Saison 1973/74: Trainerentlassung von Rudolf Faßnacht beim MSV Duisburg
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In der Saison 1973/74 war der MSV Duisburg Schauplatz der dritten Trainerentlassung der Spielzeit. Doch es war kein Rausschmiss, denn der damalige Übungsleiter Rudolf Faßnacht trat nach einem enttäuschenden Saisonstart am 19. Oktober 1973 aus eigenen Stücken zurück. Ein Novum zu damaligen Bundesliga-Zeiten und zudem überraschend, weil Faßnacht sehr lange und durchaus erfolgreich die Geschicke bei den Zebras leitete. Sport-90 blickt zurück.
Jenseits von Duisburg wird man den Namen Rudolf „Rudi“ Faßnacht nur bedingt bis gar nicht kennen. Schließlich war der MSV Duisburg Faßnachts einzige Trainerstation in der Bundesliga. Dafür aber ganz schön lange. Fast 40 Monate betreute der Fußballlehrer den Revierklub aus dem Westen. Genauer gesagt für 1.207 Tage zwischen dem 1. Juli 1970 bis zum 19. Oktober 1973.
Nur Funkel war länger MSV-Trainer als Dietz-Förderer Rudi Faßnacht
Damit war Rudi Faßnacht, der einen Ruf als Schleifer genoss, auch lange Zeit der MSV Duisburg Trainer mit der längsten Amtszeit, bis ihm Friedhelm Funkel den Titel entriss. Funkel führt heute (Stand 2023) noch das Amtszeit-Ranking beim MSV Duisburg mit 1.406 Tagen (13. Mai 1996 bis 19. März 2000) an, Rudolf Faßnacht belegt weiterhin den 2. Platz.
Abgesehen von seiner überdurchschnittlich langen Verweildauer beim Klub von der Wedau, ist außerdem der Name von MSV-Ikone Bernard Dietz eng mit Faßnacht verbunden. Denn Faßnacht formte Fußballlegende Bernhard „Ennatz“ Dietz in Duisburg zu einem der besten Verteidiger seiner Zeit, der über ein Jahrzehnt der Kopf beim MSV Duisburg war und 1984 mit Deutschland Europameister wurde.
1970: MSV Duisburg holt Trainer Faßnacht als Gebhardt-Nachfolger
Der MSV Duisburg hatte Rudi Faßnacht zur Saison 1970/71 als neuen Trainer und Nachfolger von Robert Gebhardt verpflichtet. Gebhardt verließ die Blau-Weißen Richtung Werder Bremen. In Duisburg hätte man zwar trotz des Fast-Abstiegs 1969/79 (15. Platz) gerne mit Robert „Zapf“ Gebhardt weitergemacht, doch diesen zog es zu den Grün-Weißen.
Der damals 35-jährige Faßnacht hatte keine Bundesliga-Erfahrung als Trainer vorzuweisen und war vor seinem Engagement beim MSV lediglich bei den unterklassigen Teams Holstein Kiel und dem FC 08 Villingen als Übungsleiter verantwortlich. Als Spieler kickte der einstige Verteidiger jedoch bei Mannschaften wie dem VfB Stuttgart, Hannover 96 oder Bayer Leverkusen.
1971: Duisburg wird unter Faßnacht starker Bundesliga-Siebter
Seine Debüt-Saison auf der MSV-Trainerbank sollte aber gleich ein großer Erfolg werden. In Duisburg setzte man nach der schwachen Spielzeit 1969/70 nicht nur auf einen jungen Trainer, sondern auch verstärkt auf eigene Talente - wie eben den damals 22-jährigen Bernhard Dietz. Die Rechnung ging auf und am Saisonende belegte der MSV Duisburg trotz mauer Hinrunde einen starken 7. Platz.
In der Folgesaison (1971/72) führte Faßnacht die Zebras auf einen wenig überzeugenden 14. Platz. Das enttäuschende Abschneiden war vor allem der harmlosen Offensive geschuldet (nur 36 Ligatore), wenngleich den Duisburgern mit Siegen gegen Spitzenteams wie dem FC Bayern (3:0) oder FC Schalke (2:0) auch positive Überraschungen im Saisonverlauf glücken sollten.
1972/73: Faßnacht lässt MSV Duisburg von Europa träumen
In der dritten Saison als MSV Duisburg Trainer sollte es für Rudolf Faßnacht lange Zeit besonders rund laufen. Der Coach beorderte gleich sieben amtierende A-Jugend-Meister aus dem eigenen Unterbau zu den Profis und mischte mit seiner jungen Truppe zunächst oben in der Bundesliga Tabelle mit.
