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Kampfabend zwischen Jacobs und Chavez Jr. endet mit unschönen Szenen

Bildquelle: Bret Newton, www.pound4pound.com / www.threatphoto.comderivative work: Steffaville CC BY-SA 3.0 [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Aus der Talking Stick Resort Arena in Phoenix, Arizona. Gab es des Nachts ab drei Uhr einen DAZN Boxen Livestream zu sehen. Die beiden Hauptkämpfe waren dabei ein Kampf um die vakante WBC-Krone im Fliegengewicht sowie ein Aufeinandertreffen im Boxen Supermittelgewicht zwischen Daniel Jacobs und Julio Cesar Chavez Jr.

Den Anfang machte ein Boxkampf im Weltergewicht. Der US-Albaner Reshat Mati (5-0) traf auf den amerikanischen Journeyman Rakim Johnson (6-8-1). Sechs Runden waren angedacht. Brauchen sollte es nur eine Einzige. Viermal wurde Johnson niedergeschlagen! Zwar war er immer recht schnell wieder auf den Beinen gewesen und schien auch recht klar. Doch gerade der letzte Niederschlag kam nach einer fast schon unscheinbaren Kombination. Bezeichnenderweise bereits der achte KO-Sieg gegen Johnson, der sich besser eine neue Beschäftigung suchen sollte. Denn wenn man in acht von neun Niederlagen durch KO verliert, dann spricht das Universum zu einem, um zu sagen, dass man im Boxring nichts verloren hat! Mati schaukelte das Ding entsprechend souverän, erreichte die Niederschläge sowohl zum Körper als auch zum Kopf. Auch wenn einige Hände dabei den Hinterkopf von Johnson zumindest streiften.

Maurice Hooker gewinnt frühzeitig

Darauf folgte ein weiterer Kampf im Boxen Weltergewicht, der bereits auf dem Papier jedoch wesentlich ausgeglichener schien als der Opener. Der Amerikaner Maurice Hooker (26-1-3) traf auf Uriel Perez (19-4). Eine Begegnung, die für beide Neuland bedeutete. Für den ehemaligen Boxweltmeister Hooker ging es aus dem Boxen Superleichtgewicht eine Gewichtsklasse nach oben. Perez war zwar überwiegend auch als Superleichtgewicht unterwegs gewesen, hatte aber in der Vergangenheit bereits im Superweltergewicht gekämpft und war sechs Jahre jünger als der 30-Jährige Hooker. Dafür war es aber der erste Kampf für Perez auf amerikanischem Boden. Der Kampf war angesetzt auf zehn Runden. Perez mit einer hohen KO-Rate: 17 von seinen 19 Siegen waren vorzeitig resultiert. Überdies war er ein Ersatzgegner, da sich der ursprünglich angedachte Kontrahent von Hooker eine Woche vor dem Kampf am Auge verletzt hatte.

Auch hier war nach Runde eins bereits der Drops gelutscht! Der Kampf startete dabei recht taktisch. Beide umkreisten einander in der Mitte, wobei Hooker mit seinem Jab bereits von Anfang an akkurater und aktiver war. Ein rechter Konter-Haken sendete Perez in der Ecke schließlich aufs Knie. Doch nicht ehe dem weitere Haken zum Körper und Kopf folgten. Nur langsam erhob sich Perez wieder und entschied sich, den Boxkampf nicht fortzusetzen, als der Ringrichter ihn obligatorisch danach fragte. Hooker siegte souverän! Im Interview danach kündigte Hooker an, weiterhin im Superleichtgewicht boxen zu wollen, um dort wieder Weltmeister zu werden.

