Saison 1971/72: Trainerentlassung von Rolf Herings beim 1. FC Köln
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Der Name Rolf Herings genießt beim 1. FC Köln absoluten Legendstatus. Fast 50 Jahre war die FC-Ikone bei den Kölner in unterschiedlichen Funktionen tätig, darunter zweimal auch als Cheftrainer. So wie in der Saison 1971/72, als Hering die Spielzeit als Interimstrainer zu Ende brachte und dabei auch einen legendären Pokal-Auftritt gegen den FC Bayern hinlegte. Sport-90 blickt auf die Trainerentlassung von Rolf Herings zurück, die aber kein klassischer Rauswurf war.
Als der 1. FC Köln am1. April 1972 das Viertelfinal-Hinspiel im DFB-Pokal beim FC Bayern mit 0:3 verlor, hatte für den bisherigen Cheftrainer Gyula Lorant das letzte Stündchen auf der FC-Bank geschlagen. Lorant, dessen Verhältnis zur Klubführung bereits angespannt war, wurde kurzerhand vor die Tür gesetzt, nachdem er sich während der Partie heftig in der Wortwahl vergriff und Oskar Maaß, dem damaligen Präsidenten des 1. FC Köln, mit den Worten „Halt das Maul, du fette Sau!“ wüst beleidigte. Maaß hatte dem Trainer taktische Ratschläge gegeben.
1972: Nach Lorant-Eklat - Rolf Herings als Interimstrainer beim 1. FC Köln
Gyula Lorant, der erst zu Saisonbeginn 1971/72 den Trainerposten beim 1. FC Köln war nicht mehr tragbar, seine Trainerentlassung alternativlos. Obwohl der 1. FC Köln unter ihm nach 26 Spieltagen vom 4. Platz der Bundesliga Tabelle grüßte.
Die Kölner suchten kurzfristig Ersatz und machten Rolf Herings zum Interimstrainer. Herings war 1969 von Borussia Mönchengladbach, wo er mehrere Jahre technischer Mitarbeiter war, in die Domstadt gewechselt. Beim 1. FC Köln kümmerte er sich aber in erster Linie um die Kondition und Athletik der Spieler. Es heißt, Rolf Herings sei der erste Konditionstrainer der Bundesliga-Geschichte gewesen.
Rolf Herings: Legendärere FC-Torwarttrainer formte Schumacher & Illgner
Eine ideale Besetzung, denn der damals 32-jährige Herings war erfolgreicher Leichtathlet, professionell Fußball spielte er nie. Seine Paradedisziplin war der Speerwurf. Herings, der als Speerwerfer für Bayer Leverkusen startete, hielt sechs Jahre den deutschen Speerwurf-Rekord (82,48m) und nahm 1964 an den Olympischen Spielen in Tokio, wo er Siebter wurde, teil.
Für den 1. FC Köln war Rolf Herings, der 2017 im Alter von 77 Jahren verstarb, nahezu sein ganzes Leben tätig und arbeitete als Konditionstrainer, Co-Trainer sowie als Torwarttrainer oder Jugendtrainer. Vor allem seine Verdienste als Torwarttrainer für den 1. FC Köln sind unvergessen und er formte Fußballlegenden wie Toni Schumacher oder Bodo Illgner zu Weltklasse-Keepern.
Köln-Trainer Rolf Herings mit Traumstart
Doch das Rolf Herings auch Cheftrainer konnte, sollte er als Lorant-Nachfolger in der Bundesliga Saison 1971/72 eindrucksvoll beweisen. Das erste Ligaspiel unter der Führung des unerfahrenen Cheftrainer-Neulings gewann der 1. FC Köln am 8. April 1872 mit 4:2 gegen den 1. FC Kaiserslautern.
In der Partie des 27. Spieltags markierte u.a. FC-Legende Hannes Löhr einen Doppelpack. Köln zementierten Platz vier in der Tabelle, doch an der Spitze waren der FC Bayern und FC Schalke enteilt und machten die Deutsche Meisterschaft unter sich aus.
