Matchroom Boxing im TD Garden (USA) - Ausführlicher Bericht vom Wochenende
Bildquelle: By Regimen Boxing 401 Boxing Regimen Classic 4 (August 2nd 2014) CC BY-SA 4.0 [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)
Eddie Hearn ist in den Augen vieler Beobachter des Sports einer der führenden Promoter. Nun greift er nach den Sternen. Und zwar nach den weißen Sternen auf blauem Hintergrund. Denn er veranstaltete wieder eine Boxshow in den USA. Ein Markt, den er sich offenkundig auch mehr erschließen will.
So fand in der Nacht von Samstag zu Sonntag im TD Garden die von Matchroom Boxing promotete Boxveranstaltung statt. Hier spielen zudem auch die Boston Celtics vor heimischer Kulisse in der NBA. Los ging es mit einem Eliminator für den Featherweight Gürtel der IBF. Ein neuer Herausforderer wurde gesucht. Toka Kahn Clary (25-1) und Kid Galahad (24-0) wollten sich beide empfehlen. Ein Kampf auf einem guten Niveau. Galahad ein unorthodoxer Gegner, der häufig die Auslage wechselte, war entsprechend schwer auszugucken. Kahn Clary verlegte sich zunächst aufs Kontern und Galahad bedankte sich für die Initiative. Er hatte zunächst mehr vom Kampf.
Durchaus auch mit kleinen Gemeinheiten. Und zwar in Form dessen, dass er Kahn Clary immer wieder auf den Fuß trat. Generell war die Beinarbeit von Kid Galahad sehr smart und in der Distanz hatte er das bessere Gefühl für die Reichweite des Gegners, als es Kahn Clary von sich behaupten konnte. Folglich wurde Galahad weniger klar getroffen. Vor allem begann Galahad ab der Dritten, auch vermehrt gegen den Körper zu arbeiten, womit er eine Anweisung aus seiner Ecke konsequent umsetzte. Galahad wurde jedoch schließlich für seine Tritte auf die Füße von Kahn Clary deutlich verwarnt und setzte dieses Mittel fortan sparsamer ein.
Dennoch blieb seine Fußarbeit überlegen, da er den Fuß immer wieder in die vorteilhafte Außenposition, neben den Fuß von Kahn Clary, bringen konnte und von dort aus gut zwischen Angriffen auf den Körper und den Kopf wechselte. Gepaart mit seiner wechselnden Auslage stellte dies Kahn Clary vor sichtbare Probleme. Kahn Clary jedoch immer dann stark, wenn er mal vom Kontern abließ und selber seine schnellen Hände ins Spiel brachte. Doch setzte er dies immer nur viel zu verhalten und zeitlich überschaubar ein. Zeigten hier möglicherweise die Körpertreffer schon ihre Wirkung?
Ab der Sechsten wurde immer klarer, dass Galahad diesen Kampf im Wesentlichen kontrollierte. Es wurde ein Kampf, der enger aussah, als er es tatsächlich war. Insbesondere weil es Kahn Clary zu keinem Zeitpunkt gelang, seine Führhand zu etablieren. Folglich kamen all seine Schläge von zu weit weg. Wann immer er Galahad traf, war dieser bereits in der reaktiven Meidbewegung, sodass keiner der Treffer wirkliche Schadenswirkung entfalten konnte. Zumal man immer das Gefühl hatte, dass Kahn Clary auch innerhalb der Runden abbaute. Seine besten Phasen waren meist zu Beginn der Runden. Galahad legte fest, wo dieser Kampf gekämpft wurde. Aus der Distanz war er wesentlich wirkungsvoller, konnte selbst Körpertreffer von dort immer wieder ins Ziel bringen. Ein klares Zeichen für seine Überlegenheit. Der Kampf ging durchaus auf einem augenscheinlich guten Niveau über die Distanz, aber das geübte Auge hatte wenig Probleme, hier den stärkeren Kämpfer zu erkennen. So ging es auch den Kampfrichtern, die Galahad einhellig vorne sahen.