Intensiver Boxkampf zwischen Martinez Aguilar und Rosales

Ob der zwei schnellen Kämpfe wurde ein Swing Bout aus dem Federgewicht eingestreut. Mit Raymond Ford (4-0) und Francisco Muro (3-6) trafen zwei junge Amerikaner aufeinander. Beide natürlich, eingedenk ihrer unterschiedlichen Kampfbilanzen, mit unterschiedlichen Vorzeichen. Der 20-jährige Ford kam im Weihnachtsmann-Look in die Arena. Doch er hatte nur ein einziges Geschenk dabei. Und das war ein weiterer Knockout in Runde eins! Der Rechtsausleger Ford legte gleich aggressiv los. Wesentlich schnellere Hände und viel akkurater als Muro. Dieser versuchte zwar mit Meidbewegungen und taktischem Halten zu überleben, doch es dauerte nicht lange bis zum ersten Niederschlag, nachdem Muro sichtbar angeklingelt war. Noch geradeso blieb er im Kampf. Doch eine weitere Salve von Schlägen nahm Muro in den Seilen einfach nur noch hin. Kurz daraufhin hatte der Ringrichter genug gesehen. Muro war hier chancenlos gewesen!

Es folgte ein Meisterschaftskampf im Boxen Fliegengewicht: der Mexikaner Julio Cesar Martinez Aguilar (14-1) gegen Nicaraguas Cristofer Rosales (29-4) um die vakante WBC-Weltmeisterschaft in dieser Gewichtsklasse. Rosales hier mit dem Versuch, einen Titel zurückzuerobern, den er schon einmal innegehabt hatte. Und Martinez Aguilar hatte schon in seinem letzten Boxkampf gedacht, diesen Titel erobert zu haben. Doch aufgrund eines Körpertreffers zum am Boden liegenden Gegner (gegen Charlie Edwards/Sport-90 berichtete), wurde im August korrekt auf No Contest entschieden. Martinez Aguilar also mit einem zweiten Anlauf, diesen Titel zu erobern. Und hoffentlich diesmal mit etwas mehr Selbstbeherrschung. Rosales war rund einen halben Kopf größer. In einer lebhaften ersten Runde gelang es ihm aber nicht, seine Reichweite geltend zu machen. Martinez Aguilar suchte und fand früh den Weg nach innen. Insbesondere weil Rosales nicht das Volumen aufbot, um ihn abzuhalten. Rosales traf zwar recht gut zum Körper und konnte auch im Innenbereich mit schlagen. Doch Martinez Aguilar traf dort einfach mehr und besser, wirkte explosiver. Runde eins ging an ihn.

 

 

Runde zwei startete dann gleich mit einem wilden Schlagabtausch. Beide trafen sich in der Ringmitte und schlugen darauf los! Dabei gelang es beiden, den anderen jeweils anzuklingeln. Danach wirkte Rosales eine Weile etwas stärker, als seine Jabs und Geraden fast nach Belieben trafen. Nur schmiss er davon nicht viele, sodass Martinez Aguilar wieder zurückkommen und im Nahbereich mit Volumen und wilden Haken drohen konnte. Eine enge zweite Runde, die ich persönlich Rosales gegeben hätte – aber es war hier wirklich eng, sodass man auch ein Unentschieden oder eine Runde für Martinez Aguilar rechtfertigen konnte. Runde drei blieb lebhaft und sah wieder phasenweise Anteile für beide. Rosales bewegte sich nun etwas mehr und versuchte, den Boxkampf lang zu halten. Und auf Distanz sah er besser aus, landete meist mit seinem Jab. Doch Martinez Aguilar fand nach wie vor regelmäßig den Weg nach innen und zwang Rosales in Schlagabtausche, wo er einfach mehr Volumen anzubieten hatte. Rosales schlug dabei jedoch stets mit, verkaufte sich hier teuer. Wieder eine enge Runde, die beide versuchten stark zu beenden, sodass es zum Ende hin noch mal munter wurde!

