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Callum Smith mit umstrittener Titelverteidigung gegen John Ryder

Bildquelle: Keith Edkins CC BY-SA 3.0 [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Aus der Echo Arena in Liverpool gab es wieder einmal einen Boxen Livestream zu sehen. Als Höhepunkt diente ein rein englisches Aufeinandertreffen im Supermittelgewicht, bei dem es um die WBA-Meisterschaft sowie um den linearen Titel des Ring Magazines gehen sollte. Callum Smith sollte ran gegen den Herausforderer John Ryder, der letzthin eine Art zweiten Frühling in seiner Karriere als Profiboxer erleben konnte und sich somit das Anrecht auf diese Herausforderung verdient hatte.

Den Anfang machten Tom Farrell (17-2) und Sean Dodd (16-5-1). Ein Boxkampf im Superleichtgewicht zwischen zwei Boxern, die einander gut kannten und miteinander befreundet waren. Dennoch wurden keine Gefangenen genommen! Dodd kam besser in den Kampf, landete seinen Jab häufiger und durchaus auch des Öfteren seine rechte Gerade. Dodd klar mit der Mehrzahl der Wirkungstreffer. Auch im Rückwärtsgang brachte Dodd einige rechte Haken unter. In Runde zwei erwischte Farrell den besseren Start, als er Dodd an die Seile bekam. Doch dieser antwortete wenig später mit wilden Schwingern, von denen drei, vier Stück das Ziel trafen und diese Runde zu stehlen drohten. Doch Farrell am Ende der Runde etwas überlegter – eine knappe Runde, die aber wohl noch bei Farrell war. Dennoch hatte man das Gefühl, dass Sean Dodd mit den Händen mehr Gefahr ausstrahlte und keineswegs nur punktete.

Spannender Eröffnungskampf endet leider durch einen Cut

Auch die dritte Runde in diesem spannenden Kampf war eng, jedoch abermals Dodd mit den klareren Treffern. Farrell schien zwar variantenreicher im Vorwärtsgang, wurde aber ein paar Mal deutlich erwischt, als er die Hände zu weit unten hatte. Vor allem im Nahbereich schien Dodd überlegen, der wieder ein paar sehenswerte Haken unterbringen konnte. Er schien hier mit der Distanz überhaupt besser zurechtzukommen, auch wenn Farrell eigentlich der Aktivere war, was Bewegung und Vorwärtsgang anbelangte. In Runde vier kam der Kampf dann leider vorzeitig zu einem Ende. Ein unbeabsichtigtes Zusammenrauschen der Köpfe führte bei Farrell zu einem Cut genau über dem Auge. Schnell wurde deutlich, dass es ein erheblicher Cut war. Farrell mit dem Mut der Verzweiflung! Er ging noch mal richtig nach vorne, sah dabei auch stark aus, tat aber seinem Cut keinen Gefallen. Nach Runde vier gab Farrells Ecke den Kampf auf, da so an keine Fortsetzung des Kampfes mehr zu denken war.

Da vier Runden gelaufen waren, kam es zu einem technischen Punkturteil. Zwei Richter sahen Dodd vorne, der andere sah nach vier Runden ein Unentschieden. Alles vertretbare Wahrnehmungen. Dodd trug somit einen nicht unverdienten Sieg davon. Schade allerdings, dass der Kampf so vorzeitig endete, da diese Angelegenheit doch recht spannend gewesen war und hier noch alles offen schien. Die beiden Freunde gaben sich auch nach dem Boxkampf sportsmännisch.

