Saison 1974/75: Trainerentlassung von Heinz Lucas bei Fortuna Düsseldorf
Bildquelle: Bert Verhoeff for Anefo CC BY-SA 0 [CC BY-SA 0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)
In der über 125-jährigen Vereinsgeschichte von Fortuna Düsseldorf avancierte Heinz Lucas zu einem der erfolgreichsten Trainer der Rheinländer. Die F95-Ikone betreute die Fortuna von 1970 bis 1975 und stellte die Weichen für Düsseldorfs goldene Ära. Doch nach dem 28. Spieltag der Saison 1974/75 gingen Heinz Lucas und Fortuna Düsseldorf getrennte Wege. Sport-90 blickt auf die Trainerentlassung zurück, die keine war.
Aufstieg in die Bundesliga 1971, erstmaliger Klassenerhalt und dann sensationell zweimal Dritter in der Abschlusstabelle 1973 und 1974. Eine bessere Platzierung im deutschen Fußball-Oberhaus, die zudem mit der erstmaligen Qualifikation für den Europapokal einherging, sollte Fortuna Düsseldorf nie wieder erreichen. Großen Anteil am sportlichen Höhenflug der Rot-Weißen zu jener Zeit hatte Heinz Lucas. Der Fußballlehrer leitete die Geschicke von der Seitenlinie und schuf aus Düsseldorf eine der besten Vereinsmannschaften Deutschlands.
Heinz Lucas landet per Stellenausschreibung bei Fortuna Düsseldorf
Die erfolgreiche Liaison zwischen Trainer Heinz Lucas und Fortuna Düsseldorf begann im Sommer 1970. Die damals zweitklassigen Fortunen suchten nach dem Rücktritt von Otto Knefler einen neuen Trainer und wählten hierfür ungewöhnliche Mittel. Denn die 95er platzierten u.a. auch im Sportmagazin „kicker“ eine Stellenanzeige, etliche Bewerbungen trudelten ein.
Darunter auch eine von Heinz Lucas, der zuvor u.a. Hannover 96, den VfB Lübeck und Darmstadt 98 in unterklassigen Ligen coachte. Der gebürtige Berliner setzte sich gegen die Konkurrenz durch und bekam den Trainerposten. Wohl auch, weil der damalige F95-Spieler Benno Beiroth sich gegenüber dem Vorstand für Lucas ausgesprochen hat, den er noch aus gemeinsamen Lübecker Zeiten kannte. Ein Glücksgriff. Denn sowohl für Fortuna Düsseldorf als auch für Heinz Lucas war es der Auftakt ihrer erfolgreichsten Zeiten.
1971: Heinz Lucas führt F95 auf Anhieb in Bundesliga zurück
Auf Anhieb führte der neue Fortunen-Coach Heinz Lucas die Flingeraner in der Saison 1970/71 aus der damaligen zweitklassigen Regionalliga West in die Aufstiegsrunde zur Bundesliga. Fortuna 95 überstand diese ungeschlagen (6 Siege, 2 Unentschieden) und feierte somit fünf Jahre nach dem Abstieg die Rückkehr in die 1. Liga.
Anschließend formte Heinz Lucas, der selbst als Aktiver Karriere machte und unter dem legendären Sepp Herberger die Ausbildung zum Fußballlehrer erfolgreich absolvierte, Fortuna Düsseldorf mit bescheidenen finanziellen Mitteln zumindest kurzzeitig zu einem nationalen Top-Klub.
Fortuna: Erstmaliger Klassenerhalt, dann zum Bayern-Jäger mutiert
In der Aufstiegssaison 1971/72, in der Heinz Lucas seinerseits sein Trainer-Debüt in der Bundesliga feierte, landete Fortuna Düsseldorf frei von Abstiegssorgen auf einem beachtlichen 13. Platz. Der Aufsteiger hatte in der Abschlusstabelle komfortable 10 Punkte Vorsprung auf die Abstiegsregion und schaffte den erstmaligen Klassenerhalt in der Bundesliga. Anschließend ging es mit den Rheinländern noch viel höher hinaus.
Wobei Fortuna Düsseldorf auch auf dem Transfermarkt ein glückliches Händchen bewies. Die Mannschaft wurde 1972 mit Verteidiger Gerd Zewe, der sich als echter Volltreffer erwies, sowie Wolfgang Seel ordentlich verstärkt und mischte 1972/73 lange Zeit sogar im Meisterschaftsrennen mit.
