Saison 1975/76: Trainerentlassung von Georg Stollenwerk beim 1. FC Köln
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Mit Trainer Georg Stollenwerk führte eine echte Vereinsikone den 1. FC Köln in der Rückrunde der Saison 1975/76 wieder in erfolgreiche Gewässer und in der Bundesliga auf einen 4. Platz. Die Domstädter hatten „Schorsch“ interimsmäßig als Cajkovski-Nachfolger in der Winterpause verpflichtet. Trotz vorzeigbarer Erfolge musste Stollenwerk am Saisonende für Hennes Weisweiler weichen, was der FC-Legende bitter aufstieß. Sport-90 mit einem Rückblick auf die Trainerentlassung von Stollenwerk beim 1. FC Köln 1976.
Der 1. FC Köln war sein Herzensklub. Zwölf Jahre zwischen 1953 bis 1965 spielte Georg Stollenwerk für die Geißböcke, wurde mit den Kölnern 1962 und 1964 Deutscher Meister. Nachdem „Schorsch“, der 23 Länderspiele für Deutschland bestritt und 1958 WM-Teilnehmer war, in den 60er Jahren die Reservemannschaft des „Effzeh“ trainierte, die nur als „Stollenwerk-Elf“ bezeichnet wurde, kehrte er Anfang 1976 vorübergehend als Cheftrainer in die Domstadt zurück.
Gefühl der Rache - Georg Stollenwerk beerbt Cajkovski als Köln-Trainer
Der 1. FC Köln verpflichtete Georg Stollenwerk als Nachfolger von Tschik Cajkovski. Die jugoslawische Trainerlegende hatte die Hinrunde der Saison 1975/76 mit den ambitionierten Kölnern auf einem ernüchternden 7. Rang beendet. Der absolute Tiefpunkt war eine 0:4-Heimklatsche am 17. Spieltag gegen Borussia Mönchengladbach. Kurz darauf kam es zur Trainerentlassung von Cajkovski.
Für Stollenwerk dürfte es auch ein Gefühl von süßer, verspäteter „Rache“ an Tschik Cajkovski gewesen sein - seinem Ex-Trainer. Während der ersten Amtszeit von Cajkovski auf der FC-Trainerbank von 1961 bis 1963 kreuzten sich deren Wege in Köln. Stollenwerk, der schon als Spieler als Disziplin-Fanatiker galt, hatte unter „Tschik“ einen schweren Stand, spielte kaum und konnte der allzu lockeren Art der Trainerlegende nichts abgewinnen.
1. FC Köln: Disziplin-Fanatiker Stollenwerk als Gegenstück zu Tschik Cajkovski
Im Dezember 1976 mangelte es der hochveranlagten Mannschaft des 1. FC Köln mit Spielern wie Toni Schumacher, Bernd Cullmann, Dieter Müller oder Hannes Löhr an Disziplin. Cajkovski, der seinen Spielern stets viel Freiheiten gab, war der Sache nicht mehr gewachsen und verlor die Mannschaft. Die Trennung war die logische Konsequenz und auch Georg Stollenwerk als Gegenstück zu Cajkovski die folgerichtige Wahl.
Schließlich wollte Karl-Heinz Thielen einen Trainer, der sich neben großen Sachverstand vor allem durch Disziplin auszeichnete. Da fiel dem Manager des 1. FC Köln der Name seines ehemaligen Kölner Mitspielers Georg Stollenwerk ein. Der hatte bei Alemannia Aachen während der Saison 1969/70 erstmals und nur für sechs Monate als Trainer Bundesliga-Luft geschnuppert (hier zur Trainerentlassung von Stollenwerk in Aachen) und war zurzeit der Anfrage aus Köln Übungsleiter beim Amateurverein TuS 08 Langerwehr.
Trotz anfänglicher Probleme: Stollenwerk bringt Köln wieder in die Spur
Doch auch sein zweites Bundesliga-Engagement als Trainer war nicht auf lange Zeit ausgedehnt. Der 1. FC Köln wollte „Schorsch“ Stollenwerk als Interimstrainer, der die Mannschaft während der Rückrunde der Saison 1975/76 betreute. Der Trainerwechsel hin zum gebürtigen Dürener war ein Erfolg.