Martinez Aguilar entscheidet die Abnutzungsschlacht deutlich für sich

In Runde vier blieb dieser bisher sehr unterhaltsame Kampf weiterhin eng. Die Vorteile dabei immer noch identisch gelagert. Martinez Aguilar kam über Aggression und Volumen. Er schmiss hier nur Powerhände. Rosales dafür effizienter und im Nahbereich selber auch gefährlich genug, sodass er hier nicht einfach vom schlagkräftigen Martinez überrannt wurde. Kein leicht zu bewertender Kampf für die Punktrichter! Doch in so hart umkämpften Gefechten wird typischerweise jener Kämpfer favorisiert, der mehr oder härter schlägt. Und Martinez Aguilar tat beides! Als Mexikaner hatte er hier in Arizona natürlich auch einen leichten Heimvorteil. Runde fünf verlief weiterhin im bisherigen Sinne. Martinez Aguilar wirkte aber zunehmend stärker, da sein Output und seine Offensivpower einfach augenscheinlicher blieben. Rosales tat und traf jedoch immer noch genug, dass man ihn hier noch längst nicht abhaken konnte. Zum Ende der Runden drehten beide jeweils das Tempo auf, um diese für sich zu entscheiden. So auch in Runde fünf.

In Runde sechs verfestigte sich der Eindruck, dass Martinez Aguilar hier langsam über das Volumen und seine unbändige Aggression (insbesondere mit seinem starken linken Haken) enteilte. Rosales etwas zu bereitwillig, diese Abnutzungsschlacht im In-Fight anzunehmen. Mehr Bewegung, mehr Jabs, mehr Gerade. Wann immer diese Dinge kamen, sahen sie gut aus. Sie kamen nur zu selten! In der Siebten schien Rosales langsam zu schwinden. Er bewegte sich zwar mehr, allerdings sah dass eher nach unüberlegter Flucht aus. Er schlug immer noch zurück und bewies hier ein Wahnsinns-Kinn. Doch stilistisch lag dieser Kampf, so wie er sich hier entfaltete, dem Mexikaner klar besser. Immer wieder landete er Serien von knallharten Haken, auch wenn er dabei selber treffbar blieb, wie Rosales wiederholt andeutete. Doch Martinez Aguilar verkraftete dessen Gegenwehr gut. Rosales hingegen schien langsam aber sicher zu schwinden. Doch in Runde acht zeigte er endlich eine überfällige Adaption und bewegte sich mehr. Die Gelegenheiten für Martinez Aguilar dadurch sporadischer – und schon sah Rosales ein ganzes Stück besser aus als in den Runden zuvor. Martinez Aguilar wirkte allerdings zu diesem Zeitpunkt weit frischer und war auch weniger gezeichnet.

In Runde neun resultierte dann ein TKO für Martinez Aguilar. Er hatte Rosales in den Seilen gestellt und landete schwere Hände. Der Ringrichter sprang dazwischen, da sich Rosales in seinen Augen nicht mehr intelligent genug verteidigt hatte und Rosales hier schon viel akkumulativen Schaden erlitten hatte. Ein Kampfabbruch, der auf den ersten Blick voreilig schien. Allerdings lamentierte Rosales auch nicht wirklich. Und es war klar, dass sein Kämpferherz und Kinn hier wahrscheinlich nur mehr Schaden für ihn besiegelt hätte. Martinez Aguilar war ihm einfach über, auch wenn man Rosales große Nervenstärke zugestehen musste. Doch taktisch war ihm dieser Boxkampf seit den frühen Runden weitestgehend entglitten, was sich in einer mutmaßlich gebrochenen Nase für Rosales und in einem signifikanten Volumenvorteil für den hart zuschlagenden Martinez Aguilar geäußert hatte. Im zweiten Anlauf gelang Julio Cesar Martinez Aguilar hier der Gewinn der WBC-Boxweltmeisterschaft im Fliegengewicht!

