Anthony Joshua feiert KO-Sieg über Alexander Povetkin im Wembley Stadion
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Im historischen Wembley Stadion, das zum Hauptkampf gut gefüllt war, kam es zum Aufeinandertreffen zwischen Alexander Povetkin und Anthony Joshua. Vier Titel standen auf dem Spiel! Ein Boxkampf, der Wasser auf die Mühlen des gegenwärtigen Box-Hypes auf der Insel war. Ganz zu schweigen davon, dass er einen weiteren Schritt auf dem Weg zurück zur kommerziellen Glorie, der lange dahinsiechenden Schwergewichts-Division bedeutete.
Dabei hatte es Povetkin dem Briten schwerer gemacht, als viele zunächst vermuteten. Zudem berichten wir auch noch über andere Fights, die gestern Abend auf der Undercard vorzufinden waren.
Undercard: Zweimal war in der Vierten Schluss
Der usbekische Silbermedaillen Gewinner Shakhram Giyasov (4-0) traf im Weltergewicht auf den ebenfalls ungeschlagenen Julio Laguna (14-0) aus Nicaragua. In der vierten Runde konnte Shakhram Giyasov den Sieg klarmachen, als er einen Kampf, den er bis dahin gestalten konnte, mit TKO für sich entschied.
Anschließend traf Sergey Kuzmin (12-0) auf David Price (22-5). Ein Kampf im Schwergewicht. Es war zunächst ein sehr defensiver, sehr verhaltener Kampf. Beide mit enger Deckung. Reichweitenvorteil für Price, doch Kuzmin immer wieder mit Vorteilen im Nahbereich, wo er das höhere Arbeitspensum an den Tag legte und viele Kombinationen nutzte, um seinen linken Haken zum Körper anzubringen. In der dritten Runde wurde der Kampf dann offener. Bei einem Schlagabtausch hatte Price zunächst das bessere Ende für sich. Doch Kuzmin übernahm kurz danach wieder die Initiative und beendete die Runde stark, da er immer wieder Wege durch und um die Deckung von Price fand. Kuzmin soweit der Kämpfer, der wesentlich mehr kombinierte. David Price wartete indes auf Konter, konnte Kuzmin aber nicht so recht timen. In der vierten Runde war es weiterhin ein enger Kampf. Price nun mit mehr Initiative als zuvor. Ein ausgeglichener Kampf, bei dem man das Gefühl hatte, dass er jede Sekunde enden konnte. Denn beide hatten die Power des jeweils Anderen gefühlt.
Doch dann überraschend Kampfabbruch! Price sah sich nicht mehr in der Lage, weiter zu kämpfen. Verletzungsbedingt musste er abbrechen. Eine nicht adäquat verheilte Armverletzung (Bizeps) zwang ihn dazu. Schade, denn der Kampf hatte zuletzt an Spannung gewonnen. Doch die Gesundheit des Athleten ging natürlich vor.
Ein langweiliger Kampf ging über die Distanz
Als Nächstes stand Lawrence Okolie (9-0) gegen Matty Askin (23-3-1) um den britischen Cruisergewicht Titel auf dem Plan. Okolie war der Herausforderer und der größere Kämpfer mit klarem Reichweitenvorteil. Etwas, was Askin schon früh zum Verhängnis wurde. Denn es gelang ihm zu keinem Zeitpunkt, die Distanz gut zu überbrücken. Das lag aber weniger an einer starken Führhand von Okolie. Viel mehr war es so, dass dieser verhalten aber doch erkennbar aus der Distanz punktete und Askin sofort einschnürte, nachdem er ihn getroffen hatte oder sobald Askin versuchte, die Distanz zu schließen. Spätestens ab Runde zwei war der Kampf eine reine Clinch Affäre, von der Okolie aber nahezu durchgehend mehr hatte. Es sah ganz danach aus, als wollte er Askin in diesem auf 12 Runden angesetzten Kampf müde machen, selbst wenn es nicht schön anzusehen war.
Okolie schon früh mit einer Körpersprache, die wesentlich mehr Selbstbewusstsein ausstrahlte. Auch Runde drei stand im Zeichen des Clinchs. Okolie dabei mit dem besseren Ende für sich und mit mobiler Beinarbeit, drehte sich immer fein raus, wenn Matty Askin ihn in schlechte Positionen bringen wollte. Vor allem konnte Okolie immerzu die Arme von Askin einschnüren. Dieser war nun zunehmend frustriert. Von da an war es nur noch mehr vom Selben. Askin ohne jedes Rezept gegen einen Gegner, den es nicht interessierte, wie hässlich er den Kampf machen musste, der aber durchaus schon einige Qualitäten aufblitzen ließ. Okolie auch offensichtlich der Mann mit der größeren Körperkraft, da er Askin immer an die Seile zwang, wann immer er ihn im Clinch hatte.
Askin wurde zwar nicht so müde, wie es Okolie sich vielleicht erhofft hatte. Dafür wurde aber das Publikum zermürbt. Lange Rede, kurzer Sinn: Der Kampf blieb taktisch ein und derselbe. Okolie schnürte Askin ein und landete dabei oder kurz zuvor Treffer …. und das ging den ganzen Kampf so. Okolie bekam insgesamt dreimal einen Punkt aberkannt, weil er hielt oder dreckige Taktiken im Nahbereich anwandte (mit dem Kopf reingehen etc.). Doch selbst trotz dessen konnte er den Kampf einstimmig gewinnen. Er hatte vielleicht den britischen Cruisergewicht Titel damit gewonnen. Aber neue Fans ganz sicher nicht. Ein gruselig langweiliger Kampf!
