Wer 1:0 führt, der stets verliert – nur Alexander Zverev ist noch dabei
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„Wer 1:0 führt, der stets verliert.“ Dieser eigentlich unter Fußballfans etwas angestaubte und vielmehr noch rechnerisch unsinnige Spruch fand dieser Tage bei den großen Tennisturnieren in Kanada unter den deutschen Profis viel häufiger seine Anwendung, als es denen recht sein konnte.
Nachdem bereits in der Nacht vom Montag auf Dienstag mitteleuropäischer Zeit Angelique Kerber trotz eines mit 6:0 gewonnenen Auftaktsatzes in Toronto das Turnier-Aus gegen die Russin Darja Kassatkina in der ersten Runde ereilt hatte, traf es an den beiden folgenden Spieltagen ihre Kollegin Julia Görges sowie – bei den Herren in Montreal – Jan-Lennard Struff und Peter Gojowczyk auf ähnliche Weise.
Görges hatte ihren ersten Satz im Zweitrundenmatch gegen die in diesem Jahr zurück in die Weltspitze aufgerückte Schweizerin Belinda Bencic ebenso gewonnen wie Gojowczyk seinen ersten Durchgang bei der Dreisatzniederlage gegen den Kroaten Borna Coric (noch in Runde eins).
Schließlich erwischte es dann auch noch Struff, dessen starker Lauf mit zwei 6:2 gewonnenen Sätzen gegen Jo-Wilfried Tsonga darauf gegen Nikoloz Basilashvili zunächst eine Fortsetzung gefunden hatte (6:2), ehe das Zweitrundenmatch beim Masters 1000 in Montreal noch vom Georgier „weggedreht“ wurde. Da in Toronto zudem Tatjana Maria verletzungsbedingt ihre Zweitrundenpartie aufgeben musste, bleibt in der kanadischen Woche nunmehr lediglich Alexander Zverev aus DTB-Sicht im Rennen.
Zverev nun ausgerechnet gegen den Struff-Bezwinger
„Ich bin glücklich mit dem Auftakt“, hatte Alexander Zverev nach dem knappen 7:6 und 6:4 gegen den Briten Cameron Norrie gesagt. Auf Hardcourt findet sich der Deutsche ja bekanntlich besonders gut zurecht, hat dort seine größten Erfolge erzielt. Dennoch war die Partie gegen Norrie für den an Position drei Gesetzten alles andere als ein Selbstläufer. Beide Spieler hatten sechs Breakbälle abzuwehren, Norrie schaffte davon nur fünf, was zum entscheidenden Break Zverevs im zweiten Durchgang führte.
Nun im Achtelfinale trifft der gebürtige Hamburger ausgerechnet auf Nikoloz Basilashvili, der kürzlich gleich alles Ungemach aus Sicht der Deutschen angerichtet hatte: Zunächst erst einmal hatte er als Titelverteidiger das Heimturnier Zverevs am Hamburger Rothenbaum gewonnen, dabei Lokalmatador Zverev im Halbfinale in einem Match besiegt, das für Basilashvili eigentlich schon verloren schien. Zum Juckreiz auf den deutschen Tennisnerven wurde er nun bei den Canadian Open endgültig, als er auch noch den Run von Jan-Lennard Struff eiskalt beendete.
Struff verlässt der erste Aufschlag, Gojowczyk trotz Niederlage stark
Das Stehaufmännchen aus Tiflis, das bereits in der ersten Runde gegen den Serben Dusan Lajovic einen Satzrückstand gedreht hatte, profitierte indes von der relativ schwachen Aufschlagquote von Struff ab dem zweiten Abschnitt. Unter 50 Prozent erster Aufschläge im zweiten Satz, nicht deutlich drüber im Entscheidungsdurchgang: Gerade für Jan-Lennard Struff, der eine relativ dürftige Punktquote über den zweiten Aufschlag bringt, konnte das kaum genug sein – und war es auch nicht. Von den Kämpferqualitäten eines zurückliegenden Basilashvili sollte sich Zverev nun also nicht mehr überraschen lassen.
Seine starke Form, die er vom Halbfinaleinzug in Washington wenige Tage zuvor mitgebracht hatte, ließ indes Peter Gojowczyk in der ersten Runde von Montreal auch den Kroaten Borna Coric spüren, immerhin 14. der Weltrangliste der Herren. 6:2 gewann der Deutsche, der überhaupt erst durch das Turnier in Washington wieder in die Top 100 der Welt eingekehrt war, den ersten Satz. Danach raffte sich der Favorit jedoch noch einmal auf und gewann die Sätze zwei und drei mit 6:1 und 7:6 (7:2).
Görges verliert gegen Bencic, Maria beugt sich einer Verletzung
Nachdem ihre Kollegin Angelique Kerber das Aus in der ersten Runde gegen die Russin Darja Kassatkina trotz eines 6:0 gewonnenen Auftaktsatzes ereilt hatte, musste Julia Görges nun in Runde zwei von Toronto die Segel streichen. Gegen die Elf der Setzliste, die in diesem Jahr bärenstarke Belinda Bencic (Schweiz), war die 7:5, 3:6 und 4:6-Niederlage alles andere als ein sprichwörtlicher Beinbruch; insbesondere nach den buchstäblichen Verletzungen an Nacken und Handgelenk während der Saison. Dennoch hätte sich Görges nach zweieinhalb umkämpften Stunden in Ontario selbst gern im Achtelfinale gesehen.
Mit jeder Faser hatten die Kontrahentinnen um den Sieg gekämpft, auch emotional war einiges in der Partie. Stück für Stück schwand die Sicherheit im Spiel von Görges, die Unruhe auf den Rängen setzte ihr zu, einige Diskussionen und eine allgemeine Unzufriedenheit waren die Folge. Dennoch nahm die Deutsche ihre finale Niederlage sportlich und umarmte ihre Gegnerin nach dem Matchball am Netz. Bitterer war das Aus für Tatjana Maria, die in der zweiten Runde nach verlorenem ersten Satz verletzungsbedingt gegen Naomi Osaka (Japan) aufgeben musste. Osaka ist nicht nur ehemalige Nummer 1 der Weltrangliste der Damen. Sie ist zudem amtierende Championesse der Australien Open und der US Open.