Whittaker Hart fährt einen ungefährdeten Pflichtsieg ein

Es folgte ein Kampf im Boxen Halbschwergewicht: Thomas Whittaker Hart (3-0) gegen Josip Perkovic (6-10-1). Ein Aufbaukampf für Whittaker Hart, der als aussichtsreicher Kandidat für kommende Aufgaben weiter Erfahrung sammeln sollte. Der Kampf angesetzt auf sechs Runden. Whittaker Hart mit einem klaren Reichweitenvorteil. Er übernahm die Mitte und landete die härteren Treffer, wenn auch nicht allzu viele. Perkovic bewegte sich viel auf der Außenbahn, hatte aber außer zwei, drei gelungenen, simplen Kombinationen offensiv nicht viel anzubieten. In Runde zwei erhöhte Whittaker Hart, wie von seiner Ecke gefordert, das Volumen. Wann immer er Perkovic traf, zeigte sich dieser sichtbar beeindruckt. Auch wenn er selber noch hier und da ein paar Hände unterbringen konnte. Die Kontrolle über den Kampf lag jedoch klar bei Whittaker Hart. In der Dritten bewegte sich Perkovic viel, fintierte offensiv jedoch zu gefühlten 80 % nur. Zum Ende der Runde hin landete er ein paar Hände, zeigte sich aber ehedem beeindruckt, wann immer Whittaker Hart etwas unterbrachte.

In Runde vier blieb Whittaker Hart weiterhin in Front. Teilweise zwar etwas arg ökonomisch, doch Perkovic ließ ihn auch gewähren, da er selber, außer Überleben, nicht viel tat. Insbesondere die Körpertreffer gefielen dem Kroaten nicht. In der Fünften gab Josip Perkovic dann auf, als Whittaker Hart etwas das Tempo erhöhte und gute Treffer landete. Perkovic war dabei etwas ungeschickt. Er drehte sich einfach um und winkte ab, sodass er fast noch eine kassierte, ehe der verblüffte Ringrichter den Boxkampf abblasen konnte. Vermutlich lag eine Verletzung vor, auch wenn Perkovic dies nicht verdeutlichte.

Anthony Fowler setzt sich in einem undankbaren Gefecht durch

Weiter ging es im Boxen Superweltergewicht: Anthony Fowler (10-1) gegen Harry Scarff (8-0). Ein interessanter Kampf zwischen zwei aufstrebenden Boxern. Fowler ein dekorierter Amateur, der für Großbritannien bei der Olympiade angetreten war. Scarff nutzte eine breitbeinige Rechtsauslage, hielt dadurch die Distanz lang. Allerdings war es der aggressiv auftretende Fowler, der von der Mitte her Druck machte. Scarff fast nur an den Seilen unterwegs. Jedoch gut genug, nicht häufig getroffen zu werden. Er ließ Fowler hier zunächst arbeiten, gab dadurch aber die Runde ab. Die zweite Runde wurde dann noch einseitiger, da Fowler, der wesentlich härtere Puncher der beiden, nun seinen Rhythmus fand. Außer einem Jab, der meist auch noch zu kurz kam, hatte Scarff nichts Offensives anzubieten. Es schien fraglich, wie lange er den Kampf so noch überstehen konnte.

Runde drei wurde dann etwas verhalten und gab nicht viel her. In der Vierten trat Anthony Fowler etwas mehr aufs Gas und landete insbesondere zum Körper. Scarff bewegte sich gut genug, um nicht all zu viel Schaden zu nehmen und Fowler immer wieder zum Jagen zu zwingen. Doch das Ganze nach wie vor zu sehr auf Kosten seiner eigenen Offensive. Ab der Fünften verfestigte sich diese Konstellation, was den Boxkampf zu einer recht zähen Angelegenheit verkommen ließ. Scarff fast nur defensiv unterwegs, mit wenig eigener Offensive (auch weil vieles zu kurz kam).

Fowler nahm die Mehrzahl der Runden mit seinem Vorwärtsdrang und den gelegentlichen Treffern, verstand es aber auch nicht, den umtriebigen Scarff effektiv und dauerhaft im Boxring zu stellen. Eine Punktentscheidung für Fowler, die man zehn Meilen gegen den Wind riechen konnte, war die logische Konsequenz. Zwar ging Scarff ab der Achten endlich mal selber mehr nach vorne und überzeugte mit seiner Agilität, seinen Meidbewegungen und klasse Ausdauer. Doch in der Neunten erwischte ihn Fowler mit einem kurzen Haken zum Kinn, als Scarff gerade drohte, munter zu werden, was in einem Niederschlag resultierte. Doch letztlich ging der Boxkampf über die Distanz und das erwartbare und vertretbare Punkturteil zugunsten Fowlers resultierte.

