Mildred Burke – Die Erste

Mildred Burke im Porträt

Bildquelle: Unknown author / Public domain [CC BY-SA 0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Heute mögen die WWE Wrestlerinnen nahezu auf Augenhöhe mit ihren männlichen Gegenparts stehen. Doch das war beileibe nicht immer so. Quasi seit Bestehen des Pro Wrestlings spielte Frauen-Wrestling fast immer nur eine marginale Rolle. Zwar kam es zwischenzeitig immer wieder einmal vor, dass Frauen-Wrestling einige bemerkenswerte Blüten treiben konnte, aber langfristig gesehen war es fast immer von den Männern überschattet. Doch nie waren die internen Widerstände größer als ganz zu Anbeginn. Bis Mildred Burke daherkam und reihenweise Männer aufs Kreuz lag.

Mildred Burke (ehemals Mildred Bliss) war der erste Star des Frauen-Wrestlings. In zahlreichen Ländern sowie US-Bundesstaaten war sie eine der ersten prominenten Wrestlerinnen überhaupt. Dabei schien sie zuerst eine stereotypisch weibliche Karriere einzuschlagen. Sie arbeitete in jungen Jahren als Kellnerin in New Mexiko. Anschließend zog sie nach Kansas City, um mit ihrem Freund und ersten Ehemann zusammenzuleben. Dort arbeitete sie als Stenographin. Es war zu jener Zeit, dass sie mit ihrem Mann Wrestling-Shows in der Region besuchte und umgehend eine Faszination für den Sport entwickelte. Eine Faszination, welche die recht muskulöse Mildred Bliss alsbald selbst in den Ring führen sollte.

Schicksalhafte Verbindung mit Promoter Billy Wolfe

Ihr Wille, Wrestlerin zu werden, führte Mildred Burke alsbald zu einem auf Frauen-Wrestling spezialisierten Promoter – Billy Wolfe. Dieser trainierte und managte Wrestlerinnen, was zu jener Zeit jedoch noch eine kommerziell weitgehend redundante Nische darstellte. Wolfe lehnte zunächst ab. Doch als er einen Mann instruierte, Burke einen abschreckenden Body Slam zu verpassen, staunte Wolfe nicht schlecht, als Burke stattdessen den Mann auf die Matte donnerte. So entschied sich Billy Wolfe doch Mildred Burke zu trainieren. Und ahnte alsbald, dass er vielleicht den ersten Star des Frauen-Wrestlings unter seinen Fittichen haben könnte.

Damit sollte er nicht falsch liegen. Allein in den 1930ern stieg Mildred Burke mit über 200 Männern in den Ring, wobei sie nur ein einziges Mal verloren haben soll. Mit den Erfolgen von Mildred Burke begann sich langsam, aber sicher überhaupt erst so etwas wie ein Pool an Wrestlerinnen zu etablieren. Nicht wenige davon unter der Anleitung von Billy Wolfe, der zum ersten wirklich bedeutenden Promoter und Trainer von Wrestlerinnen werden sollte. Er und Burke heirateten später.

Beziehung zu Wolfe prägte Karriere

Billy Wolfe war mit Blick auf seine historische Rolle für das Frauen-Wrestling ein sehr ambivalenter Charakter. Einerseits ist er der historisch erste und möglicherweise auch wichtigste Promoter sowie Trainer in den USA, der Frauen-Wrestling aktiv und gezielt vorantrieb. Andererseits hatte Wolfe aber auch viele sexuelle Beziehungen mit seinen Schützlingen. Doch wie viel Einvernehmlichkeit immer dahintergesteckt haben mag, bleibt eingedenk seiner einflussreichen Position zweifelhaft. Überflüssig zu sagen, dass seine Beziehung zu Mildred Burke im Zuge solcher Eskapaden alsbald den Bach herunter ging.

Eine Trennung, die mit einem hässlichen Zwist einhergehen sollte. Fortan legte Billy Wolfe Mildred Burke alle erdenklichen Steine in den Weg. Da er nicht nur ihr Ehemann, sondern auch ihr Manager gewesen war, nutzte er seine Position, um Burke fast alles zu nehmen! 1952, dem Jahr der Trennung, hatte Billy Wolfe eingedenk seines relativen Erfolges bei der Promotion von Wrestlerinnen zudem einiges an Einfluss in der NWA (National Wrestling Alliance) erworben. Einfluss, den er nun zum Nachteil von Mildred Burke geltend machte.

