Der Boogeyman – Einer mit hohem Ekelfaktor

Porträt über den Boogeyman der WWE

Bildquelle: Mshake3 [CC BY-SA 0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Der Boogeyman ist ein vom Kinderschreck des „schwarzen Mannes“ inspiriertes WWE-Gimmick, das von Martin Wright mit Leben gefüllt wurde. In Erinnerung blieb der Boogeyman als bekannter WWE Wrestler nicht so sehr wegen Titelerfolgen. Tatsächlich gewann er nicht einen einzigen Titel in der WWE. Stattdessen waren es die einprägsame Erscheinung und diverse widerwärtige Eigenheiten, die den Boogeyman unvergesslich machten. Zum Beispiel ein ausgesprochener Appetit auf Regenwürmer.

Neben Goldust und Bastion Booger kann der Boogeyman mit Fug und Recht als einer der extremeren Charaktere gelten, den die WWE jemals beherbergt hat. Wobei das, mehr noch als bei Bastion Booger, wohl auf einen Ekelfaktor gebaut war. Allerdings stellte eben jener auch sicher, dass der Boogeyman vom zunächst schier unüberwindbaren Monster zur WWE Comedy Nummer degradiert wurde.

Martin Wright kam erst spät zum Wrestling

Martin Wrights Weg ins professionelle Wrestling führte über die vierte Staffel, der von der WWE produzierten Reality-Competition „Tough Enough“. Eine Castingshow für angehende Wrestler, die einen WWE-Vertrag für den Sieger in Aussicht stellte. Martin Wright kam tatsächlich unter die acht Finalisten, musste jedoch später zugeben, dass er in Wahrheit 40 Jahre alt war und somit fünf Jahre über dem Grenzwert des Wettbewerbs lag. Infolgedessen wurde er vom laufenden Wettbewerb ausgeschlossen.

Dennoch sah man bei der WWE Verwendung für den muskelbepackten und offenkundig entschlossenen Martin Wright und brachte ihn in der damaligen WWE Farmliga Ohio Valley Wrestling (OVW) unter. Er trainierte zwischen Januar und Juni 2005 und gab sein OVW-Debüt am 25. Juni 2005. Während eines Matches mit drei Teilnehmern betrat Wright den Ring und machte alle drei Männer nieder. Er gab dann bekannt, dass er "The Boogeyman" wäre. Das Boogeyman-Gimmick entwickelte sich in der Folgezeit weiter zu einem Monster-Powerhouse (komplett mit No-Selling der gegnerischen Aktionen), das immer dann auftauchte, wenn ein anderer Wrestler seinen Namen sagte.

Der Boogeyman in der WWE

Ab Juli 2005 bereitete die WWE dann mit düsteren Einspielern das bevorstehende Debüt des Boogeyman vor. Dieses verzögerte sich dann jedoch verletzungsbedingt. Bis zu seiner Genesung überbrückte man die Zeit mit Backstage-Segmenten, in denen der Boogeyman an verschiedenen Orten bekannten Wrestlern und Co. auflauerte. Als das WWE-Debüt erfolgte, wurde der Boogeyman sogleich an der Spitze eingesetzt und traf in Fehden auf JBL und Booker T. Dabei besiegte er diese Beiden jeweils meist enorm schnell und verkaufte so gut wie keine Aktionen. Fast schien es, als wäre hier der spirituelle Nachfolger des Undertaker geboren. Dass es der WWE damit recht ernst schien, kann man daran ablesen, dass JBL in nur wenigen Minuten vom Boogeyman abgefertigt wurde. Das Ganze noch nicht lange nach JBLs langem Titel-Run an der Spitze der WWE!

 

 

Auch der Einmarsch des Boogeyman war ein einprägsames Erlebnis. In dichtem Rauch kam er wie ein durchgeknallter Voodoo-Derwisch zum WWE Ring gekrabbelt und zerschlug sich einen Wecker auf dem Kopf, den er vorher zwischen seinen Zähnen trug, was eine schicke Zahnlücke (fehlende Vorderzähne) preisgab. Ferner „verspeiste“ er echte Regenwürmer. Eine Delikatesse, die er auch gerne an seine geschlagenen Gegner weiterreichte und ein Ekelfaktor, der das durchgeknallte Gimmick zu einem unvergesslichen Anblick machte. Ob aus guten Gründen sei dahingestellt. Dass es ausgerechnet Regenwürmer waren, hatte übrigens bürokratische Gründe. Wright hätte von sich aus alles Mögliche an Krabbeltieren verspeist. Aber Regenwürmer waren das Einzige, worauf sich die Inhaber der Arenen einließen. Regenwürmer konnten nämlich nicht entkommen.

Es hatte nicht sein sollen

So schnell wie der Boogeyman als Attraktion in den WWE-Fokus aufstieg, so schnell verkam er auch zu einem Undercarder, der quasi nur noch Jobber besiegen konnte und sich alsbald in der Undercard-Hölle namens „ECW“ (damals degradiert zur WWE C-Show) wiederfand. Dabei fiel er gewissermaßen einigen der Dynamiken zum Opfer, die sei Gimmick zuvor so beflügelt hatten, dass selbst ein älterer Wrestling-Novize, wie Martin Wright damit abheben konnte. Zum einen führte der demonstrative Ekelfaktor des Gimmicks den Boogeyman schnell in Richtung Comedy Schiene – ein Todesstoß für jedes im Kern düstere Gimmick (fragt mal Doink the Clown). Zum anderen war der einprägsame Look des Boogeyman ebenfalls ein limitierender Faktor. Denn dieser bestand aus einem extrem aufwändigen Face Paint, das quasi den ganzen Kopf umfasste und den Boogeyman wie einen albtraumhaften Killer aus einem Slasher-Film aussehen ließ. Allerdings trug dieser Look wohl auch dazu bei, dass die Matches kurz und knackig bleiben mussten, damit die Fassade keine Gelegenheit bekam, zu bröckeln.

Der Boogeyman verließ die WWE 2009, kehrte aber später sporadisch zurück und hat heute einen Legendenvertrag bei der WWE inne. Bis heute (2020) war er auch ab und an in den Indies zu sehen. Eines muss man Martin Wright lassen. Entgegen aller Wahrscheinlichkeit kam er weiter, als man das wohl zu hoffen gewagt hätte. Im reifen Alter von 40 Jahren entschied er sich (mithilfe einer kleinen Notlüge) WWE Wrestler zu werden. Er mag kein großer Techniker gewesen sein und die Lücke, erst so spät mit dem Wrestling angefangen zu haben, konnte er nie ganz schließen. Doch als Charakter schmiss er sich voll ins Zeug und schuf so eines der abgefahrensten WWE-Gimmicks überhaupt!


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