit kommen sollten. Ken Shamrock, Bas Rutten und Minoru Suzuki zählten dort zu seinen Gegnern. Er brachte es nach diesen sieben Kämpfen auf drei Siege und vier Niederlagen. Seine nächsten beiden Kämpfe bei RINGS verlor er beide (wobei die Legitimität dieser Kämpfe nicht über jeden Zweifel erhaben war).

In dieser Phase freundete er sich mit Ken Shamrock an, dessen Gym, dem Lion‘s Den, er beitrat. Dort trainierte er vor allem mit Ken‘s Stiefbruder Frank Shamrock. Eine Zusammenarbeit, von der beide profitierten und die sie auch animierte, später ihr eigenes Camp (The Alliance) zu eröffnen. Frank Shamrock wurde in der Folge ein wesentlich besserer Striker, währen Mo Smith sich Bodendefensive und einen guten Sprawl (Takedown-Abwehr) aneignete. Mit diesen neuen Qualitäten ausgerüstet, sollte Smith in seinen nächsten Kämpfen gleich zwei riesige Achtungserfolge erzielen. Bei der Battlecade Extreme Fighting Promotion gewann er überraschend gegen den Brasilianer Marcus “Conan“ Silveira. Dort hatte der muskulöse Brasilianer Probleme, Smith zu Boden zu bekommen. Und selbst wenn es ihm gelang, konnte er ihn dort kaum in schlechte Positionen bringen. Dadurch verschoss der Brasilianer zunehmend und wirkungslos sein Pulver. In der Dritten war er sichtbar abgekämpft und hatte nicht mehr die Geistesgegenwart, einen Head Kick von Smith kommen zu sehen. Smith gewann via KO und wurde unverhofft Schwergewichts-Champion der Promotion. Es war der erste nennenswerte Titel, den ein Striker im MMA erringen konnte.

Smith gewinnt Gold in der UFC

Smith konnte seinen Extreme Fighting Titel einmal verteidigen, ehe die Promotion aus finanziellen Gründen schließen musste. Doch kam seine eigentliche Sternstunde in der UFC. Bei UFC 14 traf er auf Marc Coleman. Coleman war einer der ersten MMA Kämpfer, der für seine dominanten Ground and Pound Taktiken berühmt wurde. Er war zu diesem Zeitpunkt ungeschlagen, zweifacher UFC Turniersieger und der erste jemals gekrönte UFC-Champion im Schwergewicht. Später sollte er auch den ersten PRIDE GP gewinnen. Doch bei UFC 14 kam ein Maurice Smith mit einer Kampfbilanz von 6-7 daher und besiegte ihn um den Titel! Somit wurde Maurice Smith als erster reiner Striker Champion im UFC Schwergewicht! Dies gelang ihm im Wesentlichen ebenso wie gegen Silveira zuvor. Mit defensiven Taktiken unterband er es, Schaden durch Coleman‘s Wrestling basierende Taktiken zu nehmen. Dieser ermüdete zusehends. Und als er sichtbar erschöpft war, drückte Maurice Smith den Abzug und feuerte Kombinationen ab, bis Referee Big John McCarthy einschreiten musste. Eine Sensation! Maurice Smith verteidigte den Titel erfolgreich gegen den Prügler Tank Abbott, der quasi vor Erschöpfung aufgeben musste. Danach verlor Smith den Titel denkbar knapp gegen Randy Couture.

An diese erfolgreichste Phase sollte Smith nie wieder anknüpfen können. Allerdings war er da auch schon jenseits seiner Mittdreißiger. Nichtsdestotrotz war er der erste Striker, der Konter-Taktiken gegen die Takedown-Versuche der Ringer und Bodenkämpfer, sowie defensive Haltetechniken am Boden erlernte, die in jedem MMA Kampf heute zum defensiven Standardrepertoire gehören. Er machte vor, wie es geht! Indem er gleich zwei Titel als Striker und krasser Außenseiter holte und verteidigte. Das zu einem Zeitpunkt, als er seinen körperlichen Zenit schon hinter sich hatte. Das macht ihn zu einem echten Pionier der MMA!

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