 

 

Denn diese fand es auf einmal schwer, in den bedeutenden NWA Territorien noch irgendwelche Bookings zu erhalten und war somit effektiv von den größten Fleischtöpfen im nordamerikanischen Wrestling gebannt. Einzig und allein bei dem exzentrischen Promoter Jack Pfefer, der selbst mit vielen anderen Promotions im Zwist lag, konnte Burke noch regelmäßig Bookings landen.

Die Rivalität eskaliert

So kam es, dass die ehemals zugkräftige Pionierin des Frauen-Wrestlings, Mildred Burke, plötzlich selbst in dem Sport marginalisiert wurde, den sie vorher in vielen Bundesstaaten und Ländern erst effektiv aus der Taufe gehoben hatte. Doch der scheinbar rachsüchtige Billy Wolfe begnügte sich nicht damit. Vermittlungsversuche der NWA zwischen den zerstrittenen Ehepartnern scheiterten zunächst. Schließlich einigte man sich darauf, dass eine Partei die andere ausbezahlen sollte, um den Zwist endgültig beizulegen. Billy Wolfe erwarb daraufhin die Rechte an Attraction Inc. Einer Unternehmung von Mildred Burke, die jedoch aufgrund des effektiven NWA-Banns bankrott war.

Doch auch dies konnte keinen anhaltenden Frieden stuften. Im Gegenteil! Nun versuchte Wolfe, basierend auf diesem Erwerb, wieder die Booking-Rechte für Mildred Burke und all ihre Wrestlerinnen zu erhalten, gleichwohl dies vertraglich zuvor wohl ausgeschlossen worden war. Was Burke jedoch bei diesen Streitigkeiten immer wieder zum Nachteil gereichte: Als Frau wurde sie in der NWA überhaupt nicht angehört, da Frauen-Wrestling insgesamt nur als kleine Sideshow galt und gar nicht anerkannt wurde. So konnte sie bei NWA-Meetings niemals in eigener Sache vorsprechen, sondern musste in der Lobby warten, wo man ihr dann gnädiger weise, das Resultat mitteilte. So bekam Wolfe wieder das Zepter über das Frauen-Wrestling in die Hand. Doch aus Loyalität zu Mildred Burke lehnten es viele der damaligen Wrestlerinnen ab, jemals für ihn anzutreten.

Ein bis zuletzt prägender Zwist

Auch wenn Wolfe später im Frauen-Wrestling nie wieder einen Fuß auf den Boden kriegen sollte – nicht zuletzt, weil Fabulous Moolah sich von ihm lossagte und selbst zu einer bedeutenden Promoterin wurde – so gingen Wolfes Intrigen nicht spurlos an Mildred Burke vorüber. Mitte der 1950er fühlte sie sich vom ewigen Kampf gegen Windmühlen ausgebrannt. Ein kontroverses Two out of Three Falls Match gegen June Byers, eine Schwiegertochter von Billy Wolfe, endete uneindeutig, da es nie zu einem zweiten Fall kam. Wolfe hatte alles drangesetzt, dass Byers den Titel von Burke gewinnen sollte und hatte dazu sowohl die lokale Kommission als auch den Ringrichter an diesem Abend in der Tasche. Phasenwiese verwischten die Grenzen zwischen Wrestling Match und echtem Ringkampf.

Burke verließ den Ring unter dem Eindruck, ihren Titel erfolgreich verteidigt zu haben, da Byers sie nicht zweimal hatte pinnen können. Zumal Burke den ersten Pin Byers nur zugestanden hatte, da es so abgesprochen gewesen war. Aber in der Presse überwog der Eindruck, dass Byers gewonnen hätte. Wieder einmal bekam Billy Wolfe seinen Willen. Mildred Burke zog sich nicht lange danach vom Wrestling zurück, trainierte aber weiterhin diverse Wrestlerinnen. Unter ihnen Rhonda Sing, die man in er WWF später als Bertha Faye kannte. Außerdem erwarb sich eine japanische Promotion die Rechte am Titel Mildred Burkes, was später einen Grundstein für eine dort phasenweise bemerkenswerte erfolgreiche Kultur des Frauen-Wrestling legen sollte.

Auch wenn Mildred Burke unter bitteren Umständen aus dem Wrestling-Business schied, kann es keinen Zweifel darangeben, dass sie die definitive und originale Pionieren des Frauen-Wrestlings war. Nicht nur in Nordamerika, sondern weltweit! Ein verdienter Platz in den Geschichtsbüchern, den Billy Wolfe auch an seinem rachsüchtigsten Tagen nicht infrage stellen konnte.


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