1972/73: Unter Heinz Lucas - Fort. Düsseldorf spielt beste Bundesliga-Saison
So war die Elf von Trainer Heinz Lucas um Kapitän Fred Hesse lange Zeit erster Bayern-Jäger. Vom 9. bis 24. Spieltag grüßte Fortuna Düsseldorf vom 2. Platz, lag dem Spitzenreiter FC Bayern München dicht auf den Fersen. Erst eine 1:2-Pleite beim Hamburger SV im März 1973 brachte die Rot-Weißen aus dem Tritt, die in den folgenden sechs Partien sieglos blieben.
Fortuna Düsseldorf, die ab 1972 in der für die WM 1974 in Deutschland im komplett umgebauten Rheinstadion spielten, rutschte zwischenzeitlich auf Rang fünf ab, erklomm aber mit drei Siegen an den letzten drei Spieltagen einen außergewöhnlichen 3. Platz - hinter dem souveränen Meister Bayern München und Rheinrivalen 1. FC Köln. Mit 42:26 Punkten (57 Zähler nach der heutigen 3-Punkte-Regelung) und 62:45 Toren spielten die Rot-Weißen ihre erfolgreichste Bundesliga-Saison. Außerdem führte der akribische Heinz Lucas, der nichts dem Zufall überließ und trotz der Erfolge seinen warmherzigen und bodenständigen Charakter bewahrte, F95 damit erstmals in den UEFA-Cup (der heutigen Europa League).
Wieder Dritter! Lucas bestätigt Erfolg mit Fortuna Düsseldorf
Mit Fortuna Düsseldorf sollte Trainer Heinz Lucas auch in der Saison 1973/74 für Furore sorgen und die Erfolge bestätigen. Im Europapokal erreichte Düsseldorf das Achtelfinale (Aus gegen VfB Leipzig) und in der Bundesliga Tabelle landete man am Saisonende erneut auf dem 3. Platz. Mit einer ähnlichen Ausbeute (41:27 Punkte) wie der vorherigen Erfolgssaison und wieder hinter Meister Bayern, der nur ach Zähler mehr als Fortuna auf dem Konto hatten, sowie Borussia Mönchengladbach.
In der nächsten Spielzeit, die Saison 1974/75, war Fortuna Düsseldorf durchweg im Tabellenmittelfeld unterwegs. Bewegte sich aber zwischen Rang sieben bis elf stets in sicheren Gefilden. Im UEFA-Cup erreichte die Lucas-Auswahl erneut das Achtelfinale, wo man diesmal am belgischen Vertreter FC Antwerpen scheiterte. Eine Trainerentlassung musste Heinz Lucas bei Fortuna Düsseldorf nicht fürchten. Dennoch kam es im Saisonendspurt zur Trennung.
1974: Heinz Lucas verlässt Düsseldorf Richtung 1860 München
Vielmehr fasste der Erfolgstrainer den Entschluss, Fortuna Düsseldorf vorzeitig und inmitten der Saison zu verlassen. Letztmals betreute Heinz Lucas die Rot-Weißen im Rahmen des 28. Spieltags beim 2:0-Heimsieg gegen den 1. FC Kaiserslautern am 18. April 1975. Der damals 54-Jährige übergab Fortuna Düsseldorf mit 32:24 Punkten auf Platz acht liegend an Co-Trainer Manfred Krafft, der interimsmäßig die Saison beendete und mit Fortuna 95 Achter wurde.
Heinz Lucas zog es von Fortuna Düsseldorf zum Zweitligisten TSV 1860 München, bei denen er nur wenige Tagen nach seinem Fortuna-Abschied das Zepter von Vorgänger Max Merkel übernahm.
„Der Trainer bezahlt!“ - Heinz Lucas lange sauer auf F95-Präsidenten
Von den F95-Fans wurde Lucas, der vom Anhang verehrt wurde, trotz seines vorzeitigen Ausscheidens gefeiert. Weniger harmonisch verlief die Abschiedsfeier von Heinz Lucas im internen Kreis. Beim Ausstand von Lucas im Benrather Hof rief der damalige F95-Präsident Bruno Recht: „Sauft! Fresst! Der Trainer bezahlt!“ Der scheidende Heinz Lucas, der stets viel Wert auf einen respektablen Umgang legte, stieß diese Bemerkung auch Jahrzehnte später noch sauer auf.
Dennoch genießt Heinz Lucas, der im Juli 2016 im Alter von 95 Jahren verstarb, bis heute noch absoluten Kultstatus bei Fortuna Düsseldorf. Und ganz nebenbei war Lucas auch lange Zeit und mit fast fünf Jahren (1754 Tagen) der Fortunen-Trainer mit der längsten Amtszeit. Erst Norbert Meier löste Heinz Lucas 2013 (mit insgesamt 1973 Tagen) als Rekordtrainer der Rot-Weißen ab.