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Andy Ruiz Jr. verprügelt Anthony Joshua - Ruiz krönt sich zum neuen Weltmeister

Bildquelle: Dave Sizer CC BY-SA 2.0 [CC BY-SA 2.0], via Flickr.com (Bild bearbeitet)

Box News aktuell: Anthony Joshua kleckerte zu seinem US-Debüt nicht. Zumindest nicht was die Wahl der Lokalität anging. Der goldene Knabe von Eddie Hearns Matchtroom Boxing Promotion fiel sogleich vor maximal prominenter Kulisse in den USA ein. Keine geringere Bühne als der Madison Square Garden lieferte die Kulisse für sein US-Debüt.

Der Gegner hieß Andy Ruiz Jr. Ein Schwergewicht, das seinerseits schon um den WBO-Schwergewichtstitel gekämpft hatte und nun abermals eine Gelegenheit suchte sich die Krone gleich vierfach zu sichern. Ruiz bekanntermaßen ein Ersatzgegner, da Jarrell Miller wegen Dopings gesperrt wurde. Das Ganze garniert mit einer dekorierten Undercard.

 

So waren neben dem Weltmeister im Boxen Schwergewicht auch Callum Smith und Katie Taylor zu sehen. Letztere in einem Titelvereinigungskampf, in dem alle Titel der vier großen Weltverbände auf dem Spiel standen. Es sollte Boxgeschichte geschrieben werden.

Chris Algieri bewährt sich

Als Eröffnungskampf diente ein Kampf im Weltergewicht über zwölf Runden um die International WBO-Krone im Weltergewicht. Der Herausforderer war Tommy Coyle (25-4) aus England gegen Chris Algieri (23-3) aus den USA. Algieri der wesentlich größere aber auch Ältere der beiden Kontrahenten. Entsprechend übernahm er die Mitte. Algieri zunächst kompakt, während Coyle mit tiefer Führhand den Weg zum Körper des größeren Gegners suchte. Coyle übernahm die Erste von außen durch den höheren Aktivitätsgrad. Doch abseits dieser Formalität war noch nicht viel zu lesen aus diesem Kampf.

Coyle legte in Runde zwei los wie die Feuerwehr und zwang seinen Mann an die Seile, wo er mit einer rechten Klebe wirkungsvoll einschlug. Algieri kam über das Volumen zurück. Doch die klareren Treffer bei Coyle. Ein Kampf mit mindestens halb offenem Visier! In Runde drei verstand es Tommy Coyle besser, die wirkungsvollen Hände, insbesondere in Gestalt seiner rechten, vorzubereiten und ins Ziel zu bringen. Algieri konnte seinen Reichweitenvorteil bislang nicht wirkungsvoll über den Jab ummünzen. In Runde vier schlug Algieri stattdessen mit einem Leberhaken ein, der Coyle zu Boden schickte! Doch Coyle verbiss sich den Schmerz und kämpfte beherzt zurück. Der Kampf nun richtig munter! Die Runde jedoch aufgrund des Niederschlags zweifelsohne bei Algieri.

Zu diesem Zeitpunkt war es jedoch kaum zu glauben, dass dieser Kampf über die volle Distanz gehen würde. In der Fünften fand Algieri vermehrt Erfolge zum Kopf des Engländers, der nun den Ellbogen an der Körpermitte angetackert behielt. Wohl um weitere Bombardements zum Körper zu vermeiden. Dadurch jedoch mehr klare Treffer für Algieri im Oberstübchen. Runde sechs wohl eher bei Coyle, obwohl der Kampf in der Ringmitte über eine lange Distanz ausgefochten wurde, die Algieri eigentlich eher zupassekam. Doch der US-Amerikaner etwas zu behäbig, sodass Coyle diese Runde mit einer Schlussoffensive gegen die Seile noch erobern konnte.

Runde sieben wieder bei Algieri, der nun klar das Volumen auf seiner Seite hatte. Allerdings schlug er auch viel fehl und musste aufpassen, nicht zu viel Energie allein für die Punktzettel zu verpulvern. Schließlich waren noch fünf Runden zu gehen! Dachte man zumindest. Runde acht jedoch wieder klar bei Chris Algieri. Coyle ließ sich plötzlich nur noch treiben! Sein Coach hatte genug gesehen! Die Ecke schmiss nach der Achten das Handtuch! Bitter für Tommy Coyle, der noch weiter kämpfen wollte, jedoch in den letzten Runden die Initiative aus den frühen Runden komplett missen ließ.

Buatsi siegt via Knockout

Weiter ging es im Halbschwergewicht mit dem Engländer (gebürtig aus Ghana) Joshua Buatsi (10-0) gegen den Mexikaner Marco Antonio Periban (25-4-1). Buatsi der jüngere mit dem klaren sieben-Zentimeter-Reichweitenvorteil. Das Ganze ein Kampf über zehn Runden um den International Titel der WBA im Halbschwergewicht. Buatsi ein Bronzemedaillist für England. Doch der Mexikaner auch jemand, der schon mal in einem WM-Kampf stand. Buatsi konnte sich mit einer ersten entschlossenen Runde empfehlen.