Legendär: 1. FC Köln fegt unter Herings Bayern im Pokal 5:1 weg
Doch schon im zweiten Pflichtspiel unter seiner Regie konnte sich Rolf Herings einen Eintrag in die Effzeh-Historie sichern. Es stand das Viertelfinal-Rückspiel im DFB-Pokal gegen den klar favorisierten FC Bayern an, die - wie eingangs erwähnt - mit einem komfortablen 3:0-Erfolg aus dem Hinspiel in die alte Radrennbahn, dem damaligen Fußballstadion des 1. FC Köln, angereist kamen.
Herings machte die „Geißböcke“ mit seiner Ansprache vor dem Spiel offenbar dermaßen heiß, dass der 1. FC Köln eine fulminanten Aufholjagd hinlegte. Nach 54. Minuten führte die Hausherren nach Treffern von Löhr, Jürgen Glowacz, einem Doppelpack von Bernd Rupp sowie einem Eigentor von Georg Schwarzenbeck sensationell mit 5:0. Die von Udo Lattek trainierten Bayern-Stars um Franz Beckenbauer, Paul Breitner oder Gerd Müller, der noch den Bayern-Ehrentreffer zum 1:5-Endstand markierte wurden, von der Herings-Elf regelrecht vorgeführt und Köln konnte den nicht für möglich gehaltenen Halbfinal-Einzug im DFB-Pokal bejubeln.
1972: Rolf Herings - Bitteres Pokal-Aus mit Köln gegen FC Schalke
In der Vorschlussrunde war dann allerdings Endstation. Das Pokal-Aus gegen den FC Schalke war denkbar bitter. So konnte der 1. FC Köln das Halbfinal-Hinspiel gegen die Königsblauen mit 4:1 zu seinen Gunsten entscheiden.
Doch im Rückspiel hieß es nach 90 Minuten 5:2 für die Knappen, wobei S04-Verteidiger Helmut Kremers den Rheinländern zwei ganz späte Treffer (83., 90.) einschenkte. Im anschließenden Elfmeterschießen hatte Schalke die besseren Nerven, die sich durch einen klaren 5:0-Erfolg im Finale gegen den 1. FC Kaiserslautern den Titel holten und sich in die Liste aller DFB-Pokalsieger eintragen konnten. Für Rolf Herings war die Niederlage beim FC Schalke die bitterste Pleite seiner ersten kurzen Amtszeit als Interimstrainer beim 1. FC Köln.
Rolf Herings: Einzige Ligapleite gegen Bayern - Schlott wird neuer FC-Trainer
Auf der Zielgerade der Meisterschaft 1971/72 lief es sportlich unter dem diplomierten Sportlehrer, der auch an der Deutschen Sporthochschule Köln lehrte, souverän. In den verbleibenden sieben Bundesligaspielen gab es unter Herings noch drei Pflichtsiege gegen die Kellerkinder Arminia Bielefeld (3:2), Hannover 96 (4:1) und den MSV Duisburg (4:1) sowie drei 1:1-Remis gegen den VfL Bochum, VfB Stuttgart und Hamburger SV, die allesamt im oberen Tabellen-Mittelfeld rangierten.
Seine einzige Bundesliga-Pleite musste Übergangstrainer Rolf Herings am 31. Spieltag verdauen, als es daheim gegen Bayern München eine deutliche 1:4-Niederlage setzte, mit der sich der FCB wiederum erfolgreich für das Pokal-Aus revanchierte. Am Ende der Saison wurde Herings mit dem 1. FC Köln Vierter. Zwar wurde gegen Herings keine klassische Trainerentlassung ausgesprochen, doch zur neuen Spielzeit verpflichteten die FC-Bosse mit Rudi Schlott einen neuen Trainer. Herings fungierte zunächst als dessen Co-Trainer (1972/73), ehe er Torwarttrainer wurde.