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Tyson Fury blutet und geht die Distanz – Sieg über Otto Wallin - Wilder kann kommen!

Bildquelle: Flickruser CC BY-SA 4.0 [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Anlässlich des mexikanischen Unabhängigkeitstages gab es wieder einen schwunghaften Leder-Tauschhandel in der Wüste von Nevada. Denn wie so oft an diesem Wochenende lud man in Las Vegas zum Boxen heute Nacht ein. Als Headliner diente wieder der selbsternannte „Gypsy King“ im Boxen Schwergewicht: Tyson Fury verteidigte seinen linearen Schwergewichtsgürtel gegen den unbesiegten Schweden Otto Wallin, der (ähnlich wie zuvor Tom Schwarz) als krasser Außenseiter ins Box-Mekka in der Stadt der Sünde kam. Als Austragungsstätte diente die T-Mobile Arena.

Im Vorfeld des Kampfes gab sich Tyson Fury wieder sehr gelockert und trat immer zu mit mexikanischer Lucha Libre Maske auf. Von der reinen Rampensau wird Fury immer mehr zum sympathischen Botschafter des Boxsports und war mit seinen Gesten auch beim mexikanischen Publikum, das hier zahlreich erschien, wohlgelitten.

Erfahrung sticht Jugend

Den Anfang machte ein Kampf im Boxen Superfliegengewicht zwischen zwei Mexikanern: Carlos Cuadras (38-3-1) gegen Jose Maria Cardenas (17-4). Cuadras wesentlich erfahrener. Cardenas allerdings mit dem Vorteil der Jugend und gewaltiger Spannweite für einen so leichten Kämpfer. Er war nahezu einen Kopf größer. Allerdings setzte sich über zehn Runden die Erfahrung von Cuadras durch. Er war mobiler, technisch reifer und teilte sich seine Kräfte in diesem aggressiv bestrittenen Match besser ein. Zwar blitzte auch immer wieder Gefahr vom wild und schnell schwingenden Cardenas auf. Doch zu selten kam dabei eine zusammenhängende Offensive herum, um ihm viele Runden zu sichern. So wurde es ein Sieg für Cuadras und eine Lernerfahrung für Cardenas.

Es folgte ein Kampf im Boxen Superleichtgewicht: Jose Pedraza (26-2) aus Puerto Rico gegen Jose Zepeda (30-2) aus den USA. Zwei sehr erfahrene Kämpfer, die hier ein echtes Argument für einen WM-Kampf liefern konnten. Zepeda ein Rechtsausleger. Beide testeten einander in den ersten zwei Runden und tasteten einander ab, wobei Zepeda etwas schneller sein Timing fand. Dieses Bild verfestigte sich in Runde drei. Zepeda verstand es gut, Kombinationen zusammenzustellen und oft effektiv mit Haken zum Körper zu beenden. Jose Pedraza zwar durchaus auch mit Treffern, aber fast nur vereinzelte Hände, die Zepeda oft kontern konnte. Eben weil sie nur als Einzelstücke vorgetragen wurden. Soweit musste man die ersten drei Runden Zepeda geben.

Zepeda macht den Punktsieg in den frühen Runden klar

In der Vierten fand Zepeda seinen Groove und konterte immer effektiver. Pedraza wirkte gehemmt. Auch ein Wechsel in die Rechtsauslage ordnete seine Sterne nicht neu. Im Nahbereich war Zepeda präziser und taktisch variantenreicher. Pedraza aber scheinbar gleichzeitig nicht schnell genug, um von außen erfolgreich zu sein. So war er mit seinen Aktionen weder hüben noch drüben und fand sich immer wieder ausgekontert vom diszipliniert und hellwach auftretenden Zepeda. Am Ende von Runde fünf und in der Sechsten fand Pedraza jedoch seinen Weg in den Kampf. Und der führte nach vorne! Stirn an Stirn konnte er diesen Boxkampf besser gestalten. Zepeda in diesen Momenten etwas getrieben und taktisch nicht mehr ganz so effektiv.