 

 

Die Athletik klar beim jüngeren Engländer, der hier auch deutlicher landete. Runde zwei etwas offener, da Buatsi seine Führhand nicht so wirklich geltend machte, obwohl er das Handspeed und die Reichweite hatte. Periban konnte jedoch seinerseits kaum Wirkungstreffer landen. Auch in der Dritten war Buatsi der überlegene Kämpfer. Periban tat zwar genug, um sich nicht überrennen zu lassen. Doch die Wirkungstreffer waren wieder klar bei der Nachwuchshoffnung aus England. In Runde vier war dann die Messe gelesen, als Buatsi zunächst einen Niederschlag landete und anschließend seinen Mann in die Seile zwang, wo er aufgrund allenfalls unkoordinierter Gegenwehr als stehend KO befunden wurde.

Aufgrund des raschen Voranschreitens der Kämpfe kam es zu einem Swing Bout über vier Runden im Mittelgewicht zwischen zwei jungen Boxern. Quadeer Jenkins (0-1) gegen Austin Williams (1-0). So kamen beide unverhofft zu einem Einsatz auf erhabener Bühne. Jenkins legte zunächst beherzt los, doch es war die Kombination von Williams, die Jenkins zu Boden schickte. Und kaum war Blut im Wasser, blieb Austin Williams am Ball. Er zwang seinen Mann an die Seile, der sich nur noch hinter den Handschuhen versteckte! TKO! Austin Williams strich seinen zweiten Sieg im zweiten Kampf in Runde eins ein.

Kelly und Robinson trennen sich unentschieden

Es folgte ein Kampf im Weltergewicht. Englands Josh Kelly (9-0) gegen Ray Robinson (24-3-1) aus den USA. Der Kampf auf zehn Runden angesetzt. Die erste Runde bei Kelly, der die Hände wie üblich aufreizend weit unten hatte, aber über die bessere Distanzverwaltung kam. Reaktionsstark suchte Kelly die Konter. Robinson schlug indes viel zu weit von außen. In Runde zwei zementierte Kelly seine Überlegenheit. Er war einfach schneller. Robinson nicht mit den Mitteln, Kelly wirkungsvoll unter Druck zu setzen. Sensationelle Meidbewegungen von Kelly! Die Rechnung der Matchmaker ging hier vorerst voll auf. Auch Runde drei war da keine Ausnahme. Runde vier ebenso eine defensive Gala für Kelly, der selbst in der Ecke gestellt nahezu allen Schlägen ausweichen konnte. Allerdings machte er offensiv auch nicht wirklich viel. Hätte Kelly die Hände noch tiefer gehabt, hätte er sich im Laufen die Schuhe binden können!

In den Runden fünf und sechs öffnete sich der Kampf ein wenig. Kelly zwar nach wie vor super agil, doch oft auf Kosten davon, dass er sich selber aus der eigenen Schlagweite nahm. Offensiv fand Kelly selber entsprechend nur bedingt statt. Robinson ließ sich indes nicht beirren und suchte die Schlagabtausche an den seilen und in der Ecke. Auch wenn er sie nicht allzu oft fand. Allerdings musste Kelly aufpassen, dass hier nicht nur über die Verteidigung lösen zu wollen. In Runde sieben mehr vom Selben.

Doch in Runde acht landeten beide die wohl klarsten Treffer zu ihren Gunsten. Da nahm dann auch mal ein Josh Kelly die Hände hoch! Runde neun sah weiterhin einen beherzten Ray Robinson im Vorwärtsgang. Allerdings schwanden bei ihm so langsam die Kräfte, was eingedenk seines Geschwindigkeitsnachteils wiederum Kelly erlaubte, stets das Hintertürchen zu finden. Doch wieder fehlte eine klare Offensive von Kelly. Auch in Runde zehn blieb dieser Eindruck, sodass es schwerfiel, den Kampf eindeutig zu lesen. Das sahen auch die Kampfrichter so. Unentschieden! Kelly musste sich hier den Vorwurf gefallen lassen, nicht nur seinen Gegner, sondern auch sich selbst in Grund und Boden verteidigt zu haben.

Skandalurteil überschattet einen der besten Frauen-Kämpfe aller Zeiten

Weiter ging es mit einem Titelvereinigungskampf im Leichtgewicht der Frauen. Irlands lebende Boxlegende Katie Taylor (13-0) wollte sich auch noch die letzte Krone holen und traf auf Belgiens Delfine Persoon (43-1)! Die Titel aller vier großen Verbände standen auf dem Spiel, um die unbestrittene Weltmeisterin zu krönen! Für beide Boxerinnen war es zweifelsohne der größte Kampf in der Karriere. Ein Kampf über zehn Runden á zwei Minuten. Beide Damen gingen entsprechend dem Anlass mit wenig Vorbehalten zu Werke. Doch Katie Taylor mit den deutlich schnelleren Händen.

