Wandervogel Rudi Gutendorf 1964/65 beim MSV Duisburg entlassen
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Nachdem Rudolf „Rudi“ Gutendorf in der Premieren-Saison der Bundesliga als Trainer des Meidericher SV noch sensationell Vizemeister wurde, war die Saison 1964/65 weniger vom Erfolg geküsst. Der MSV spielte lange Zeit gegen den Abstieg. Obwohl Gutendorf die Mannschaft aber wieder auf erfolgreichere Bahnen bringen konnte, wurde er im Februar 1965 entlassen.
Mit gerade einmal 36 Jahren wurde Rudi Gutendorf der erste Bundesliga-Trainer des MSV Duisburg. Eine gute Entscheidung, wie sich herausstellen sollte. Denn Gutendorf führte den Klub, der als krasser Außenseiter und Abstiegskandidat gehandelt wurde, völlig überraschend zur Vizemeisterschaft hinter den damals übermächtigem 1. FC Köln. Das Erfolgsrezept lag in einer simplen Taktik, die Gutendorf den Spitznamen „Riegel-Rudi“ einbrachte.
Denn der Trainer bildet vor dem Torhüter einen aus oftmals acht Spielern bestehenden Abwehrriegel und verteidigte sich mit Mann und Maus zum Erfolg. „Ich hatte Angst, dass wir direkt absteigen würden und daher haben wir gemauert“, erklärte Gutendorf seine defensive Spielweise. Der Erfolg gab dem Trainer recht und am Ende der Saison 1963/64 hatte der MSV Duisburg mit 36 Gegentoren die beste Abwehr und feierte ausgelassen den 2. Platz.
Trainerentlassung von Gutendorf trotz sportlichen Aufwind
In der Saison 1964/65 blieb der Erfolg aber aus und die Zebras galoppierten in der Hinrunde schnell in die Abstiegszone. Zwar konnte der MSV in der Rückrunde sich aus den ärgsten Abstiegsnöten befreien, dennoch wurde der Druck auf Rudi Gutendorf immer größer, zumal die Fans und das Präsidium nach der starken Auftaktsaison ähnliche Erfolge sehen wollten. Diese blieben aber aus und Ende Februar 1964 wurde der Coach nach dem 22. Spieltag beim MSV Duisburg entlassen – und das, obwohl Gutendorf das Team mittlerweile auf den 7. Platz geführt hat und die Saisonbilanz bis dahin mit neun Siegen, fünf Unentschieden und acht Niederlagen absolut ausgeglichen war.
Gutendorf: Neuer Trainerposten beim VfB Stuttgart
Als Nachfolger entschied sich der Meidericher SV für Wilhelm Schmidt, der sich am Saisonende mit 32:28 Punkte auf dem 7. Tabellenplatz wiederfand. Und „Riegel-Rudi“? Dieser hat schon eine Woche nach seiner Trainerentlassung in Duisburg einen neuen Job und heuerte beim abstiegsbedrohten Bundesligisten VfB Stuttgart an. Pikant: Am 23. Spieltag empfing der VfB den MSV Duisburg und somit hätte Gutendorf gleich im ersten Spiel als Stuttgart-Trainer gegen seine alte Mannschaften antreten müssen. Für den Ex-MSV-Trainer offenbar ein zu großer Konflikt und so verschob er sein Debüt um eine Woche. Offenbar nicht die schlechteste Entscheidung, feierte die Schwaben doch einen souveränen 4:2-Erfolg gegen die Zebras. Am Ende landete Gutendorf mit dem VfB Stuttgart in der Saison 1964/65 auf dem 12. Platz und sicherte die Klasse.
Rudi Gutendorf ist ein Wandervogel, denn er betreute mehr als 54 Stationen in seiner Trainerlaufbahn. Unter anderem war er Nationaltrainer von Bolivien, Grenada, Real Valladolid, Nepal, Tonga, Tansania oder auch von Australien. Meist blieb er nicht lange bei einem Team, sodass diese wahnsinnige Anzahl von Stationen zustande kommen konnte.
Zweites Engagement beim MSV Duisburg mit 85 Jahren abgelehnt
Ebenso trainierte er 1988 die Nationalmannschaft des Iran oder 1997 Mauritius. Seit 2016 ist er Trainer bei TuS International – die erste Mannschaft bestehend aus Flüchtlingen. Pikant ist auch, dass er sich 2012/2013 dem MSV Duisburg als Trainer und Manager anbot. Die Zebras lehnten jedoch ab und so kam es nicht zu einer zweiten Amtszeit. Zu dieser Zeit war Rudolf Gutendorf bereits stolze 85 Jahre alt.
Heute lebt der schillernde Alt-Trainer bei Neustadt (Wied). Mit 62 Jahren wurde Gutendorf Vater und hat somit einen Sohn.