Billam-Smith mit schwerem KO gegen Craig Fowler

Als Co-Main Event diente ein Kampf im Boxen Cruisergewicht. Das Ganze um den vakanten britischen Titel in dieser Boxen Gewichtsklasse. Craig Glover (10-2) gegen Chris Billam-Smith (9-1). Beide Männer mit jeweils acht KO-Siegen. An Schlagkraft fehlte es im Ring also nicht. Und beide gaben auch schon früh Gas. Das Ganze befeuert durch einen Cut bei Glover, der durch ein Zusammenkrachen der Köpfe resultierte. Der Ringrichter ließ aber auch die Clinches lange laufen, was solche Situationen begünstigte. Billam-Smith dadurch mit einem logischen Ziel und Oberwasser. In der Zweiten kam Glover dann seinerseits mit ein paar guten Jabs zurück und konnte Billam-Smith phasenweise im Boxring vor sich hertreiben. Doch dieser konnte seinen Reichweitenvorteil später in ein paar schwere Jabs seinerseits ummünzen, sodass nun auch die Nase von Glover gezeichnet war. Schwer zu sagen, wer hier in Front war. Glover arbeitete teilweise mehr, sah aber gezeichneter aus.

 

 

Die Dritte war recht eng, was die Treffer anbelangte. Jedoch zeigte sich Chris Billam-Smith etwas variantenreicher. Insbesondere in der Vierten schuf er mit seinem Jab Tatsachen, den er immer öfter unterbringen konnte. Und wieder waren es harte Jabs, die die ohnehin gezeichnete Nase von Glover weiter schädigten. Im Nahbereich verstand es Billam-Smith indes gut, sich schwer auf seinen Mann zu lehnen und Glover, der wohl ohnehin schon Schwierigkeiten hatte zu atmen, sein Gewicht spüren zu lassen. Nach einer Rechten und zwei linken Haken gelang Billam-Smith dann der Niederschlag zum Ende von Runde vier. Glover wurde nur vom Gong gerettet.

Allerdings wurde in Runde fünf deutlich, dass ihn allein Willenskraft im Kampf hielt. Glover nahm viele Treffer hin und nach einem weiteren Niederschlag hätte man schon gut und gerne abbrechen können. Doch der Ringrichter entschied überflüssigerweise, den Kampf weiterlaufen zu lassen, sodass es einen weiteren Niederschlag gegen einen beherzten aber zu diesem Zeitpunkt offenkundig chancenlosen Glover brauchte, ehe der Ringrichter endlich abwinkte.

John Ryder zeigt den richtigen Matchplan

Zeit für den Hauptkampf im Boxen Supermittelgewicht: Callum Smith (26-0) gegen John Ryder (28-4) um die WBA-Boxweltmeisterschaft in dieser Gewichtsklasse. Ein Boxkampf zwischen zwei Briten. Smith der Titelverteidiger und überdies der lineare Ring Magazine Champion im Super Mittelgewicht. Der Kampf mit fünf Sternen in Boxrec bepreist. Smith der sichtbar Größere – er wirkte fast wie ein, zwei Gewichtsklassen über dem stämmigen, untersetzten Ryder. Entsprechend hatte Smith die Vorteile im Fernkampf und versuchte schon früh, seinen schnellen Jab zu etablieren. Ryder nur punktuell mit Ausfällen, die er aber sogleich nutzte, um erfolgreich zum Körper zu graben, wobei er sich noch kleiner machte. Die erste Runde wohl aufgrund des Outputs bei Smith. Runde zwei war dann jedoch schon sehr viel enger, da Ryder nun häufiger Ausfälle wagte und sogar selber mal einen Jab aus der Rechtsauslage unterbringen konnte. Smith auf Distanz jedoch weiterhin im Vorteil. Schwer zu sagen, wer diese Zweite genommen hatte. Beide hatten Argumente auf ihrer Seite.