 

 

In der zweiten Runde ging Persoon wild entschlossen nach vorne. Geradlinig aber druckvoll! Durchaus mit genug guten Treffern, um ihr diese Runde zu geben, gleichwohl auch Taylor mit ein paar Schwingern dabei war. Ein munterer Kampf! Bei den kurzen Runden beide Damen natürlich bestrebt, keine Zweifel zu lassen. Auch in Runde drei unterstrich Delfine Persoon, dass sie hier der finale Prüfstein für Katie Taylor war. Sie kam über die Offensive und schmiss ihren betonten Reichweitenvorteil im Vorwärtsgang mit Bleifuß in die Waagschale! In Runde vier trat der Matchplan von Delfine Persoon immer offener zutage. Sie wollte hier Katie Taylor in Offensive ertränken. Und das sah soweit auch gar nicht schlecht aus! Taylor konnte nicht die Initiative für sich behaupten, wie sie es sonst gewohnt war. In Runde fünf ging es schon fast in Richtung Hockey-Fight. 10% Technik, 90% Herz! Beide gezeichnet! Was für ein Kampf!

In der Pause zwischen Runde fünf und sechs appellierte Taylors Ecke an sie, mehr zum Körper zu arbeiten. Auch in Runde sechs stalkte Persoon die Irin ohne Unterlass. Allerdings konnte sich Taylor teilweise erfolgreich lösen und ihrerseits Treffer landen. Persoon mit einer deutlichen Schwellung über dem Auge. Die siebte Runde recht ausgeglichen und das Tempo nach wie vor enorm hoch. Kein technischer Kampf, sondern eine absolute Ringschlacht! Taylor nun immer wieder mit der Flucht in den Clinch. In der Achten Persoon mit dem klarsten Treffer. Auch Taylor jetzt deutlich gezeichnet. In der Ecke schaute sie nun recht trüb aus der Wäsche. Persoon nah an der Sensation! Doch in Runde neun kam dann Taylor noch einmal zurück! Sie landete mehrere klare Treffer und nahm diese vorletzte Runde. Beide mit enormen Output. In Runde zehn wurde noch einmal aus allen Zylindern gefeuert!

Ein Sieg für das Frauenboxen war es jetzt schon. Doch im Ring war es Persoon, die wieder klarer landete! Die zwei, drei klarsten Hände der Runde waren definitiv allesamt bei ihr! Taylor nur noch am überleben! Was sagten die Punktrichter? Sie gaben Katie Taylor den Sieg. Bullshit! Nur Blinde und Tote konnten das so sehen! Nicht mal Katie Taylor vermochte sich so recht über diesen Unsinn zu freuen. Persoon und ihre Ecke verließen sichtbar am Boden zerstört den Ring! Das war Hype vor Sport! Hier wurde ein großer Kampf, ein historischer Kampf von "Business as usual" in den Dreck gezogen! Eine Schande für den Sport!

Schlechtes Karma rächt sich prompt – Joshuas Titel gehen flöten!

Bei so viel Box-Bullshit verging einem doch glatt die Lust auf alles Folgende. Daher die Schnellfassung. Callum Smith verteidigte seine WBA-Krone im Supermittelgewicht gegen einen kleineren, 35 Jahre alten Gegner mit 13 cm Reichweitennachteil. Bravo! TKO nach drei Runden. Soweit lief also alles nach Plan für Matchroom Boxing. Doch im Main Event entlud sich dann das schlechte Karma mit Urgewalt über der englischen Promotion. Und zwar in Gestalt des kleinen, leicht dicklichen mexikanisch-stämmigen Amerikaners Andy Ruiz Jr. (32-1), der den Joshua Hype Train in den USA zum Entgleisen brachte, an Bord sprang und vier Weltmeistertitel im Boxen Schwergewicht erbeutete (IBO, IBF, WBO, WBA). Dabei schien bis zu Runde drei alles für den Golden Boy von Eddie Hearn zu laufen. Er landete gar einen Niederschlag in der Dritten. Dumm nur, dass Ruiz prompt mit einem Niederschlag seinerseits antwortete und das dann noch zum Ende der Dritten wiederholte.

Von da an war Anthony Joshua auf Wachsbeinen. Er war sichtbar verunsichert und Ruiz übereilte nichts, arbeitete stattdessen abgeklärt und hart zum Körper weiter. In der Siebten war dann endgültig der Bart ab, als Joshua weitere zwei Male niedergeschlagen und als stehend KO befunden wurde, was Andy Ruiz Jr. zum Riesen-Upset verhalf und ihn zum ersten mexikanisch-stämmigen Champion im Schwergewicht machte. Würden doch gierige Promoter immer so für schamlos verschobene Boxkämpfe bestraft werden. Der Boxsport, er wäre ein ganzes Stück gerechter. Glückwunsch Andy Ruiz Jr.! Beileid Delfine Persoon!

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