Zur mobilen Webseite

Denkbar knappes Finale bei der Presidential Cycling Tour of Turkey

Bildquelle: By Ozgurmulazimoglu CC BY-SA 3.0 [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Die Presidential Cycling Tour of Turkey war das vorletzte Event im UCI World Tour Kalender. Eine sechstägige Rundfahrt entlang verschiedener Destinationen in der Türkei. Mit im Schnitt 150 bis 160 Kilometern Länge waren die Etappen etwas kürzer, da im Fahrerfeld keineswegs nur World Tour Teams antraten, auch wenn es sich um das vorletzte World Tour Event im Jahr 2018 handelte. Vor der letzten Etappe lagen nur zehn Sekunden zwischen den ersten zwölf Plätzen und nur vier Sekunden zwischen den ersten drei. Ein Stand-Off von einem Finale!

55 km vor der Ziellinie war noch eine Acht-Mann-Ausreißergruppe unterwegs. Doch ab da an schmolz der Vorsprung, der bis dahin noch zwei Minuten betragen hatte, stetig. Mit so vielen Optionen auf den Gesamtsieg waren viele Teams bemüht, ihre Leute in Position zu bringen. Das Tempo im Feld entsprechend hoch. Bei 46 km vor dem Ziel betrug der Vorsprung nur noch eine Minute für die acht Ausreißer.

Früher am Tag hatte der Slowene Grega Bole (Bahrain-Merida) das Bergtrikot übernommen. Und wie! Durch einen koordinierten Team-Angriff gelang es ihm, einen Gipfel vor dem bis dahin Führenden, dem Kolumbianer Aldemar Reyes Ortega (Manzana Postobon), zu nehmen. Beide waren anschließend punktgleich. Doch da Bole im Verlauf der Rundfahrt einen Berg höherer Kategorie (1. Kategorie) bezwungen hatte, wurde ihm bei dieser letzten Gelegenheit das Bergtrikot zu Teil. So wurde das das Bergtrikot auf der letzten Etappe denkbar knapp vom Rücken des bisherigen Trägers gestohlen.

Die Ausreißergruppe wird immer kleiner

Die Endphase des Rennens trat ein – es sollte ein Showdown in Istanbul werden! Die Ausreißergruppe fand sich unverhofft nur noch zu siebt, da ein technischer Defekt einen Fahrer entschieden zurückwarf. Vor allem da dieser einen medienwirksamen Tobsuchtsanfall bekam und den Rahmen seines untreuen Rads zerstörte. Nun setzte sanfter Regen ein. Das Feld ließ die Ausreißer auf einer Minute Abstand. Zumindest für den Moment. Wohl um keine neuen Attacken zu provozieren. Allerdings arbeiteten die sieben Fahrer gut zusammen und wechselten sich engmaschig an der Spitze ab.

Jedoch wurde die Gruppe immer kleiner. Scheinbar musste Atalay, ein Fahrer des türkischen Nationalteams, abreißen lassen. Die Bilder fingen dies leider nicht ein, jedoch war die Gruppe offensichtlich nur noch zu sechst. Das Feld hielt sie weiterhin an der kurzen Leine und der Vorsprung schmolz weiter dahin. 28 km vor dem Ziel waren die sechs Ausreißer nur noch knapp über eine halbe Minute voraus. Wer sich dort noch was ausrechnete, würde wahrscheinlich bald attackieren. Und tatsächlich gingen 25 km vor dem Ziel die Geplänkel in der Ausreißergruppe los. Der bulgarische Champion Mihaylov musste abreißen lassen. Nur noch fünf Ausreißer, nun aber wieder mit über 40 Sekunden Vorsprung. Drohte das Feld sich etwa zu verzocken?

Showdown am Bosporus

Im Bosporus Tunnel schmolz die Ausreißergruppe auf vier Fahrer dahin. Sie bestand zu diesem Zeitpunkt aus Danilo Weiss (Schweiz), Pawel Cieslik (Polen), Louis Vervaeke (Belgien) und Beñat Txoperena Matxikote (Spanien). Bis 10km vor dem Ziel bewahrten sie sich einen knappen Vorsprung. Das Tempo im Feld jedoch extrem hoch! Die Ausreißer wurden unnachgiebig eingeholt. Louis Vervaeke (Sunweb) war der letzte der Ausreißer, der eine Attacke einleitete. Er wollte es noch mal wissen! Die drei anderen Ausreißer wurden kurz darauf geschluckt. Nur noch Varvaeke fuhr voraus, der sich mit Haken und Ösen wehrte. Doch alles deutete auf einen bevorstehenden Massensprint hin.

6,5 km vor dem Ziel wurde auch der Belgier gestellt. Es lief nun auf einen dramatischen Showdown am Bosporus hinaus! Eingedenk der knappen Abstände an der Spitze des Gesamt-Klassements konnten die Zeitgratifikationen für jene, die die Ziellinie zuvorderst überquerten, den Ausschlag geben! Die Teams entsprechend mit einem Kampf um die Kontrolle an der Spitze. Vor allem weil das Finish eng und verwinkelt war. Wer sich hier nicht früh genug positionierte, war hinten raus abgemeldet! Team Euscadi, mit einer kollektiven Attacke, verwandelte den Kampf an der Spitze in einen offenen Schlagabtausch. Das Feld unterwegs wie eine Rakete!

Team Bora-Hansgrohe mit dem besten Timing!

Noch zwei Kilometer - Team Quickstep, die unersättlichsten Etappen- und Rennsieger dieser Saison, wieder vorne mit dabei! Wer sonst? Doch dann war es Sam Bennett, der Mann im grünen Trikot, der vorne einfach abhaute! Und er konnte es nach Hause bringen! Team Bora-Hansgrohe brachte den Iren vorzüglich in Position, sodass er aus einer der späten und sehr scharfen Kurven, die es am finalen Etappenabschnitt gab, vorzeitig einen Vorsprung herausarbeiten konnte. Ein toller Sieg für Bennett, der letztes Jahr hier noch gestürzt war. Heute krönte er ein grünes Trikot, das ihm ohnehin keiner mehr nehmen konnte, mit einem finalen Etappensieg! Er konnte sich sogar noch aussuchen, wie er feiern würde (er entschied sich für die Superman Pose).

Eduard Prades vom Team Euscadi konnte sich denkbar knapp den Gesamtsieg sichern. Da er sich im Sprint um Platz zwei durchsetzen konnte, erhielt er eine Gutschrift von sechs Sekunden. Er war somit zeitgleich mit Alexey Putsenko, dem bisherigen Tabellenführer. Da Prades aber einen einzigen Punkt mehr in der Sprintwertung (Punktewertung) hatte, gab dies den Ausschlag für dessen enorm knappen Gesamtsieg! Eduard Prades, der nächstes Jahr noch ohne Vertrag gewesen wäre, dürfte nun ein schönes Pfund für etwaige Verhandlungen haben. Beim finalen Spurt gab es leider einen Sturz, in den drei Fahrer verwickelt wurden. Allerdings wurde ihnen dafür keine Zeit aufgebrummt, da der Sturz so nah vor dem Ziel passierte.

Radsport Nachrichten
ImpressumDatenschutz