Wegen Corona: Murray glaubt nicht an baldige Rückkehr des Tennis
Bildquelle: CNN International (Bild bearbeitet)
Während sich in der Bundesliga ein Comeback nach der Corona-Zwangspause andeutet, wird eine Rückkehr des professionellen Tennis noch eine Weile auf sich warten lassen. Diese Einschätzung wird von Andy Murray geteilt. Die ehemalige Nummer eins der Welt malt im Gespräch mit dem TV-Sender „CNN“ für die nähere Zukunft ein düsteres Bild. Tennis sei „eine der letzten Sportarten, die zurückkehren werden“, gibt sich der dreifache Grand-Slam-Sieger pessimistisch.
Am 12. März wurde der professionelle Tennissport wegen Corona unterbrochen. Wimbledon 2020 fiel der Pandemie bereits zum Opfer und das weltweit bedeutendste Turnier bereits abgesagt. Die French Open wurden hingegen auf Mitte September verschoben. Offiziell ist die Zwangspause auf der Tour bis 13. Juli vorgesehen. Doch dass die ATP und WTA wirklich in weniger als zwei Monaten den Spielbetrieb wieder aufnimmt, kann sich Andy Murray nicht vorstellen. Auch den September hält der Schotte für unrealistisch.
Murray: „Wäre überrascht, wenn wir im September wieder spielen“
„Ich glaube, dass Tennis eine der letzten Sportarten sein wird, die zur Normalität zurückkehren können. Spieler, Trainer und Mannschaften aus der ganzen Welt müssen offensichtlich an einem Ort zusammenkommen. Daher wäre ich überrascht, wenn wir im September wieder spielen würden“, erklärte Murray im Gespräch mit „CNN“. Auch Tennisstar Novak Djokovic äußerste sich zuletzt skeptisch mit einem Wiederbeginn im Juli, hält aber den September oder Oktober im Gegensatz zu Murray für möglich.
Murray mahnt: „Bevor wieder Profitennis gespielt wird, brauchen wir erst einmal das Gefühl, dass die ganze Welt wieder normal arbeitet und man wieder normal reisen kann.“ Allen voran „große Wettkämpfe“ stehen laut dem 32-Jährigen auf der Kippe. „Nehmen wir als Beispiel die French Open. Gehen wir einmal davon aus, die Dinge in Europa würden sich verbessern. Aber es würde noch bestimmte Länder geben, die möglicherweise noch Schwierigkeiten haben. Dann hat man es im Grunde genommen mit einem Turnier zu tun, bei dem Spieler und Funktionäre von einem bestimmten Kontinent oder aus bestimmten Ländern nicht zum Wettkampf kommen dürfen. Ich denke, das Turnier wird dadurch zum Verlierer.“
Murray will Preisgelder „besser“ verteilen
Zu den Verlierern gehören aber natürlich auch die Spieler selbst, die ihren Hauptberuf nicht mehr ausüben können und finanzielle Einbußen verdauen müssen. Das trifft besonders die Akteure aus den unteren Regionen der Weltrangliste. Dem ist sich auch Andy Murray sicher: „Für die Spieler auf den Rängen 250-300 wird es eine echte Herausforderung werden.“
Daher regt der Olympiasieger eine fairere Ausschüttung der gewaltigen Preisgelder an: „Sicherlich hat es in den vergangenen Jahren einige Verbesserungen und Veränderungen gegeben, die jedoch wahrscheinlich nicht weit genug gingen. Wenn man sich einmal das Preisgeld für den Gewinner des Grand Slams anschaut: Ich weiß nicht genau, wieviel es ist, aber wahrscheinlich so um die 4 Millionen Dollar. Könnte das Geld nicht besser investiert werden - etwa in die früheren Runden, Qualifikationsrunden oder um einige der kleineren Veranstaltungen auszubauen?“
Murray nutzt Zwangspause für mehr Familienzeit
Murray selbst, der 41 Wochen die Weltrangliste anführte, hat in seiner Karriere drei Grand-Slam-Titel eingefahren. So triumphierte der Rechtshänder in Wimbledon (2013, 2016) und den US Open (2012), zudem stand er noch fünfmal im Finale der Australian Open sowie einmal im Endspiel der French Open. Allein auf der Tour kassierte Murray über 60 Millionen Dollar Preisgeld, sodass er die Corona-Pause vergleichsweise locker nehmen kann.
Außerdem konnte er in diesem Jahr verletzungsbedingt noch kein Spiel auf der Tour bestreiten. Somit kann Murray mehr wertvolle Zeit mit seiner Familie verbringen, was er sehr zu schätzen weiß: „Wenn du unterwegs bist, verpasst Du oft (Ereignisse) - wenn deine Kinder zum Beispiel das erste Mal laufen oder krabbeln. Wir haben ein paar Fahrräder für unsere Kinder besorgt - und sie sind im Grunde genommen zum ersten Mal allein mit dem Fahrrad gefahren. Sie sind zum ersten Mal ein Stück weit geschwommen, ohne sich an der Mutter oder dem Vater festzuhalten. Solche Dinge, die einem vielleicht wie Kleinigkeiten vorkommen, sind es keineswegs für Eltern.“
Murray: Fast-Rücktritt 2019
Anfang 2019 hatte der Brite bereits seinen Rücktritt vom Profi-Tennis erklärt, nachdem er monatelang aufgrund von Hüftproblemen starke Schmerzen hatte.
Doch Murray unterzog sich einer Operation, ließ sich ein künstliches Hüftgelenk einpflanzen und feierte nach seinem Beinahe-Karriere-Aus wenige Monate später im Sommer sein Comeback auf der ATP-Tour und konnte zum Saisonende sogar beim Turnier im belgischen Antwerpen einen Einzelsieg bejubeln. Es war der 46. Titel seiner imposanten Karriere, die hoffentlich nach der Corona-Pause seine Fortsetzung findet.