Tumultartige Szenen nach Sieg von Daniel Jacobs

Es kam schließlich der Hauptkampf des Abends: Im Boxen Supermittelgewicht traf Daniel Jacobs (35-3) auf Julio Cesar Chavez Jr. (51-3-1). Letzterer natürlich der Sohn von Boxlegende Julio Cesar Chavez, der ab Mitte der 80er für rund zehn Jahre zur absoluten Weltspitze gehört hatte. Sein Junior hatte hier mit Daniel Jacobs aber einen schweren Gegner vor sich. Insbesondere weil Jacobs zuletzt aktiver war und auch die stärkeren Gegner geboxt hatte. Jacobs überdies jemand, der Knochenkrebs überlebt hatte. Ein zäher Bursche also, der den Boxring mit einigen der besten geteilt hat (und dabei auch längst nicht immer verloren hat). Jacobs galt hier als der Favorit. Beide Boxer waren ehemaligen Boxweltmeister im Mittelgewicht. Hier trafen sie nun eine Gewichtsklasse höher aufeinander. Chavez war der sichtbar Größere der beiden Boxer. Er sah schon eher aus wie ein Cruisergewicht! Entsprechend konservativ gab sich Jacobs in Runde eins, während Chavez ihn erst einmal durch den Ring stalkte. Dennoch gelang es Jacobs, die erste mit raffinierter Technik im letzten Drittel zu nehmen. Chavez schien zwar größer und kraftvoller, konnte dies aber noch nicht bedeutend umsetzen.

In Runde zwei versuchte Chavez abermals, seinen Gewichtsvorteil geltend zu machen. Er ging nun etwas vehementer nach vorne. Doch Jacobs blieb mobil und zeigte die akkurateren Hände. Der Output von Chavez nicht besonders hoch. Doch schwang er die Hände jedes Mal mit Wucht, wann immer er schlug. Runde zwei ebenfalls bei Jacobs. Die Dritte konnte er ebenso nehmen. Zwar blieb Chavez über seine Größe und Power gefährlich, doch verkam dieser Größenvorteil zunehmend zu einem rein virtuellen Faktor. Jacobs war ihm technisch einfach in fast jeder Hinsicht überlegen. Er war präziser, mobiler und defensiv wesentlich smarter. Runde vier ging wieder an Jacobs. Chavez schien zwar mindestens eine Klasse größer, dafür war Jacobs weiterhin eine klasse besser. Chavez schien langsam verzweifelt. Er ging nach vorne, erreichte offensiv aber dennoch wenig. Selbst an den Seilen blieb Jacobs defensiv kaum zu knacken. Landete gar die klareren Treffer, wann immer von dort mit schlug.

In Runde fünf landete Chavez dann einige gute Hände und zeigte seine bislang beste Runde. Doch dann hörte er einfach auf! Jacobs konnte die Runde hinten raus stehlen, da er wieder über akkurates Volumen kam. Und Chavez gab anschließend in der Ecke auf! Die mexikanischen Fans vor Ort waren empört und Abfall flog Richtung Ring. Die Fans, die Chavez zuvor angefeuert hatten, wohl unzufrieden mit Chavez, dessen Kämpferherz schon in der Vergangenheit hinterfragt worden war. Doch er konnte laut eigener Aussage, wohl nicht mehr atmen und hatte eine lädierte Hand.Gut möglich, dass man ihn hier zum letzten Mal gesehen hatte.

Chavez musste anschließend quasi aus der Arena fliehen. Der Schauspieler Mickey Rourke (selber früher ein Boxer) hielt seine Jacke schützend über Chavez, denn es regnete Bier von allen Seiten. Unschöne Szenen. Der Frust der Zuschauer ob des nach außen hin nonchalanten Kampfabbruchs zwar verständlich. Doch wenn ein Kämpfer nicht mehr kämpfen kann oder will, muss man das respektieren. Jacobs widmete seinen Sieg anschließend seinem im Oktober gestorbenen Sportkameraden Patrick Day, der nach einem Boxkampf infolge desselben ums Leben gekommen war.

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