Ein großartiger Kampf ging über die Distanz
Danach stand der Co-Main Event an. Ein Rückkampf zwischen dem Franzosen Yvan Mendy (40-4-1) und Luke Campbell (18-2) im Leichtgewicht. Überdies ein Title Eliminator für den WBC Leichtgewicht Titel. Mendy hatte den ersten Kampf zwischen den Beiden gewonnen. Damals war es eine knappe Split Decision und “damals“´war im Dezember 2015 gewesen.
Mendy übernahm direkt die Ringmitte. Beide Kämpfer bewegten sich gut. Campbell mit vielen Richtungswechseln. Mendy hielt dem viele reaktionäre Seitenbewegungen entgegen, um den Ring eng zu machen und Campbell in ungünstiger Position zu stellen. Der Match-Plan von beiden war somit früh klar. Mendy mit Druck, wann immer er Campbell stellen konnte. Dies gelang ihm in der zweiten Runde öfters. Campbell musste folglich aufpassen, dass ihm der Kampf nicht entgleiten würde. Der Franzose war definitiv der aggressivere Kämpfer. Taktisch ein interessanter Kampf!
Campbell mit dem besseren Ende für sich
Mendy auch immer mit guter Deckung in der Vorwärtsbewegung unterwegs. Dadurch sehr druckreich. Campbell aber dann ab Runde drei effizienter mit der Bewegung, auch weil er nicht mehr alles mit der Beinarbeit lösen wollte, sondern den Franzosen auch mal einschnürte, wenn es die Situation erforderte. Campbell kam von da an in seinem Rhythmus, bewegte sich gut, reagierte gut, traf mehr. Großartige Bewegungen und der dekorierte Amateurhintergrund zeigten die Erfahrung des Engländers, der nun die Distanz der Schlagabtausche bestimmen konnte. Von da an war und blieb es eine hervorragende Vorstellung des Engländers. Technisch sehr stark!
Mendy schaffte es einfach nicht, ihn richtigzustellen, Luke Campbell fand immer wieder Wege heraus. Der Franzose zwar mit kontinuierlichem Hochdruck konnte diesen aber viel zu selten in Wirkungstreffer ummünzen und war spätestens an den Seilen immer den einen Schritt zu spät, sodass Campbell sich mit klasse Meidbewegungen und Beinarbeit wieder herausdrehen konnte. Und wenn das nicht klappte, dann schürte er den Franzosen ein und drehte ihn an die Seile, sodass er wieder den gesamten Raum im Rücken hatte. In der Zwischenzeit boxte er den Franzosen, wobei er ihn klar übertrumpfte.
Erst gegen Ende, in den letzten beiden Runden, trat Mendy noch mal aufs Gaspedal. Doch zu wenig und zu spät. Campbell gewann eine deutliche Punktentscheidung zu seinen Gunsten. Eine super Vorstellung gegen einen verbissenen und schlagkräftigen Gegner, bei der sich die boxerische Klasse kompromisslos durchgesetzt hatte! Ein echter Kampf für Puristen!
Anthony Joshua holt sich den nächsten Skalp!
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Der Hauptkampf: Alexander Povetkin (34-1) gegen Anthony Joshua (21-0) stand nun an. Joshua war der wesentlich größere Mann mit klarem Reichweitenvorteil, den er auch in Runde 1 in die Waagschale schmeißen konnte. Doch Povetkin traf ihn hart am Ende der Runde! Blutige Nase für Joshua! Povetkin spürte nun, dass er Joshua wehtun konnte und lauerte, um dann explosionsartig mit harten Händen zuzuschlagen. Povetkin kam zu oft mit Haken durch. Der 39 Jahre junge Russe mit dem besseren Start in den ersten beiden Runden. In der Dritten gelang es dann “AJ“, den Kampf mehr nach seinen Vorstellungen zu gestalten und die Schlagabtausche auf Distanz zu halten, allerdings ohne zunächst viel mehr zu treffen als Povetkin.
Anthony Joshua hatte nun sein Timing gefunden und Povetkin, der immer schnell die Distanz überbrücken und mit Haken landen wollte, wie es ihm in den ersten beiden Runden gelungen war, fand nun kaum noch Zugriff. Der Kampfverlauf komplett auf dem Kopf! Die Textur des Kampfes änderte sich zusehends in der fünften Runde, als Joshua schneller und mobiler war, boxerisch klar die Kontrolle ausübte, da nur seine Führhand die Distanz bestimmte. In der sechsten Runde Povetkin wieder mit vereinzelten Szenen. Joshua musste immer vorsichtig sein, seine Jabs nicht zu nachlässig zu schlagen, da Povetkin immer auf der Suche nach Kontermöglichkeiten für seine wilden Haken war.
Siebte Runde: Povetkin mit guten einzelnen Händen, doch Joshua weiter mit der Kontrolle über die Distanz. Plötzlich Joshua mit einem Niederschlag! Die krachende Rechte, die er lange versteckt hatte, fand nun ihr Ziel! Povetkin wurde angezählt. Aber es war klar, dass er schwer angeknockt war. Er erwiderte den Count, doch die nächste Kombination durch Joshua war nur noch Formsache und sendete Povetkin direkt wieder zu Boden. Kampfabbruch! Anthony Joshua war siegreich und wird nun wohl den Gewinner von Fury gegen Wilder erwarten.