In Runde drei kam Smith dann etwas mehr zur Geltung, da er sich nicht mehr nur so einseitig auf seien Jab verließ, den John Ryder mittlerweile mit guten Meidbewegungen auspendeln konnte. Stattdessen nutze Smith seinen Jab, um Kombinationen zu eröffnen, musste jedoch immer auf die gelegentlichen Ausfälle von Ryder gefasst sein, der bei diesen Gelegenheiten sofort zum Körper ging. Ein technisch sehenswerter Boxkampf! In den Runden vier und fünf machte Ryder den Kampf weiter schwer für Callum Smith. Ein viel engerer Kampf, als es viele im Vorfeld gemutmaßt hatten. Ryder machte vieles richtig, zeigte sich hervorragend adaptiert gegen den weit größeren, technisch starken Smith. Fast alle seine Ausfälle konnte er in Treffer ummünzen, was ihn auch in der Halbdistanz gefährlicher machte. Doch auch Callum Smith mit Erfolgen, wann immer er den Kampf annahm und nicht alles als Distanzkämpfer lösen wollte. Der Kampf dadurch offen und unterhaltsam!

Smith siegt durch dubiose Punktentscheidung

Die Sechste war dann die bislang beste Runde von Callum Smith. Ryder zu abwartend, was Smith erlaubte, auf Distanz frisch zu werden. Auch die kleinen, subtilen Meidbewegungen, die Ryder ehedem gut in diesem Boxkampf zeigen konnte, waren nicht mehr so wirklich da. Ryder musste aufpassen, dass Smith hier nicht vollends seinen Groove finden würde. John Ryder jedoch mit einer guten Reaktion in Runde sieben. Er besann sich darauf, Smith wieder in die Seile zu drücken und Stirn an Stirn die Haken zum Körper sowie zum Kopf zu landen. Diese Runde musste man dem Herausforderer geben! Die Achte wieder eng. Beide mit Momenten! Doch Ryder landete am Ende noch eine gute Kombination und konnte möglicherweise diese Runde mit dem Schlussakkord stehlen. Schwer zu sagen, wer jetzt hier vorne war – es waren wirklich einige enge Runden dabei gewesen. In der Neunten wieder leichte Vorteile für Ryder, der Smith abermals an den Seilen beschäftigt hielt, sodass Smith seinen Jab nicht so häufig anbringen konnte, wie er das wohl gerne gehabt hätte.

In der Zehnten reagierte Smith gut und ließ sich nicht mehr so häufig an den Seilen stellen, wovon er ab Mitte der Runde profitierte. Jedoch musste er auf der Hut bleiben, denn Ryders Gastank schien auch in den kommenden Championship-Runden noch belastbar. Und eben dies stellte er in der Elften unter Beweis! Ryder ließ Smith nun gar nicht mehr in die Distanz kommen, zwang ihn an den Seilen in einen Clinch nach dem anderen.

Smith wirkte auch wesentlich müder, wohl eingedenk der vielen Körpertreffer, die Ryder immer wieder in diesen Situationen anbringen konnte. Ryder führte hier seinen Matchplan hervorragend aus! Auch in der intensiven zwölften Runde wirkte Ryder einfach frischer. Smith lief nur noch auf Reserve, schlug aber wacker mit. Ryder jedoch mit den klareren Treffern und der offensiven Initiative.

Der Kampf ging die Distanz und es kam ein arg schmeichelhaftes Punkturteil für Smith zustande, den die Punktrichter mit vier Runden aufwärts in Front sahen. Der Kampf war weit knapper gewesen und Ryder sah zum Ende hin klar stärker aus! Auch die Fans, von denen viele rasch die Arena verließen, schienen nicht einverstanden. Ryder und seine Ecke zogen sich unmittelbar nach dem Punkturteil zurück.

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