Unter dem Neu-Coach ging es langsam, aber stetig und trotz anfänglicher Rückschläge wieder bergauf. Stollenwerk startete in Köln dank später Tore von Wolfgang Weber und Hannes Löhr mit einem 2:0-Heimsieg gegen den Tabellennachbarn Hertha BSC. Allerdings folgte eine Sieglos-Serie von sechs Spielen in der Bundesliga (4 Unentschieden, 2 Niederlagen) - die längste dieser Saison für die Rheinländer. Der 1. FC Köln dümpelte im grauen Mittelfeld vor sich hin.
1975/76: Dieter Müller treffsicher & Stollenwerk-Elf mit starker Rückrunde
Das sollte sich ab Mitte März 1976 ändern. Stollenwerk brachte die Kölner wieder in Schwung und reihte in der Meisterschaft vier Siege aneinander (längste Siegesserie der Saison). Darunter gleich drei klare 4:0-Erfolge gegen den MSV Duisburg, Bayer Uerdingen und den Erzrivalen Fortuna Düsseldorf. Vor allem Torjäger Dieter Müller war in dieser Saisonphase mit acht Toren in diesen vier Partien der Unterschiedsspieler.
Nach einer überraschenden Pleite in Bochum Anfang Mai, legte Köln-Coach Georg Stollenwerk mit den Geißbocken dann auch noch einen überzeugenden Saison-Schlussspurt mit Siegen gegen Schalke 04 (2:1) und die Kickers Offenbach (5:1). Im letzten Heimspiel revanchierte sich der 1. FC Köln am FC Bayern für das Viertelfinal-Aus im DFB-Pokal und setzte sich mit 1:0 durch.
Vergebens: Georg Stollenwerk hoffte auf Cheftrainerposten in Köln
Stollenwerk hatte den FC vor dem Saisonfinale 1975/76 auf den 3. Platz in der Bundesliga Tabelle geführt. Doch beim frischgebackenen Meister Borussia M‘gladbach, die schon vorzeitig die erfolgreiche Titelverteidigung festzurrten, verlor die Stollenwerk-Auswahl am 34. Spieltag mit 1:2. So landete Köln hinter Gladbach, dem HSV und Bayern auf einem sehr ordentlichen 4. Platz und war nach den Münchner die zweitbeste Rückrunden-Mannschaft.
Insgeheim machte sich Georg Stollenwerk Hoffnung, dass aus seiner vorübergehenden Anstellung als Interimstrainer eine Festanstellung wird und er für die kommende Spielzeit zum Cheftrainer ernannt wird. Doch die Klubverantwortlichen entschieden anders und hatten eine weitaus prominentere Lösung für den Trainerposten in der Schublade.
„Nicht die feine Art“ - 1. FC Köln ersetzt Stollenwerk durch Weisweiler
Kulttrainer Hennes Weisweiler kehrte nach seinem missglückten Intermezzo beim FC Barcelona nach Müngersdorf zurück. Nachdem Weisweiler zuvor in Gladbach große Erfolge feierte (u.a. 3 x Meister, Europapokalsieger) sollte er auch beim 1. FC Köln eine erfolgreiche Ära prägen, die mit dem Pokalsieg 1977 und dem Double ein Jahr später gekrönt wurde.
Georg Stollenwerk wurde dagegen vor die Tür gesetzt. „Das fiel mir schwer, brachte aber Erfolg“, wie Karl-Heinz Thielen einst erklärte. Der damalige Köln-Manager gab zu: „Schorsch gegenüber war das nicht die feine Art. Ich glaube, daran hatte er zu schlucken.“ Definitiv, der Trainer-Austausch hinterließ Spuren bei Stollenwerk, dessen Beziehung zu seinem Herzensklub 1. FC Köln danach nie wieder so innig war, wie zuvor. Nach seinem Aus arbeitete der damals 46-jährige Stollenwerk nie mehr als Trainer auf Profiebene. Als Inhaber einer Papier- und Kartonagengroßhandlung fokussierte er sich stattdessen auf das Unternehmer-Dasein.