In Runde sieben waren beide in der Rechtsauslage und der Kampf verflachte ein wenig, da beide in den Spiegel schauten. Doch Zepeda mit der Geistesgegenwart, am Ende der Runde aggressiv nach vorne zu gehen und sich diese andernfalls enge Runde zu sichern. Auch in Runde acht verflachte die Action ein wenig, als sich beide mit der Rechtsauslage neutralisierten. Diesmal jedoch Pedraza mit den augenscheinlicheren Anteilen. Mehr davon in Runde neun, doch diesmal war es wieder Zepeda, der mit einer Schlussoffensive die Runde übernahm. Letzte Runde! Hier zeigte Zepeda mehr Dampf. Er schien noch mehr im Tank zu haben als Pedraza, der die notwendige Dringlichkeit bis kurz vor Schluss missen ließ.

Navarette tritt nach 28 Tagen zu abermaliger Titelverteidigung an

Im Co-Main Event trafen zwei Boxer mit identischer Bilanz aufeinander: Mexikos Emanuel Navarrete (28-1) gegen Juan Miguel Elorde (28-1) von den Philippinen. Es ging um die WBO-Boxweltmeisterschaft im Boxen Juniorfedergewicht (entspricht Superbantamgewicht). Die dritte Titelverteidigung für Navarrete, wobei die vorherige nur rund einen Monat zurücklag. Doch Navarrete wollte unbedingt anlässlich dieser nationalen Feierlichkeit kämpfen! Juan Miguel Elorde ist übrigens der Enkel der 60er legende Gabriel „Flash“ Elorde (89-27-2). Der Kampf startete verhalten, was nur teilweise verwundern konnte. Denn Elorde war bekannt für seine ökonomische Kampfweise, während Navarrete im Ruf steht, ein langsamer Starter zu sein, der im Kampfverlauf über die Ausdauer kommt. Dadurch wirkte Elorde in der Ersten etwas stärker. Navarrete kam von sehr weit außen mit einzelnen Jabs, was Elorde dankend annahm.

In Runde zwei bekam Elorde auf dem Weg nach vorne einen linken Haken eingeschenkt, der ihm für den Rest der Runde sichtbar nachhing. Navarrete entsprechend mit Oberwasser, was er in Druck und einige saftige Körpertreffer ummünzte. Klare Runde für Navarrete! In Runde drei entglitt der Kampf Elorde vollends. Die Reichweite und unorthodoxen Winkel von Navarrete überwältigten den Mann von den Philippinen. Am Ende der Zweiten verhinderten nur die Seile einen Niederschlag, sodass dieser als technischer Niederschlag anerkannt wurde. Elorde wurde angezählt. Das Blut war im Wasser, sodass der Ringrichter sich das Ganze in Runde vier nicht mehr lange anschaute. Elorde sichtbar gezeichnet. Zwar feuerte er noch beherzt zurück, doch hielt ihn hier nur noch die Willenskraft auf den Beinen. Um unnötigen Schaden abzuwenden, schritt der Ringrichter früh ein und erkannte auf ein stehendes KO, als Elorde heftig an den Seilen kassierte.

 

 

Ein Cut setzt Tyson Fury unter Druck

Zeit für den Hauptkampf! Der lineare Boxweltmeister im Boxen Schwergewicht Tyson Fury (28-0-1) gegen Otto Wallin (20-0). Wallin bei den Buchmachern ein massiver 30:1-Underdog. Wie schon gegen Tom Schwarz pflegte Tyson Fury einen aufwendig inszenierten Einmarsch von über fünf Minuten, ehe er den Boxring betrat. Das Ganze so mexikanisch, wie es nur ging. Mit Sängerin, Poncho und Sombrero. Tyson Fury ging sofort auf die Außenbahn, wie es seine große Reichweite eigentlich immer gebietet. Dabei startete er recht langsam. Möglicherweise bewusst, um hier ein paar Runden aufs Kerbholz zu bekommen. Der Rechtsausleger Wallin natürlich mit dem Problem, die große Reichweite zu überwinden. Oft hielt Fury einfach nur seinen Jab nach vorne, um Wallin fernzuhalten. Dennoch kam Wallin immer wieder mal gut mit Körpertreffen durch. Wallin zeigte sich hier nicht eingeschüchtert. Doch gerade, als er in Runde zwei an den Seilen gegen seinen Mann arbeitete, landete Tyson Fury einen Haken und Wallin macht den Fehler, sich in gerader Linie gegen den längeren Kämpfer zurückzuziehen, was ihm noch einen Haken einbrachte.

