Gene Okerlund – Der ultimative Wrestling Moderator?

Rückblick auf die Karriere von Gene Okerlund

Bildquelle: Mark Hodgins from Mont de Marsan, France [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Selbst wenn man den Blick auf die WWE, den Weltmarktführer in Sachen Wrestling, fokussiert, so scheint die Position des Backstage-Interviewers immer eine sehr vakante Angelegenheit zu sein. Wrestling imitiert in vielerlei Hinsicht echte, wettbewerbsorientierte Sport Events, was die Präsentation anbelangt. Es gibt Ringansager, es gibt ein Kommentatoren-Duo respektive -Trio und es gibt jene, die im Hintergrund die Fragen stellen und die Athleten zum Interview bitten.

„Mean“ Gene Okerlund hat über seien Karriere hinweg all diese Positionen innegehabt. Doch vor allem als Backstage-Interviewer der WWF und WCW blieb er in Erinnerung. Eine beeindruckende Leistung, wenn man bedenkt, dass die Position als Backstage-Interviewer sonst immer eine recht austauschbare und bisweilen blasse Position ist, denn es geht bei diesen Segmenten natürlich in erster Linie um die bekannten Wrestler. Dennoch schaffte es Gene Okerlund selbst zur Kultfigur zu werden. So sehr, dass die WWE ihm später gar einen Vertrag auf Lebenszeit zubilligte.

Der Mann mit der Stimme

Schon früh entdeckte Gene Okerlund, dass er im Mediengeschäft tätig sein wollte. Er studierte Journalismus und verdiente sich später als DJ sowie als Radiosprecher sein Geld. Seine einprägsame Stimme nutzt er auch musikalisch, als Frontman der Band „Gene Carrol and the Shades“. Doch seine Bestimmung sollte er im Wrestling finden.

1970 stieß er zur AWA (American Wrestling Association), wo er zunächst in Vertretung und später permanent den Ringansager und Interviewer ersetzte. 1984 kam er dann bei der WWF unter, wo er als kongenialer Gesprächspartner von Hulk Hogan, "Macho Man" Randy Savage, dem Ultimate Warrior und Co. zu DEM Wrestling-Interviewer schlechthin wurde. Ferner fungierte er als TV-Moderator für mehrere WWF-Fernsehshows. Eine Rolle, die auch Jahre später für viele Formate des WWE Network spielen sollte.

„Fuck it“

“Mean“ Gene Okerlund schaffte es während seines WWF-Runs, in einer Position zur Kultfigur zu werden, die dafür eigentlich wenig prädestiniert scheint. Doch sein scheinbar müheloser Spagat zwischen dem Auftreten eines seriösen Sportjournalisten und sein Feingefühl für die Rolle, die er in der damals absolut Cartoon-mäßigen WWF spielen musste, erlaubten ihm, sich so organisch in das damalige Wrestling-Produkt einzufügen, wie es überhaupt nur möglich war. Ein echter Qualitätsnachweis! Denn das bemüht seriöse Auftreten, das sonst mit dieser Position einhergeht, wirkt im bekanntermaßen choreografierten und oftmals überdrehten Pro Wrestling gar zu leicht wie ein Fremdkörper. Doch niemals bei Gene Okerlund.

Gene Okerlund war auch Teil einiger freiwilliger sowie unfreiwilliger Comedy-Twists bei der WWF. So wurde er einmal unverhofft Tag Team Partner von Hulk Hogan. 1984 traf dieser auf Mr. Fuji und George „The Animal“ Steele. Kurz nach dem Ring-Gong gab Hulk Hogan Gene Okerlund, der noch auf der Ringkante stand, freundschaftlich die High Five. Der Ringrichter erkannte auf Tag in! So wurde Okerlund Teil des Matches und konnte später sogar den Pin landen!

 

 

Ebenfalls kurios war ein Backstage-Interview mit WWF Intercontinental Champion Rick Rude beim SummerSlam 1989. Während des Interviews kippte das SummerSlam Transparent im Hintergrund um, woraufhin Gene Okerlund sich umdrehte und daraufhin „Fuck it“ („Scheiß drauf“) sagte, ehe kurz darauf die Tonspur abriss. Ein verbaler Fehltritt von Gene Okerlund in der damals sehr familienfreundlichen WWF. Doch sollte ihm daraus kein Strick gedreht werden, denn das Interview war aufgezeichnet. Es wurde dennoch beim laufenden Pay per View gezeigt, da jemand versehentlich das falsche Tape eingelegt hatte. Peinlich berührt schnitt die WWF weg und zeigte kurz darauf das eigentliche Interview.

Nostalgie-Beauftragter der WWE

Von 1993 bis 2001 war Gene Okerlund dann als Interviewer für die WCW tätig, womit er der Mehrzahl seiner bekanntesten Gesprächspartner aus den 80ern folgte. Allerdings wurde er nur bis 1996 wirklich prominent eingesetzt. Jedoch hatte er im Jahr 2000 zwei Matches in der WCW – im Rahmen einer Rivalität mit WCW-Kommentator Mark Madden. Okerlund konnte jedoch in beiden Matches siegen. 2001 kam er dann wieder bei der WWF unter – noch bevor diese die WCW aufkaufte und somit endgültig den Monday Night War (den Quotenkrieg zwischen WWF und WCW) für sich entscheiden konnte. Einen ersten Auftritt hatte er als Kommentator für den Gimmick Battle Royale bei WrestleMania 17, die auch das offizielle Ende der Attitude Ära markierte.

 

 

Fortan wurde Gene Okerlund gewissermaßen zum Nostalgie-Beauftragten der WWE, denn er moderierte viele Shows und Formate, die vor allem altes Wrestling-Material zum Gegenstand hatten. Da die WWE nun über ein immenses Archiv an altem Wrestling-Material verfügte, sollte das dieses nicht so schnell ausgehen. Auch moderierte Okerlund die Hall of Fame Sektion von WWE Classics on Demand. 2006 wurde er dann selbst in die WWE Hall of Fame aufgenommen. Hulk Hogan hielt die Laudatio.

Fast bis zu seinem Lebensende blieb „Mean“ Gene Okerlund der WWE als Moderator und als Interviewer für Jubiläums-Shows treu. Sein Spitzname „Mean“ („gemein“) war ihm von Jesse Ventura verpasst worden und ironisch gemeint, denn vielen Wrestlern und Arbeitern im Backstagebereich galt Gene Okerlund als der freundlichste Kollege überhaupt. Ein Kollege, der am 02. Januar 2019 leider von ihnen ging. Nach einem Sturz zu Hause verschlechterte sich der Zustand des 76-jährigen Gene Okerlund, bis er an besagtem Tag verstarb. Mit ihm ging jemand, der dem Wrestling von 1970 bis 2018 nahezu 50 Jahre treu gewesen war. Eine volatile Position, in der viele Gesichter kommen und gehen, konnte er so für rund ein halbes Jahrhundert ausfüllen. So werden Kultfiguren gemacht!


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