Grandioses Herzschlagfinale beim Grand Prix Cycliste de Québec
Bildquelle: By Tim Moreillon from Geelong, Australia (Michael Matthews in Yellow) CC BY-SA 2.0 [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)
Wer sich als Radsportfan von der Vuelta 2018 noch nicht noch nicht ausgelastet fühlte, für den gab es zur Abendstunde noch die neunte Auflage des Grand Prix Cycliste de Québec zu genießen. Und das einschalten, so viel sei vorab verraten, hat sich auf jeden Fall gelohnt.
Der Grand Prix Cycliste de Québec ist eines von nur drei UCI World Tour Rennen, das außerhalb Europas stattfindet – neben dem GP von Montreal und der Down Under Tour. Der 12,6 km lange Stadtkurs durch Québec wurde wie üblich in 15 Runden bewältigt und hatte somit eine Distanz von 201,6 km. Generell war der Kurs eine sehr flache Angelegenheit, abgesehen von drei kurzen Anstiegen, bevor es jeweils zur Ziellinie ging, die dann aber durchaus auch Steigungen von bis zu 10% aufweisen konnten.
Ausreißer rebellieren gegen die Teams der Sprinter
40 km vor dem Ziel war noch eine Spitzengruppe, bestehend aus fünf Fahrern, mit knapp zwei Minuten Vorsprung unterwegs. Drei Kanadier waren dabei, sehr zur Begeisterung ihrer Landsleute, denn noch nie hat ein Kanadier den Grand Prix Cycliste de Québec gewinnen können. Doch die Zeit schmolz dahin. Im Hauptfeld machte Team Astana jede Menge Druck. Insgesamt waren die Teams der Sprinter von da an zunehmend bemüht, das Rennen an sich zur reißen und keine Ausreißversuche mehr zuzulassen. Die Schlagzahl wurde kontinuierlich erhöht. Peter Sagan vom Team Bora-Hansgrohe, seines Zeichens Edel-Sprinter, dreifacher Weltmeister und Gewinner der beiden vorherigen Auflagen des Grand Prix Cycliste de Québec war nicht dabei, da er bei der Vuelta unterwegs ist.
28 km vor dem Ziel folgten noch einmal Attacken mehrerer Fahrer. Das Rennen war für die Teams der Sprinter im Hauptfeld in diesem Moment nur schwer zu kontrollieren. Nur zwei Fahrer der ursprünglichen Ausreißergruppe fuhren noch vorneweg. Die beiden Kanadier Rob Britton (Rally Cycling) und Bruno Langlois (Team Canada) wollten so schnell nicht aufstecken. Von den Angreifern aus dem Hauptfeld gelang es jedoch allein dem Briten von der Isle of Man, Peter Kennaugh (Bora Hansgrohe), heran zu springen.
Peter Kennaugh sorgt für ein Herzschlagfinale
Peter Kennaugh hatte aber eigene Pläne und verweilte nur kurz bei den beiden Kanadiern. 16 km vor dem Ziel setzte er sich alleine ab. Derweil setzte es weitere Attacken im Hauptfeld, die aber fortan rigoros unterbunden wurden. Das Hauptfeld, nun getrieben durch die aufopferungsvollen Teamkollegen der aussichtsreichen Sprinter, rollte unbarmherzig voran. Doch Peter Kennaugh blieb hartnäckig 12 Sekunden vor dem Feld und widersetzte sich nach Leibeskräften. Noch immer wurden Attacken von einigen verwegenen Fahrern unternommen.
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Bei der Marke von 12,6 verbleibenden Kilometern wurde die letzte Runde in Angriff genommen. Peter Kennaugh war weiterhin vorne. Er profitierte in dieser Phase von der mangelnden Organisation im Feld, als wieder mehr Fahrer scheinbar damit beschäftigt waren, selber zu attackieren und die Ordnung ein wenig flöten ging. Kennaugh war mit Volldampf unterwegs und hatte seine dünne Führung im Alleingang auf 20 Sekunden ausgebaut! Wie lange würde er dieses Tempo noch gehen können?
Zwischenzeitlich gelang es auch sechs Verfolgern, sich zwischen ihm und dem Hauptfeld zu etablieren. Doch nun machten die Teams der Sprinter ernst und nahmen keine Gefangenen mehr! Vor allem BMC und Trek Segafredo waren die Teams, die das Hauptfeld nun voranpeitschten, um ihre Sprinter zu positionieren und die Ausreißer zu stellen. Die Verfolgergruppe musste folglich schnell die Lanzen strecken. Doch Peter Kennaugh hielt nach wie vor seinen knappen Vorsprung von um die 20 Sekunden. Nur noch 5 km bis zum Ziel!
Aufopferungsvoller Kampf von Peter Kennaugh macht ihn zum tragischen Helden
3,6 km vor dem Ziel ging es noch mal an die letzten Steigungen mit zum Teil 10%. Peter Kennaugh kämpfte ungebrochen um jeden Meter Vorsprung. Man konnte sich kaum helfen, als neutraler Zuschauer Partei für den beherzten Ausreißer zu ergreifen. Mit jeder Kurve kroch das Fahrerfeld im Hintergrund näher. Und doch war es immer noch weit genug weg, sodass man tatsächlich meinen konnte, dass Peter Kennaugh am Ende des Rennens den Lohn seiner gewaltigen Mühen einstreichen könnte. Doch es sollte anders kommen.
Erst 300 Meter vor dem Ziel wurde Kennaugh in einem absoluten Herzschlagfinale gestellt und gewann somit das Rennen um die Sympathien der meisten Zuschauer. Doch das Feld hatte den angestrebten Massensprint forciert. Dort war es der Australier Michael Matthews (Sunweb), der sich souverän durchsetzte. Erfreulich für ihn! Hatte Matthews doch in vergangenen Auflagen bereits Zweiter und Dritter werden können, konnte er nun endlich die Arme in den Himmel strecken! In diesem Sinne war es hingegen bitter für den Belgier Greg van Avermaet (BMC). Er wurde hier nun schon zum dritten Mal Zweiter!