Auch in Runde drei kam Wallin nach vorne und gestaltete den Kampf ruppig, wann immer er konnte. Allerdings musste er aufpassen, nicht zu geradlinig nach vorne zu gehen, wie er es teilweise tat. Denn ein Tyson Fury, dem offensichtliche Konter für dessen Führhand angeboten werden, kann schnell ein gefährlicher Tyson Fury werden, wie Tom Schwarz zuletzt herausfinden musste. Allerdings landete im In-Fight ein linker Haken von Wallin, der einen nicht unerheblichen Cut über dem rechten Auge von Fury eröffnete. Da der Cut auf Schlagwirkung zurückging, stellte er nun eine Grundlage für ein mögliches TKO dar! Ein logisches Ziel also für Wallin. Runde fünf war schwer einzuordnen. Fury startete etwas aktiver und landete lange Führhände zum Körper. Doch der Vorwärtsdruck ging von Wallin aus, der allerdings viele Situationen an den Seilen verstreichen ließ, da er zu übereifrig in den Clinch lief.

Fury reißt den Kampf mit Blut und Schweiß an sich

In Runde sechs sah sich der Ringarzt erstmalig den Cut an. Dadurch Fury mit mehr Dringlichkeit. Wallin kämpfte überhaupt die letzten Runden sehr dreckig, da er immer wieder in Clinch Situationen seinen Kopf oder seinen Handschuhe die Nähe des Cuts brachte. Das sah zwar sehr natürlich aus, war aber klar beabsichtigt, um den Cut zu melken. Gegen Ende der Runde langte er sogar ganz offensichtlich in den Cut, was einen Punktabzug wert gewesen wäre! Tyson Fury kam in Runde sieben nach vorne und Otto Wallin wurde von ein paar Geraden getroffen, die seine Aufmerksamkeit erregten. Die erste Runde, in der Wallin mehr im Rückwärtsgang war. Auch im In-Fight landete Fury, der nun die ruppige Gangart seines unverhofft lebhaften Gegners erwiderte. Die Achte war dann die bislang beste Runde von Fury, der nun wirklich ein Zuhause für den Jab fand und im Nahbereich seine Masse geltend machte, indem er Wallin an die Seile schob und mit Haken zum Körper und zum Kopf grub.

In der Neunten entfernte sich das rettende Land langsam von Otto Wallin. Er war nur noch im Rückwärtsgang, von wo er längst nicht so wirkungsvoll war, wie zuvor in der Attacke. Fury ging nach vorne und machte sich klein oder nutzte seine Größe, wann immer es die Reichweite gebot. Zum Ende der Runde schien Wallin nur geradeso noch auf den Beinen zu sein. In der Zehnten war nicht mehr viel hinter den Schlägen von Wallin. Fury bestrafte ihn hier! Wallin blieb zwar noch wacker auf den Beinen, fand aber keine Gelegenheit, sich zu erholen. Fury mit vielen Körpertreffern, die zweifelsohne dazu beitrugen. Wallin war im Vorfeld zu sehr damit beschäftigt gewesen, den Cut zu melken, womit er Fury vor allem sauer gemacht hatte – nicht müde. Insbesondere hatte Wallin dadurch die Körpertreffer, die er anfangs selber unterbringen konnte, vollkommen vernachlässigt.

Auch am Ende der Elften konnte Wallin nur knapp einem Niederschlag entgehen. Fury seit Mitte des Kampfes hier klar dominant. Der Cut sah zwar hässlich aus, behinderte ihn aber offensichtlich nicht zu sehr. Wallin musste jetzt noch mal alles in die letzte Runde schmeißen. Und das tat er! Über weite Strecken der Runde hatte er Fury angeklingelt! Allerdings hatte Wallin nicht mehr ganz die Power, um Fury auf den Hosenboden zu setzen. Nicht genug, um diesen Kampf zu drehen. Aber dafür genug, um sich mit Anstand zu verabschieden. Er ging hier die Distanz mit Fury und konnte sich dadurch selbst in der Niederlage profilieren. Tyson Fury gewann schlussendlich den Boxkampf einstimmig nach Punkten (116:112, 117:111, 118:110). Nach dem Kampf zollte Fury seinem Herausforderer Respekt und forderte den Rückkampf gegen Deontay Wilder – seinen logischen Rivalen und nächsten Zahltag im Boxen Schwergewicht.

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