Doch nachdem die Meidericher auf Rang sieben überwinterten und zwischenzeitlich sogar als Fünfter vom Uefa-Pokal träumen durften, ließ der MSV im letzten Saisondrittel reichlich Federn und kam letztendlich als Zehnter durchs Ziel.
1973/74: Rudolf Faßnacht & MSV Duisburg als Auswärts-Punktelieferant
In der Spielzeit 1973/74 kam der MSV Duisburg sehr schleppend aus dem Startblock. Vor allem auswärts brachten die Zebras überhaupt kein Bein auf den Boden und reisten als Punktelieferant durch die Bundesliga. Die ersten vier Auswärtspartien wurden allesamt verloren, zumindest konnten die Duisburger im heimischen Wedaustadion vorerst noch regelmäßig punkten.
Bis zum 10. Spieltag. Spitzenreiter Borussia Mönchengladbach schaute vorbei und verpasste dem MSV Duisburg die erste Heimpleite (1:2) der Saison. Auch das folgende Gastspiel im Münchner Olympiastadion beim FC Bayern ging mit 2:4 erwartungsgemäß verloren und Rudi Faßnacht war danach mit seinem MSV Duisburg auf den letzten Platz abgerutscht.
Novum: Rudolf Faßnacht tritt als MSV-Trainer zurück
Trotzdem, einen Rauswurf musste der langjährige MSV-Trainer trotz der sportlichen Talfahrt nicht fürchten. Vielmehr zog er kurz darauf selbst die Reißleine. Denn am nächsten Spieltag kassierte Duisburg im Kellerduell gegen Aufsteiger Fortuna Köln eine 1:3-Schlappe im eigenen Stadion. Diese Niederlage veranlasste Faßnacht, selbst von seinem Traineramt beim MSV Duisburg zurückzutreten.
Ein Novum, den zu jenen Bundesliga-Zeiten waren freiwillige Trainer-Rücktritte eine absolute Rarität. Doch nach über drei Jahren auf der MSV-Bank sah Rudolf Faßnacht die Zeit für seinen Abschied gekommen. Acht Niederlagen an den ersten zwölf Spieltagen sowie Tabellen-Schlusslicht mit 6:18 Punkten und 13:23 Toren sprachen auch eine deutliche Sprache. Dennoch handelte es sich nicht um eine klassische Trainerentlassung.
Trainer-Neuling & Faßnacht-Nachfolger Kremer rettet Duisburg
Nachfolger des zurückgetretenen Rudolf Faßnacht beim MSV Duisburg wurde dessen bisheriger Assistent Willibert Kremer, der zuvor nie als hauptverantwortlicher Trainer tätig war. Doch obwohl die Zebras in der Saison 1973/74 lange Zeit Letzter waren, machte Trainer-Neuling Kremer das Unmögliche möglich und bewahrte den Revierklub mit einem eindrucksvollen Schlussspurt in der Bundesliga vor dem Abstieg.
Die Trainer-Laufbahn von Rudolf Faßnacht verlief nach seinem Abschied beim MSV Duisburg wenig spektakulär. 1974 hätte er eigentlich Eintracht Braunschweig übernehmen sollten, doch die Niedersachsen suspendierten Faßnacht wegen seiner Alkoholprobleme noch vor dessen Dienstantritt.
Rudi Faßnacht: Zweitliga-Trainer, Parfümerien-Betreiber, Concorde-Absturz
Zwischen 1974 bis 1981 sollte Rudolf Faßnacht aber immerhin noch einige Zweitligisten, darunter der VfR Heilbronn, Preußen Münster, TeBe Berlin oder Fortuna Köln. 1981 kehrte der damals 47-Jährige dem Trainer-Dasein dann aber den Rücken und schlug eine Karriere als Geschäftsmann ein. In Köln war er im Besitz mehrerer Parfümerien.
Tragisch war das Ableben von Rudolf Faßnacht. Zusammen mit seiner Frau Sigrid befand er sich am 25. Juli 2000 unter den Opfern des schrecklichen Flugzeug-Absturzes der Concorde in der Nähe von Paris. Faßnacht wurde 65 Jahre alt und hinterließ zusammen mit seiner Frau zwei Kinder und vier Enkelkinder.