Die größten Überraschungen der EM-Geschichte - Blick in die Vergangenheit
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Die Europameisterschaft 2020 ist in vollem Gange und einige spannende Spiele gab es bereits zu verfolgen. Während die ganz großen positiven Überraschungen noch ausblieben, gibt es doch Mannschaften, denen man eine deutlich bessere Leistung zugetraut hätte. Nach einer sehr starken Qualifikation konnte die Türkei nicht überzeugen. Die Fans sahen ein eher unkreatives und ungefährliches Auftreten von Senol Günes Team und so ist diese Europameisterschaft für das türkische Team mit null Punkten und nur einem Tor zu Ende.
Auch Polen mit Weltfußballer Robert Lewandowski wurde teilweise als Geheimfavorit der Gruppe E gehandelt. Die Leistung nach drei Spielen spricht aber eine ganz andere Sprache. Nach der Gruppenphase kam das Aus für unser Nachbarland.
Italien wird Favoritenrolle gerecht
Italien hingegen knüpfte nahtlos an die hervorragenden vergangenen Monate und gehört mit drei Siegen in drei Partien zu den überzeugendsten Mannschaften dieses Turniers. Neben der bekanntermaßen starken Defensive ist es auch der schnelle und mutige Offensivfußball, der die Fans begeistert. Bei Buchmachern hat sich das Team von Roberto Mancini vom Geheimtipp zu einem möglichen Anwärter auf den Titel gespielt. So gelten die Italiener bei EM 2021 Wetten neben Frankreich und Deutschland mittlerweile als die wahrscheinlichsten Sieger des Turniers.
Auch die zwischenzeitlichen Gruppenführungen von Schweden und Tschechien hätten viele Leute im Vorhinein wohl nicht erwartet. Es ist also, wie für eine Europameisterschaft Tradition, spannend und oft unberechenbar. Grund genug, einen Blick auf die größten Überraschungen der Turniergeschichte zu werfen, die 1960 in Frankreich begann.
Irland besiegt England in der Gruppenphase 1988
Die Europameisterschaft 1988 wurde in der Bundesrepublik Deutschland ausgetragen und das Turnier sollte letztendlich von den Niederlanden gewonnen werden. Diese schlugen Deutschland im Halbfinale, um anschließend im Endspiel 2:0 gegen die Sowjetunion zu gewinnen. Bis heute der einzige internationale Titel der „Oranjes“, die damals mit legendären Spielern wie Ronald Koeman, Frank Rijkaard, Ruud Gullit und dem überragenden Marco van Basten aufliefen.
Die größte Überraschung der EM war allerdings ein Spiel in der Gruppenphase des Turniers. Am 12. Juni trafen in Stuttgart England und Irland aufeinander. Für Irland war es das Debüt bei einem bedeutenden Turnier und in ihrem ersten Spiel schockten sie das Mutterland des Fußballs und den geografischen Nachbarn mit einem 1:0 Sieg. Einen Sieg mit dem niemand gerechnet hat, vor allem gegen einen solch starken Gegner. Trainer Jack Charlton schrieb damals Fußballgeschichte in Irland, auch wenn es der einzige Sieg in der Vorrunde bleiben sollte. Ein Unentschieden gegen die UdSSR und eine Niederlage gegen die Niederländer besiegelten das Aus in der Gruppenphase. Nichtsdestotrotz ein Turnier, an welches in Irland bis heute gerne gedacht wird.
Dänemark schlägt Deutschland im Finale 1992
Die EM 1992 hatte einige Kuriositäten zu bieten. Vier Spieler wurden mit je drei Toren zu den Torschützenkönigen des Turniers, darunter auch der deutsche Stürmer Karl-Heinz Riedle. Außerdem war es das erste internationale Turnier, bei dem der Nachname auf der Rückseite des Trikots zu finden war, anstatt nur der Nummer des Spielers.
Das Team der Sowjetunion musste aus politischen Gründen als „Gemeinschaft Unabhängiger Staaten“ antreten und hatte dementsprechend weder eine Flagge noch eine Hymne. Sie schieden ohne Sieg in der Vorrunde aus. Jugoslawien hingegen musste bedingt durch den Balkankonflikt die Teilnahme zurückziehen, obwohl die Qualifikation für das Turnier durchaus positiv verlief. Für sie rückte Dänemark in Gruppe 1 der EM 1988 nach.
Die Dänen konnten die Gruppenphase überraschend mit Schweden überstehen, wären Frankreich und England scheiterten. Im Halbfinale wartete mit den Niederlanden der amtierende Europameister auf Dänemark, den sie aber im Elfmeterschießen besiegen konnten. Bis dahin war es schon ein unglaublicher Lauf für das Team von Richard Möller Nielsen. Am 26. Juni empfingen die Dänen dann in Göteborg mit Deutschland den Weltmeister von 1990, den sie mit einer soliden Vorstellung 2:0 bezwangen. Eine der unglaublichsten EM-Geschichten – bis heute.
Finale 2004 – Griechenland wird Europameister
Schon vor dem Turnier hatte Otto Rehhagel als Trainer ikonischen Status erreicht. „König Otto“ übernahm das Traineramt unter anderem bei Werder Bremen, Bayern München und dem 1. FC Kaiserslautern und gehörte zu den erfolgreichsten Coaches der Bundesliga. 2001 dann zog es ihn nach Griechenland, wo er die Nationalmannschaft trainierte. In diesen drei Jahren bis zur EM 2004, änderte er bei den Griechen einiges und sorgte für mehr Disziplin im Team. Schön war der Fußball dabei in den seltensten Fällen anzusehen, erfolgreich war er allemal.
Anders als bei Deutschland, die zum dritten Mal in ihrer Geschichte bereits in der Gruppenphase ausschieden. Das 0:0 gegen Lettland kann selbst schon als eine der größeren Überraschungen der EM-Geschichte gehandelt werden, wäre es nicht zu diesem unglaublichen Turnier der Griechen gekommen. Nach dem knappen Überstehen der Vorrunde konnte Griechenland den amtierenden Europameister aus Frankreich überraschend schlagen, womit die erste Sensation des Turniers bereits feststand.
Charisteas mit dem goldenen Treffer für Griechenland
Im Halbfinale besiegten sie Tschechien mit einem Silver Goal in der Verlängerung. Das Finale wurde gegen Gastgeber und Topfavorit Portugal ausgetragen, die mit Spielern wie Deco, Luis Figo und Cristiano Ronaldo anreisten. Doch Angelos Charisteas machte den Treffer des Tages in der 57. Minute und köpfte Griechenland somit zum Europameistertitel. Das Turnier ging in Geschichtsbücher ein und Rehhagel wurde im Land quasi zu einem Gott. Für viele ist es bis heute das noch größere Wunder als Dänemarks Sieg 1992.
Ob die diesjährige Europameisterschaft eine ähnliche große Überraschung bereithält, ist unwahrscheinlich, schließlich gehören die Events der Liste zu den bekanntesten Schocks des europäischen Fußballs. Ein spannendes Turnier wird es allerdings mit Sicherheit und wer sich am 11. Juli die Krone aufsetzt, bleibt abzuwarten.