Tevin Farmer mit erfolgreicher erster Titelverteidigung
Anschließend kam es im Super Federgewicht zum Kampf um den IBF World Super Featherweight Gürtel: Tevin Farmer (26-4-1) gegen James Tennyson (22-2). Es war Tevin Farmers erste Titelverteidigung. Tevin Farmer trat in einer kunterbunten Boxhose an, wie sie auch Pipi Langstrumpf getragen hätte. Eine so kuriose, hässliche, kunterbunte Boxhose (mit Fell) hat die Welt noch nicht gesehen! Doch wenn er damit seinen Gegner aus Nordirland ablenken wollte, dann hat das scheinbar geklappt. Der nordirische Power-Puncher versuchte früh, Farmer auf die Pelle zu rücken. Farmer eher ein Konter-Striker, der über Volumen und Genauigkeit kommt. Und in diesem Sinne konnte er den Kampf gestalten. Trotz dessen, dass er zumeist in der Rückwärtsbewegung war, landete er die klareren Treffer. Schnürte seinen Gegner immer wieder ein, wenn er den Seilen zu nah zu kommen drohte, und kam so wieder zu reichlich Platz. Dieses Einfädeln oder auch Abtauchen zeigte sich auch dann wirkungsvoll, wenn James Tennyson versuchte den Kampf dreckig zu machen und Farmer in den In-Fight zwingen wollte. Folglich wurde Farmer immer überlegener, da Tennyson kein Mittel fand, dessen Bewegung einzudämmen. In der Fünften endete der Kampf dann vorzeitig, als Tevin Farmer Tennyson mit einem Haken zum Körper, den er bis dahin zunehmend bearbeitet hatte, zu Boden schickte. Das TKO resultierte.
Anschließend kam es im Leichtgewicht Kampf der Frauen zum Kampf um den IBF World Female Lightweight Title sowie den WBA World Female Lightweight Title: Cindy Serrano (27-5-3) gegen Katie Taylor (10-0). Eine sehr eindeutige Vorstellung. Cindy Serrano hinkte den gesamten Kampf überdeutlich hinterher. Sie zeigte zwar im Wesentlichen gute Beinarbeit, um haarigen Situationen zu entgehen. Doch Taylor wirkte weit explosiver und wesentlich schärfer. Es war offenkundig, dass sie ihrer Gegnerin technisch sowie athletisch klar überlegen war. Cindy Serrano eine Boxerin, die immer wieder lange Unterbrechungen in ihrer Karriere hatte. Ein Gegenentwurf quasi zu Katie Taylor, die von einem hoch dekorierten Amateurhintergrund kommt und in Irland ein Riesen-Star ist. Taylor übernahm von Anfang an die Mitte und konnte diesen Kampf überlegen runter boxen. Am Ende gaben ihre alle drei Ringrichter einhellig jede Runde. Serrano war scheinbar nur angetreten, um sich ihren Check zu verdienen. Sie wirkte teilweise wirklich desinteressiert und schlug dutzendfach fehl, weil alles zu kurz kam. Dienst nach Vorschrift für Katie Taylor!
Kautondokwa mit bewundernswerter Toughness, doch Andrade mit dem Sieg
Im Hauptkampf des Abends stand der vakante WBO Mittelgewichts Titel auf dem Spiel. Billy Joe Saunders konnte nicht antreten – wegen einer Dopingsperre. Er verlor seinen Titel somit kampflos. Stattdessen gab es einen Kampf zwischen zwei ungeschlagenen Boxern. Walter Kautondokwa (17-0) gegen Demetrius Andrade (25-0), den ursprünglich vorgesehenen Herausforderer. Hierbei war Kautondokwa der klare Außenseiter. Der Boxer aus Namibia war als Ersatzmann eingesprungen. Im Kampf offenbarte sich rasch, dass er noch nie auf einem solchen Niveau geboxt hatte. Es war klar ersichtlich, dass das hier ein Sprung ins ganz kalte Wasser für ihn war. Er musste allein in den ersten vier Runden vier Niederschläge hinnehmen! Wobei der Niederschlag in der ersten Runde eher ein Stolpern war. Kontrovers war dabei, dass Andrade noch nachgelangt hatte, als Kautondokwa gerade am Boden war. Doch die folgenden drei Niederschläge waren alle klar. Sie resultierten alle aus Kontern, bei denen Kautondokwa sich zu sehr auf seine Angriffsversuche versteifte und sich zu weit hinauslehnte, sodass Andrade um ihn herum kam. Da Kautondokwa nach solchen Schlägen oft seine Hände unten ließ, war er in diesen Situationen offen wie ein Scheunentor und musste zum Teil massive Treffer hinnehmen. Daher auch die drei Niederschläge.
Umso verblüffender aber, dass der Afrikaner sich davon erholte! Der hatte sein Pokerface mitgebracht und war selbst auf wackeligen Beinen noch mit ungerührter Miene unterwegs. Und tatsächlich ging dieser, wie man wirklich sagen muss, eminent ungleicher Kampf über die Distanz. Den Titel konnte der Mann aus Afrika entsprechend nicht gewinnen. Dafür aber Lob und Anerkennung für seine unfassbare Zähigkeit. An Herz fehlt es Kautondokwa sicher nicht. Demetrius Andrade wird aber wohl in seiner ersten Titelverteidigung beweisen müssen, dass er das Gold zu Recht trägt. Denn ein Nachweis seiner Klasse erfordert einen Gegner auf Augenhöhe. Und der war Walter Kautondokwa, bei aller Sympathie für diesen Underdog mit großem Kampfgeist, ganz sicher nicht.